Elektrifizierung der Flotte: Wann es sich lohnt und was beachtet werden muss

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Felix Katz
Felix Katz
  —  Lesedauer 6 min

Die Elektrifizierung des Fuhrparks kann ein wichtiger Hebel sein, Emissionen und auch Kosten zu senken. Doch, wann lohnt sich das überhaupt? Und was muss beachtet werden, um den Wandel hin zur Elektrifizierung der Flotte erfolgreich zu vollziehen? Eine Betrachtung in sieben Schritten.

Keine Frage: Elektroautos sind angesagter denn je. Schon im privaten Bereich, in dem es zumeist um die Anschaffung nur eines Fahrzeuges geht, kann sich ein Elektroauto lohnen. Ob man den heimischen Wandel vollziehen und welches Elektroauto es am Ende sein soll, ist zumeist relativ zügig entschieden. Dennoch tun sich manche nach wie vor mit der Entscheidung schwer – Themen wie Kosten, Ladeinfrastruktur und Alltagsnutzen/Praktikabilität sollten gut überdacht werden.

Man kann sich also denken, dass die Elektrifizierung einer Firmenflotte all diese Fragen potenzieren dürfte. Meist geht es um eine Vielzahl von Fahrzeugen, also ganz Fuhrparks, mit denen auch noch Geld verdient werden muss. Zweifelsohne kommt es dem Ansehen des Unternehmens zugute, wenn man sich offen zeigt, „sauberer“ zu werden, zudem einen Beitrag zur Dekarbonisierung des Verkehrs beitragen und die Welt damit ein Stückchen besser machen möchte. Doch wie lässt sich Flotte elektrifizieren und was muss beachtet werden, um diese bestmöglich zu nutzen und zum Aushängeschild des Unternehmens zu machen?

In der Theorie sagt man, dass etwa 80 Prozent aller Autofahrten elektrisch erledigt werden könnten. Das muss nicht heißen, dass das in jedem Unternehmen gilt – denn Flotte ist nicht gleich Flotte. Vielleicht wird der Fuhrpark genutzt, um Kunden im innerstädtischen Bereich nach festen Routen zu beliefern. Vielleicht stehen aber auch weit entfernte Einsätze im Außendienst im Fokus.

Um wirklich einschätzen zu können, wo und wie sich Elektroautos im Fuhrpark wirklich bezahlt machen, ist eine Bestandsaufnahme der erste Schritt. Dabei sollte man sich fragen, welche Strecken täglich wann, wo und von wem zurückgelegt werden müssen. Darüber hinaus, ob es sich dabei um wiederkehrende oder unkalkulierbare Wege handelt. Für eine Analyse ist es auch wichtig, zu wissen, ob und welche Waren transportiert werden müssen und auch, wo und wie lange die Flottenfahrzeuge stehen werden – Stichwort: laden. Erst nachdem man sich umfangreiche Gedanken über das Nutzungsprofil der Flotte gemacht hat, lässt sich herausfinden, ob und welche Elektroautos zu den Einsatzzwecken passen.

Selbst Fußballbundesliga-Vereine wie FC Bayern München elektrifizieren ihre Flotten – das Fahrzeugangebot ist vielseitig | Bild: Audi

Großes E-Auto-Angebot, das förderfähig ist

Mit der Nachfrage nach Elektroautos wächst natürlich auch das Angebot der Automobilhersteller. Inzwischen lässt sich schon aus einer ordentlichen Bandbreite von Modellen wählen: Angefangen vom Kleinwagen über Limousinen bis hin zum E-Transporter gibt es bereits für fast jedes Einsatzfeld passende Lösungen. Auch E-Busse und E-Lkw erobern nach und nach unsere Straßen und machen den Verbrennern zunehmend Konkurrenz, auch wenn sie sich noch nicht wirklich für den Einsatz auf Langstrecken eignen – vor allem, wenn die ganze Unternehmung mit Zeitdruck verbunden ist. In manchen Fällen ist das Nutzungsprofil des Firmenwagens nicht eindeutig und volle Flexibilität am wichtigsten.

Die Anschaffungskosten mögen zwar recht hoch sein, doch durch die niedrigeren Kosten für Betrieb und Wartung im Vergleich zum Verbrenner macht sich ein Elektroauto langfristig bezahlt. Zudem profitieren E-Auto-Käufer nach wie vor vom Umweltbonus. Seit dem 1. Januar 2023 beträgt der Bundesanteil der Förderung für batterieelektrische Fahrzeuge und Brennstoffzellenfahrzeuge mit Nettolistenpreis bis zu 40.000 Euro statt bisher 6000 Euro allerdings nur noch 4500 Euro und mit Nettolistenpreis zwischen 40.000 Euro bis zu 65.000 Euro statt 5000 nur noch 3000 Euro. Zusammen mit dem Herstelleranteil sind derzeit also bis zu 6750 Euro Förderung möglich. Fahrzeuge mit Hybridantrieb werden übrigens vom Staat gar nicht mehr gefördert. E-Auto- und PHEV-Käufer profitieren, egal ob privat oder gewerblich, zusätzlich von einer geringeren Versteuerung im Vergleich zum Verbrenner: nämlich nur 0,5 Prozent.

Elektrifizierung der Flotte: Wann es sich lohnt und was beachtet werden muss
Um Elektrofahrzeuge möglichst effektiv nutzen zu können, sollten Ladepausen gut geplant werden – etwa in Mittagspausen oder während der Beladung. | Bild: Opel/Stellantis

Ein cleveres Lademanagement kann Geld sparen

Beim Umstieg auf eine elektrische Flotte ist vor allem eine Frage entscheidend für die Praktikabilität: Wie, wo und wann werden die Elektroautos geladen? Viele Unternehmen unterliegen dem Irrtum, dass jeder Parkplatz mit einer eigenen Ladestation ausgestattet sein muss. Das ist mit hohen Anschaffungskosten verbunden und letztlich gar nicht notwendig. Wird die Ladeinfrastruktur clever konzipiert, können diese auch mehrere Fahrzeuge im Wechsel nutzen. Hier spielt auch die Planung der Flottenbewegung eine wichtige Rolle. Hier empfiehlt es sich, auf die Beratung eines Experten zurückzugreifen, der Themen wie Streckenoptimierung, geeignete Hardware, Netzanschluss und intelligenten Steuerung sowie individuellen Ladelösungen berücksichtigt. Apropos: Zwar kann man sich zukünftig die Kraftstoffkosten an der Tankstelle sparen, jedoch steigt die Stromrechnung. Hier ist es aus Kostengründen besonders wichtig, ein dynamisches Lademanagement einzusetzen, das Energie und Geldbeutel schonen kann.

Sogenannte Leistungspreise können nämlich dafür sorgen, dass die Stromrechnung explodiert. Unternehmen mit einem hohen jährlichen Energieverbrauch zahlen oftmals einen Leistungspreis, der von der höchsten Lastspitze innerhalb des Jahres bestimmt wird. Sobald also die Stromnachfrage im Betrieb einen bestimmten Wert überschreitet, wird für den verbleibenden Zeitraum ein verteuerter Strompreis berechnet – das muss aber nicht sein. Das wäre vor allem der Fall, wenn etwa alle Elektroautos gleichzeitig bei voller Leistung laden. Dann müsste man kurzfristig zusätzliche Energie beziehen, die teurer ist als sie sein muss. Stattdessen sollten vorhandene Energie am Standort smart verteilt werden, indem die Flotte mit geteilter Leistung oder der Reihe nach laden kann. Hierfür ist ein intelligentes Lademanagement vonnöten. Es gibt ein statisches Lastenmanagement, wenn nicht genügend Anschlussleistung vorhanden ist, aber trotzdem viele Elektroautos geladen werden müssen, ein dynamisches Lastenmanagement, das die Gebäudelast berücksichtigt und die Ladeleistung flexibel anpassen kann sowie ein fahrplanbasiertes Lastenmanagement für optimiertes Laden zu bestimmten Stoßzeiten.

Strom macht das Abrechnen einfacher

Schließlich kommen wir zum Thema Abrechnung. Tankbelege sind beim besten Willen „oldschool“, Tankkarten schon die bessere Lösung. Doch wer Strom lädt, hat es meist noch einfacher. Es gibt vollautomatische Abrechnungslösungen für sämtliche Ladevorgänge der Flottenfahrzeuge im Betrieb. Und unterwegs werden Ladevorgänge dank Ladekarte digital festgehalten, zudem können Mitarbeiter, die Ihr Fahrzeug daheim laden, über einen speziellen Abrechnungsservice ihre Ladekosten vom Arbeitgeber erstatten lassen. Auch hier lohnt sich die Beratung durch einen Experten. Bestenfalls nutzt man für den Fuhrpark zu hundert Prozent Grünstrom, schon allein wegen des ökologischen „Fußabdrucks“. Noch besser, wenn das Unternehmen eine Photovoltaikanlage besitzt oder anderweitig in der Lage ist, erneuerbare Energie zu produzieren. Denn so lässt sich eigener Strom zum Laden der Fahrzeuge nutzen – das ist kosteneffizienter und macht auch unabhängiger von Energieversorgern.

Natürlich ist das Elektroauto als solches nicht für jedes Unternehmen und jedes Fahrprofil geeignet. Der Verbrenner hat für jene Firmen, die im Service oder im Vertrieb tätig sind, nach wie vor seine Daseinsberechtigung. Dennoch kann hier ein Plug-in-Hybrid, sofern er konsequent geladen wird, bereits einige Vorteile ausspielen. Manchmal kann auch ein Antriebsmix, bestehend aus herkömmlichen Verbrennern, Elektroautos und/oder PHEVs richtig Sinn machen – je nach Einsatz auf der Kurz- oder Langstrecke. So oder so holen E-Fahrzeuge dank des technischen Fortschritts immer weiter auf, zumal Reichweiten von gut 400 Kilometer heute kaum ein Thema mehr sind. Und, wann steigen Sie um?

Quellen: Here – EVs that deliver: the fleet you need — and the technology that will make it work / The Mobility House – E-Flotte made easy

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Felix Katz

Felix Katz

Felix Katz liebt alles, was vier Räder und einen oder gleich mehrere Motoren hat. Nicht nur Verbrenner, sondern vor allem Elektroautos haben es ihm angetan. Als freiberuflicher Autojournalist stromert er nicht nur fast jeden Tag umher, sondern arbeitet seit über zehn Jahren für viele renommierte (Fach-)Medien und begleitet den Mobilitätswandel seit Tag eins mit.
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Daniel W.:

Ich wage mal einen Blick in die Zukunft.

Größere Fuhrparks erzeugen ihren Ökostrom mit PV- und/oder Windkraftanlagen für 4-10 Cent/kWh je nach Größe der Anlagen und speichern ihn tagsüber in Second-Life-Batterien.

Über Nacht werden die Firmen-E-Fahrzeuge mit Second-Life-Batterien oder Windrädern geladen, dafür müssen es nur selten teuere Ladesäulen sein, meistens genügen günstige Wallboxen.

Ersatz-Akkus für E-Autos dürften netto etwa 200 Euro pro kWh kosten und mehr als 1000 Ladezyklen halten, danach im Second-Life nochmal soviele, also rund 2000 Ladezyklen insgesamt, d.h. der Akku kostet ca. 10 Cent/kWh plus Ökostrom ca. 7 Cent/kWh gleich 17 Cent/kWh für Ladestrom.

Kosten pro E-Fahrzeug in Fuhrparks für Ladestrom bei Eigenerzeugung:

A) E-Auto rund 20 kWh auf 100 km mal 17 Cent/kWh gleich 3,40 Euro.

B) E-Transporter rund 30 kWh auf 100 km mal 17 Cent/kWh gleich 5,10 Euro.

C) E-Lkw groß rund 160 kWh auf 100 km mal 17 Cent/kWh gleich 27,20 Euro.

Zum Vergleich Lkw mit Diesel, Wasserstoff und E-Fuels an der Tankstelle:

1) Diesel-Lkw 34 Liter/100 km mal 1,70 Euro/Liter (aktuell) gleich 57,80 Euro.

Der Preis für ein Kilogramm Wasserstoff an H2 MOBILITY-Tankstellen beträgt für 700 Bar-Betankungen 13,85 €/kg. Das Tanken bei 350 bar (Nutzfahrzeuge) kostet 12,85 €/kg H2.

(Quelle: h2.live)

2) FCEV-Lkw 10 kg/100 km mal 9,50 (April 2022) gleich 95,00 Euro – aktuell 128,50 Euro.

3) E-Fuel-Lkw bei 34 Liter/100 km mal 2 bis 4 Euro/Liter (2050) geschätzt 68 bis 136 Euro.

Für die Zukunft sehe ich viele Ökostrom-Eigenversorgunger bei Fahrzeugflotten, weil es ganz einfach günstiger ist, falls Lobbyisten der Fossilen und Politiker nicht mit reichlich Bürokratie versuchen diese Art der „Energiewende von unten“ zu behindern – so wie bisher schon.

Jan:

Es gibt genug Unternehmen, die einfach entschieden haben, dass nur noch Elektroautos erlaubt sind. Das ging/geht ganz einfach. Irgendwie kommt da jeder mit zurecht. Mit diesen „Analysen“, die hier vorgeschlagen werden, werden die Mitarbeiter doch nur animiert, Ausreden zu generieren. Die Telekom hat alles – Führungskräfte, Berater, Techniker… Wenn die das rein auf Elektro umstellen können, kann es jedes Unternehmen.

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