Das schweizerische Transportunternehmen Hugelshofer ist ein Vorbild für nachhaltige Logistik. Unter der Leitung von Martin Lörtscher hat das Unternehmen bereits etwa ein Drittel seiner Lkw-Flotte elektrifiziert und betreibt zudem einen Ladepark mit zwei Solarports, der auch für Dritte geöffnet ist.
Bis Jahresende will das Logistikunternehmen mit Sitz in Frauenfeld, nahe der schweizerisch-deutschen Grenze, insgesamt 80 Elektro-Lkw zu seiner Flotte zählen. Die Schweiz sei „aufgrund ihrer Kleinräumigkeit prädestiniert für die Elektromobilität“, sagte CEO Lörtscher im Interview mit Electrive. Aufgrund der relativ kurzen Strecken setze das Unternehmen vermehrt auf das Depotladen, was ein großer Vorteil gegenüber Flächenländern wie Deutschland sei.
Generell bieten die Rahmenbedingungen in der Schweiz viele Vorzüge für die Elektromobilität, vor allem in der Logistikbranche. Elektro-Lkw sind bis 2031 von der Straßenmaut befreit, die laut Lörtscher die weltweit teuerste Maut ist. „Umgerechnet ein Euro pro Kilometer kostet ein dieselbetriebener 40-Tonnen-Sattelzug. Sprich bei 100.000 Kilometer Fahrleistung im Jahr sind 100.000 Euro Maut fällig“, erklärte er.
Elektro-Lkw lohnen sich laut dem Firmenchef ab etwa 70.000 Jahreskilometern, bei weniger Kilometern ist ein Dieselantrieb noch günstiger. „Das heißt auch: Je mehr wir fahren, je interessanter ist es aufgrund der Mautbefreiung“, ergänzte er. Weil dem Bund die Maut verloren geht, denkt dieser inzwischen darüber nach, das Ende der Mautbefreiung für Elektro-Lkw bereits auf das Jahr 2029 vorzuziehen. Lörtscher kritisiert, dass dadurch vielen Unternehmen die Planungssicherheit verloren gehe würde.
Eine Besonderheit in der Schweiz sind auch die bergigen Routen. Genau dort bieten Elektro-Lkw einen großen Vorteil, denn sie profitieren „enorm“ von der Rekuperation. „Wenn ich mit 42 Tonnen rekuperiere, ist das natürlich eine andere Liga als mit dem Pkw. Am San Bernardino können wir sogar – wenn wir von der Nordseite Richtung Süden fahren – mehr Strom zurückgewinnen als wir beim Hochfahren verbrauchen. Der Effekt ist also immens“, sagte Lörtscher.
Um daraus einen größtmöglichen Nutzen zu schöpfen, integriert Hugelshofer den Effekt gezielt in seine Fahrerschulung und hat einen eigenen Fahrtrainer angestellt, der die entsprechenden Daten via Telematik überwacht. „Und wenn ein Fahrer suboptimal fährt oder diesen Effekt zu wenig nutzt, dann greifen wir zum Hörer und rufen ihn an. Denn das ist wirklich bares Geld, das man verschenkt“, erklärte Lörtscher.
Durchdacht ist zudem die dynamische Energiebeschaffung der Logistikfirma, die dazu in einem Pilotprojekt mit den Bernischen Kraftwerken zusammenarbeitet. Täglich bestellt das Unternehmen den Strom für den Folgetag, und das auf die Viertelstunde genau. „Und je genauer diese Planung gegenüber dem späteren Ist-Bezug ist, desto interessanter wird der Preis. Dabei bilden die prognostizierte Photovoltaik-Produktion unserer eigenen Anlage und unser Tourenplan die Basis für die Strombestellung – immer unter Berücksichtigung der Tourenlängen, die der Kunde vorgibt“, führte der CEO aus.
Innerhalb von 24 Stunden können 100 Elektro-Lkw geladen werden
Der firmeneigene Ladepark mit 30 Lkw-Schnellladepunkten ist darauf ausgelegt, in 24 Stunden 100 Lkw zu laden. „Unser Ladepark ist aktuell nach der Sonne getaktet, ohne dass wir händisch eingreifen müssen. Wir können also sämtlichen PV-Strom selbst verwenden, auch am Wochenende“, erklärte Lörtscher. Die Firma habe immer mindestens vier Lkw auf dem Hof stehen, was „zwei Megawatt Batteriespeicher auf Rädern“ entspreche.
Obwohl ein Speicher aus ladetechnischer Sicht nicht nötig sei, soll künftig ein 6-Megawatt-Batteriespeicher ergänzt werden. „Wir interessieren uns für die Teilnahme am Regelenergiemarkt. Da gibt es interessante Business Cases, und das werden wir jetzt ausprobieren – sozusagen als Nebenprodukt unseres Solar-Ladeparks“, sagte der Firmenchef.
Derzeit gehören zur Flotte von Hugelshofer neben etwa 80 Elektro-Lkw noch rund 150 Verbrenner-Lkw. Theoretisch könne das Unternehmen mit seinen Einsätzen zu 100 Prozent auf Elektro-Lkw umsteigen. „Fürs Erste haben wir jetzt festgelegt, 50 Prozent der Flotte zu elektrifizieren und parallel zu beobachten, was sich am Markt tut. Technisch kommt ja vielleicht noch etwas, an das wir aktuell noch nicht denken“, so Lörtscher. Der Firmenchef ist jedenfalls überzeugt, dass sich bei den Antriebsarten der Elektro-Lkw durchsetzen wird, wozu er ergänzte: „Das mag nicht in allen Ländern so klar sein, aber bei uns in der Schweiz – da spricht jetzt wirklich gar nichts gegen Elektro-Lkw“.
Quelle: Electrive – Warm E-Lkw in der Schweiz durchstarten – Interview mit Martin Lörtscher von Hugelshofer







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