Das Fraunhofer-Institut für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik (IWU) in Chemnitz arbeitet an einer Lösung für das zweite Leben von E-Auto-Batterien. Gruppenleiter Dr. Thomas Schmerler erklärt im Gespräch, warum der Fokus auf Wiederverwendung im Second-Life statt Entsorgung liegt: „Traktionsbatterien von Elektroautos sind nach dem Fahrzeugleben meist noch zu leistungsfähig für die abschließende Entsorgung.“ Viele Autohersteller definierten das Ende der Lebensdauer bereits bei 70 bis 80 Prozent Restkapazität – „doch für andere Anwendungen genügt die Kapazität durchaus noch“, so Schmerler.
Ziel ist es, Batterien aus dem Verkehrseinsatz künftig in stationären Speichern zu nutzen, etwa für Privathaushalte, Unternehmen oder Netzbetreiber. „Wer sie einfach schreddert, vernichtet einen beträchtlichen Nutzwert“, betont Schmerler. Anwendungen reichen von Energiespeichern für Ladeinfrastruktur bis hin zur Zwischenspeicherung von Solar- und Windstrom.
Mit dem Projekt TraWeBa (Transformations-Hub Wertschöpfungskette Batterie) entsteht in Chemnitz derzeit eine Pilotanlage, die das gezielte, weitgehend beschädigungsfreie Zerlegen von Batterien ermöglicht. „Defekte oder gealterte Module und Zellen lassen sich dadurch austauschen, intakte Bauteile wiederverwenden“, erklärt Schmerler. Angesichts der Prognose, dass sich die Menge an Altbatterien in der EU bis 2030 mehr als verzehnfachen wird, sei das ein wichtiger Schritt. „Recycling allein reicht nicht aus, um diese Mengen sinnvoll zu verarbeiten. Für mich gilt: Kreislaufwirtschaft statt Schrottpresse.“
Die Anlage verfolgt einen doppelten Ansatz: Einerseits werden wiederverwendbare Komponenten für neue Anwendungen oder den Wiedereinbau in Traktionsbatterien fit gemacht, andererseits erleichtert die sortenreine Zerlegung das Recycling kritischer Rohstoffe wie Lithium und Kobalt. So lassen sich Ressourcen schonen und die energieintensive Produktion neuer Zellen teilweise vermeiden.
Batterie muss als Herz des E-Autos vielfachen Herausforderungen standhalten
Besonderheit der Chemnitzer Anlage ist die Kombination aus Forschung, Automatisierung und Datenerfassung. „Sie ermöglicht es, den kompletten Prozess für die Zerlegung von Hochvoltsystemen – von der Entladung und Zustandsanalyse bis hin zur rekonditionierten Zelle – zu untersuchen“, so Schmerler. Zudem dient sie als Datenplattform: Die dort gewonnenen Informationen helfen, Prozesse zu quantifizieren, zu standardisieren und in der Ausbildung von Fachkräften zu verankern. „Berufe in der Automobil- und Batterietechnik werden zunehmend interdisziplinär – sie erfordern Kenntnisse in Mechanik, Elektrotechnik und Informatik.“
Technologisch setzt das Projekt auf eine automatisierte, KI-gestützte Demontage, die verschiedene Batterietypen sicher und wirtschaftlich handhaben kann. Ein integriertes System analysiert dabei den Gesundheitszustand jeder Zelle, um nur geeignete Komponenten zur Wiederverwendung freizugeben. „Am Ende entstehen dadurch auch neue Kompetenzen, die uns im internationalen Wettbewerb helfen“, fasst Schmerler zusammen.
Der Maschinenbauingenieur bringt dabei seine Expertise aus Leichtbau und Werkstofftechnik ein: „Als Herz des E-Autos muss die Batterie mechanischen Belastungen, Temperaturgrenzen und Brandanforderungen standhalten. Leichtbau und Materialentwicklung leisten einen wichtigen Beitrag für hohe Energiedichte bei geringem Gewicht.“ Mit der Pilotanlage in Chemnitz will das Fraunhofer IWU so den Grundstein für eine nachhaltige Batteriekreislaufwirtschaft legen – und damit ein zentrales Problem der Elektromobilität praktisch lösen.
Quelle: Traweba – Interview mit Dr. Rico Schmerler vom Fraunhofer IWU