Fahrbericht Opel Mokka GSE: Kompakt-SUV mit Rallye-DNA

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Vanessa Lisa Oelmann

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Mit der Neuauflage des Mokka hat Opel 2019 ein schnittiges Kompakt-SUV auf die Straße gebracht, das vor allem in puncto Design und Markenidentität überzeugte. Doch zur modernen, dynamischen Optik wollten die Leistungsdaten nie so ganz passen: 100 kW (136 PS), 9,1 Sekunden von 0 auf 100 km/h und lediglich 160 km/h Spitze – solide für den Alltag, aber emotional nicht wirklich überzeugend. „Da geht noch was“, dachten sich die Rüsselsheimer, holten kurzerhand das historische Kürzel GSE zurück und präsentierten eine optisch wie technisch nachgeschärfte Performance-Variante des Mokka – inklusive Komponenten, die man ansonsten nur aus dem Rallye-Regal kennt.

Wirft man einen Blick auf die Ausstattungsliste, so fällt direkt auf, dass es kaum aufpreispflichtige Extras gibt. Matrix-LED-Scheinwerfer, Adaptive Cruise Control, ein aktiver Spurhalteassistent, Wireless CarPlay und Android Auto, beheizte Sitze und Lenkrad sowie eine Rückfahrkamera gehören ohne Aufpreis dazu. Auch V2L-Funktionalität ist mit an Bord – praktisch, wenn man den Toaster beim Picknick mal kurz anschmeißen möchte. Das alles gibt es für 47.300 Euro.

Farblich stand uns beim Fahrevent in Madrid die bereits vom Corsa bekannte Lackierung „Grafik Grau“ mit schwarzer Motorhaube zur Verfügung, diese schicke Kombination kostet dann aber weitere 1000 Euro. Inklusive Überführung liegt der nachgeschärfte Kompakt-Crossover dann so ziemlich genau bei 50.000 Euro.

Außen mutiger Auftritt, innen sportliche Zurückhaltung

Optisch unterscheidet sich der GSE merklich vom Standard-Mokka, allerdings, ohne dabei zu laut zu werden. Hochglänzende schwarze Akzente ersetzen das übliche Chrom, und die Karosserie wirkt durch die tiefergelegte Haltung und die neuen 20-Zoll-Felgen deutlich präsenter. Besonders auffällig sind die leuchtend gelben GSE-Details sowie die gleichfarbigen Bremssättel. Innen setzt Opel ebenfalls auf eine sportlichere Linie.

Das volldigitale Cockpit, bestehend aus zwei miteinander verbundenen Displays, nutzt einen Snapdragon Chip, der für schnelle Rechenleistung sorgt. Gelbe Ziernähte, GSE-Schriftzüge und Alcantara-Einsätze verleihen dem Interieur einen dynamischen, aber nicht übertrieben aggressiven Charakter. Schade nur, dass der hochwertige Eindruck auf der Rückbank schnell verschwindet: Hier gibt es statt edlen Alcantara-Türverkleidungen nämlich nur dunkelgraues Hartplastik.

Aber Opel hat nicht einfach nur Software-Tuning betrieben, sondern tief ins Regelsystem eingegriffen. Los geht es mit einem komplett neuen GSE-Lenksystem, das mit einer direkteren Übersetzung von 14,5:1 (Standard: 16,2:1) wesentlich präziser arbeitet. Dazu wurde das Achsschenkeldesign überarbeitet und die Anzahl der Lenkradumdrehungen bis zum Anschlag auf 2,7 reduziert – das ergibt ein agileres Kurvenverhalten, ohne den City-Wendekreis von 10,4 Metern zu opfern. Bei den Bremsen schöpft Opel ebenfalls aus dem Vollen: vorne Vierkolben-Festsättel, belüftete Scheiben (380 mm vorn, 268 mm hinten) und ein thermisch optimiertes Design für härtere Belastung.

Auch Vorder- und Hinterachse haben ein Update bekommen: ein Torsen-Lamellen-Sperrdifferenzial sorgt je nach Situation für bis zu 36 Prozent Sperrwirkung beim Beschleunigen und bis zu 34 Prozent beim Verzögern. Zudem wurde das Hinterachsdesign inklusive 30,8-mm-Stabilisator überarbeitet, um die Rollbewegungen deutlich zu reduzieren. Um das Ganze fahrdynamisch einzurahmen, gab es für den GSE dann noch ein Chassis-Tuning, das vorne 49 Prozent und hinten 35 Prozent höhere Federraten bietet.

Die Wanksteifigkeit stieg insgesamt um 48 Prozent, an der Hinterachse sogar um 189 Prozent. Das ist zugegebenermaßen viel Datenblatt-Yoga, im Klartext heißt das Ganze, dass der Mokka GSE über ein deutlich strafferes, kontrollierteres und sportlicheres Handling verfügt, ohne das Crossover-Gefühl dabei komplett zu verlieren. Serienmäßig kommt der Mokka GSE auf 20-Zoll-Aero-Felgen und Michelin Pilot Sport EV Reifen daher (WLTP 324 km), optional stehen Goodyear Eagle F1 zur Wahl (WLTP 336 km).

Rallye-Gene, die auf der Straße pulsieren

Der Mokka GSE teilt sich bemerkenswert viele Teile mit dem Mokka GSE Rally, mit dem Opel 2026 nach gut fünf Jahren den Corsa Rally Electric ersetzen wird, um das nächste Markenkapitel des elektrischen Rallyesports zu schreiben. Doch so sehr Opel den Neuling auch als krasses Performance-Modell inszeniert – ein Längsbeschleunigungswunder ist der Wagen trotzdem nicht. Mit 5,9 Sekunden von 0 auf 100 km/h beschleunigt er mit seinen 207 kW (281 PS) zwar deutlich flotter als der Standard-Mokka und liefert gemeinsam mit der GSE-Abstimmung ein spürbar dynamischeres Fahrerlebnis, doch die Konkurrenz ist längst ein Stück weiter.

Modelle wie der Volvo EX30 sind bereits in ihren nicht-sportlichen Basisvarianten schneller und ihre Performance-Versionen unterbieten den Sprintwert des GSE sogar deutlich – hier steht teilweise eine 3 vor dem Komma. Trotzdem: Der Mokka GSE will gar kein reiner Beschleunigungsheld sein, sondern den alltäglichen Strecken mittels Rallye-Technik mehr Spaß verleihen. Der größte Unterschied zum Standard-Mokka besteht in der deutlich direkteren Lenkung, die wir auf den kurvigen Landstraßen um Madrid ausgiebig testen konnten.

Chapeau, liebe Rüsselsheimer, die Abstimmung ist euch wirklich gelungen. Das Fahrwerk wurde ebenfalls hervorragend abgestimmt – sportlich, aber nicht zu hart. Die 20-Zoll-Reifen sind allerdings deutlich zu hören, hier besteht in puncto Geräuschkulisse ein großer Unterschied zu den 18-Zoll-Pneus des Standard-Mokka. Am Ende unserer Teststrecke zeigt der Bordcomputer einen Verbrauch von 23,3 kWh pro 100 Kilometer an, die Route war allerdings auch kaum repräsentativ und das Wetter zudem überaus verregnet bei Spanien-untypischen 13 Grad Celsius.

Realistisch lässt sich der Speerspitzen-Opel im gemischten Betrieb wohl mit 18 bis 19 kWh pro 100 Kilometer bewegen. Bei Autobahngeschwindigkeiten zeigte sich bereits der reguläre Mokka als recht ineffizient, wer die vollen 200 km/h des Mokka GSE längere Zeit ausfahren möchte, wird daher ziemlich schnell eine Ladesäule aufsuchen müssen.

Ein starker Auftritt, doch mit altem Akku und schwacher Ladeleistung

Aber in dieser Hinsicht bleibt leider ein großes Manko bestehen: an der veralteten Ladetechnik wurden keine Änderungen vorgenommen. Der Mokka GSE nutzt weiterhin den bekannten 54-kWh-NMC-Akku, der bereits aus früheren Stellantis-Modellen sowie vom regulären Mokka Electric bekannt ist. Geladen wird mit 11 kW AC und 100 kW DC. Das sind Werte, die vor einigen Jahren noch völlig okay waren, heute aber spürbar ins untere Mittelfeld gerutscht sind. Ein Vorteil des verhältnismäßig kompakten Akkus zeigt sich immerhin beim Gewicht, denn mit knapp unter 1600 Kilogramm Leergewicht gehört der Mokka GSE zu den leichtesten Elektro-SUVs seiner Größe – und das kommt natürlich wiederum dem Fahrverhalten zugute.

Der Opel Mokka GSE ist nicht einfach ein Mokka mit Sportfahrwerk, sondern eine tiefgreifend überarbeitete Performance-Variante mit echtem Anspruch – und wenn ein Hersteller beim Thema Bremse, Sperrdifferenzial und Achskinematik so viel Aufwand betreibt, dann will er definitiv etwas beweisen. Ob Opel damit nur ein Nischenspielzeug geschaffen hat oder den Beginn einer ikonischen Elektro-Performance-Linie, das muss sich allerdings erst noch zeigen.

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Vanessa Lisa Oelmann

Vanessa Lisa Oelmann

Vanessa Lisa Oelmann ist 27 Jahre alt und seit 2019 vollelektrisch mit ihrem BMW i3 unterwegs. Nach ihrem abgeschlossenen International Business Studium ist sie nun als freiberufliche Automobiljournalistin tätig und engagiert sich nebenher im sozialen Bereich. Zudem hat sie ein großes Faible für Luxusgüter und Fotografie. Wenn sie nicht gerade versucht, ihre Freunde und Familie zum Elektromobilistendasein zu konvertieren, ist sie meist in diversen Autohäusern oder auf Meet-Ups mit anderen (elektro)autobegeisterten Leuten anzutreffen.

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