Während die europäische Politik ein Abweichen vom Verbrennerverbot diskutiert, konzentriert sich Porsche wieder stärker auf Verbrennermotoren, statt auf Elektroantriebe. Der ehemalige Volkswagen-Chef Herbert Diess jedoch warnt, dass vom Zurückrudern der Politik vor allem die chinesische Konkurrenz profitiere, während die deutsche Automobilindustrie riskiere, im globalen Wettbewerb abgehängt zu werden.
Diess war bis Mitte 2022 Vorstandschef von Volkswagen. Gegenwärtig ist er Aufsichtsratschef des Chipkonzerns Infineon sowie Vorsitzender des Verwaltungsrats von The Mobility House. In einem Kommentar, der von der WirtschaftsWoche veröffentlicht wurde, äußert sich Diess zu den Diskussionen um ein Aus vom Verbrenner-Aus. Für den Ex-VW-Chef lenkt die Debatte von der eigentlichen politischen Aufgabe ab, die europäische Autoindustrie global wettbewerbsfähig zu machen.
Für Diess ist nachvollziehbar, dass die Diskussion über das sogenannte Verbrennerverbot in Deutschland wieder aufkommt, da die Wertschöpfung noch viel zum Wohlstand beitrage. Doch ein weiteres Verzögern der Mobilitätswende nutze vor allem der Konkurrenz aus China. Die Politik hierzulande sei in den vergangenen Jahren durch Verzögerung und Verlangsamung geprägt gewesen. Ein Missstand, findet Diess.
„Dann haben unklare Signale, das An- und Abschalten der Förderungen, die ungebrochene Fortführung der Diesel-Subventionen, der mangelnde Fokus der Politik auf Ladeinfrastruktur und günstigen Strom die Kunden lange Zeit verunsichert“, kommentiert Diess. Man könne einen Strukturwandel, der sektorübergreifend funktionieren muss, kaum schlechter und unkoordinierter organisieren, ergänzt er.
China hat Autoindustrie durch kluge Politik gestärkt
Im Gegensatz zu Deutschland hat China laut Diess in den vergangenen zehn Jahren mit einer klugen Wirtschaftspolitik geglänzt, wodurch das Land zu einem starken Herausforderer in der globalen Autoindustrie aufsteigen konnte. „Das Land schafft exzellente Rahmenbedingungen dafür, dass sich diese Zukunftstechnologie auch beim Kunden durchsetzt. Das entfacht unglaublich intensiven Wettbewerb, schnellen Hochlauf, günstigen Ladestrom, ausreichende Ladenetze“, schreibt der ehemalige Volkswagen-Chef.
China bevorzuge neue Technologien, wo immer es möglich sei. „So sieht eine kluge Wirtschaftspolitik im Wandel aus“, so Diess. Um die einheimische Autoindustrie zukunftssicher und global wettbewerbsfähig zu machen, nehme das Land sogar deutliche Marktverluste bei den Staatsbetrieben in Kauf, denn vor allem die etablierten Autounternehmen und Zulieferer hätten mit dem Wandel in China zu kämpfen.
Stärken nutzen und Zukunftstechnologien fördern
Während die Revision des Verbrenner-Aus heiß diskutiert wird, ist für Diess gerade jetzt der richtige Zeitpunkt, um den Wandel hin zur Elektromobilität auch in Europa durch die richtige Politik voranzutreiben. „Gerade jetzt, da die deutsche Autoindustrie zeigt, dass sie bei den neuen Technologien durchaus mithalten kann“, erklärt er. Das zeige unter anderem Volkswagen mit einem Marktanteil von 27 Prozent in Europa, bei den reinen Elektroautos sogar mit einem doppelt so hohen Anteil wie Tesla.
Deutschland dürfe nun kein Gas herausnehmen bei den Zukunftstechnologien. Dazu gehöre auch, Elektroautos als Energiespeicher in das Energienetz zu integrieren, oder auch, die weltweit schnellsten Ladennetze für Premiumfahrzeuge zu schaffen. Dabei müsse man auf vorhandene Stärken wie das Verständnis der Bedürfnisse von Premiumkunden, die Kraft der Marke und loyale Handels- und Servicenetzwerke setzen. Darin seien die Herausforderer bisher unterlegen.
Quelle: WirtschaftsWoche – VW, Porsche und das Verbrennerverbot „Gas rausnehmen“ bei Zukunftstechnologien – das ist der falsce Weg