So langsam scheinen die Preise für Elektroautos zu bröckeln. Der VW ID.3 ist nicht der Einzige, der neue Kunden mit Schnäppchenpreisen lockt, denn auch Tesla, Fiat, Polestar, Audi oder Mercedes wollen neue Kunden gewinnen. Vor dem jüngsten Autogipfel Anfang vergangener Woche hatten einige Industrievertreter noch gehofft, dass es bald eine neue Abwrackprämie als Verkaufsboost geben könnte. Wer seinen alten Verbrenner in die Wüste schicken und sich für ein neues Elektroauto begeistern würde, der sollte sich über eine Abwrackprämie freuen können. Doch die Bundesregierung und allen voran Wirtschaftsminister Robert Habeck schob den Ideen eine Schranke vor, bevor diese ernsthaft diskutiert wurden.
Strengere COâ‚‚-Vorgaben setzen Autobauer unter Druck
Und dennoch sollten sich die Autofahrer freuen dürfen, die sich bisher kein Elektroauto in die eigene Garage geholt haben. Denn es ist davon auszugehen, dass die jüngste Preissenkung des elektrischen VW ID.3 in der zugegeben schwach ausgestatteten Basisversion auf weniger als 30.000 Euro kein Einzelfall bleiben dürfte. Der Grund liegt in den immer strenger werdenden CO₂-Vorgaben der Brüsseler EU-Schaltstelle. Im kommenden Jahr muss der durchschnittliche CO₂-Ausstoß eines Neufahrzeugs von derzeit 116 Gramm CO₂ auf knapp 94 Gramm pro Kilometer sinken. Das bringt für die Autobauer eine Reihe von großen Problemen mit sich, denn auch der letzte Hersteller hat mittlerweile verstanden, dass die Verbrenner mittelfristig einen nennenswerten Teil der Neuzulassungen ausmachen werden, weil viele Autofahrer noch keine Lust auf ein E-Auto haben.
Doch die anhaltend guten Verkäufe der Verbrenner haben eben auch ihre Schattenseiten, denn gerade für ein leistungsstarkes Modell mit Verbrenner muss der Autobauer zum CO₂-Ausgleich gleich mehrere Elektrofahrzeuge verkaufen. Diese haben jedoch einen nennenswert schlechteren Deckungsbeitrag oder verdienen gerade in den Basismodellen so gut wie gar kein Geld. Ein Teufelskreis, aus dem es nur eine Mischkalkulation als Ausweg gibt. Wie bereits zu sehen, werden gerade viele Verbrenner deutlich teurer.
Die Marken der Volkswagen Gruppe sind nicht die Einzigen, die die Preise für Diesel und Benziner spürbar erhöhen, andere werden folgen – müssen. Gleichzeitig werden zumindest ausgewählte Elektromodelle zwangsläufig günstiger werden, um Strafzahlungen an die EU zu vermeiden. Das gilt nicht für alle Modelle, denn die neuen Akkugenerationen und deutlich geringere Volumen machen die Autos oftmals teurer als ehemals kalkuliert.
Überkapazitäten könnten Preissenkungen antreiben
Und dann ist da noch das Problem mit den Überkapazitäten. Gerade die könnten sich für die privaten Autokäufer auszahlen. Tesla ist nicht der einzige Hersteller, der gerade in Europa neue E-Autos ohne einen entsprechenden Auftragsbestand produziert. So stehen auf ehemaligen Flugfeldern, gesicherten Großparkplätzen und Firmengeländen Tausende von vermeintlichen Neufahrzeugen mit Stecker, für die es noch keine Kunden gibt.
Das ließe sich jedoch ändern, wenn die Autos zu stark reduzierten Sonderangeboten auf den Markt geworfen würden. Aktuell kostet die Basisversion des Tesla Model 3 42.490 Euro und das Model Y liegt ähnlich motorisiert ebenfalls unter der 45.000-Euro-Marke. Sollten die Schnäppchen-Teslas auf den Markt geworfen werden, könnte die 40.000-Euro-Marke ebenso fallen, wie jüngst die 30.000er-Marke beim VW ID.3.
Auch das einstige deutsche Massenmodell mit Stecker, der coole Fiat 500 Elektro steht sich auf den Höfen vieler Händler längst die Reifen platt. Statt der ehemals rund 36.000 Euro Basispreis ist der kleine 500er, mittlerweile sogar mit einem Fertigungsstopp behaftet, bereits ab 29.490 Euro zu bekommen. Die Lager sind voll, und so könnte es auch hier eine umfangreiche Bonusaktion geben, die den Basispreis zumindest als Lockmittel noch weiter herunterdrückt.
Preisverfall bei gebrauchten Elektroautos sorgt für Probleme
Doch die vermeintlichen Schnäppchenpreise werden mittelfristig noch ein anderes Problem nach sich ziehen, das sich nicht derart leicht lösen lässt. Noch schwerer als die elektrischen Neufahrzeuge verkaufen sich aktuell die entsprechenden Gebrauchtmodelle mit Stecker. Wer einen gerade einmal 12- oder 18 Monate alten Porsche Taycan, Audi e-tron GT oder gar einen Mercedes EQS in den Onlinebörsen sucht bemerkt, dass diese im Vergleich zum Neupreis von zum Teil über 150.000 Euro bis zu 40 Prozent eingebüßt haben. Die überzeichneten Restwerte sind ein milliardenschweres Problem in den Büchern internationaler Autokonzerne.
Günstige Neuwagen bedeuten jedoch auch, dass sich junge Gebrauchtwagen bis zum Alter von ein bis drei Jahren noch schlechter verkaufen und noch billiger werden. Gut für die Kunden, die für einen zwei Jahre alten Škoda Enyaq oder ein drei Jahre altes Tesla Model 3 im kommenden Jahr wohl noch deutlich weniger ausgeben müssen. Doch die Probleme der Autohersteller werden dadurch nur noch größer.