Umstellung auf E-Antrieb benötigt 1,8% mehr erneuerbare Energien im Jahr

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Sebastian Henßler
Sebastian Henßler
  —  Lesedauer 3 min

Ab 2035 ist das faktische Verbrenner-Aus in Europa beschlossen. Ab dann dürfen keine Neufahrzeuge mit Verbrennungsmotor mehr in der EU zugelassen werden. Der Umstieg auf E-Mobilität wird sich dadurch in den kommenden Jahren entsprechend beschleunigen. Damit muss aber auch in puncto Strom-Beschaffung ein Wandel hin zu Strom aus erneuerbaren Quellen wie Windkraft- und Photovoltaikanlagen erfolgen.

Dann kann es auch möglich sein, dass damit spätestens 2050 alle 48,5 Millionen in Deutschland zugelassenen Autos vollelektrisch angetrieben werden können. Vorausgesetzt, dass das
Stromnetz um ein dezentrales und lokales Energiemanagement erweitert wird, wie HEIDELBERG in seinem Whitepaper „Elektromobilität für eine erfolgreiche Energiewende“ auszuführen vermag. Man zeigt sich zuversichtlich, dass das gelingen kann, wenn der Ausbau der Elektromobilität als Impuls für eine Energiewende in den Gebäuden verstanden wird.

„Wenn der deutsche Pkw-Bestand über einen Zeitraum von 30 Jahren vollständig auf Elektromobilität umgestellt wird, steigt die Zahl der Elektrofahrzeuge hierzulande jährlich um rund 1,6 Millionen Pkw“, so Dr. Ludwin Monz, Vorstandsvorsitzender von HEIDELBERG. In absoluten Zahlen ordnet er es so ein, dass der Strombedarf laut eigener Modellrechnung um etwa 4,12 Terrawattstunden pro Jahr zunehmen wird. „Um diese Strommenge vollständig aus erneuerbaren Quellen zu decken, müsste die regenerative Stromerzeugung jährlich rund 1,8 Prozent steigen“, so Monz weiter. Somit benötigt der Umstieg auf Elektromobilität in Deutschland damit bis 2050 nur einen überschaubaren, aber stetigen Zuwachs bei der Erzeugung erneuerbarer Energien.

Stromnetze müssen weiter entwickelt werden

Eine Herausforderung, mit der umgegangen werden muss, liegt bei Energieversorgung und der Stromerzeugung. Denn das politische Ziel der CO2-Neutralität sorgt dafür, dass immer mehr Bereiche elektrifiziert werden. Neben der Mobilität gehört dazu auch das Heizen von Gebäuden. Um den steigenden Bedarf an erneuerbaren Energien meistern zu können, benötigt das Stromnetz ein dezentrales und lokales Energiemanagement.

Dann sei es auch möglich, dass in Zukunft Millionen weiterer E-Autos und Wallboxen mit Energie versorgt werden können. Monz äußert sich hierzu wie folgt: „In den Gebäuden muss künftig die intelligente Nutzung von Energie anfangen – zum Beispiel mit Energiemanagementsystemen, die staatlich gefördert werden sollten.“ Durch solche Systeme ist es möglich das Lastmanagement zwischen Erzeugern und Verbrauchern im Gebäude zu regeln. Damit wird sichergestellt, dass möglichst viel selbsterzeugte Energie genutzt und möglichst wenig Strom hinzugekauft wird.

„Wenn im Haus der Zukunft Photovoltaikanlage, Batteriespeicher, Wärmepumpe und Wallbox über Energiemanagementsysteme intelligent mit dem Stromnetz zusammenspielen, können Gebäude einen Beitrag zur Netzstabilität und damit zur Versorgungssicherheit leisten“, ergänzt Monz. 

Ausbau Ladenetze von Nöten

Monz sieht allerdings auch die Notwendigkeit, dass die Politik den Ausbau des Ladesäulennetzes beschleunigt. Denn dann können künftig auch Menschen ohne heimische Wallbox in Zukunft Elektroautos nutzen. Hierzu seien vor allem leistungsstarke Ladesäulen entlang der Autobahnen und insbesondere ein flächendeckendes Netz an öffentlichen Ladestationen mittlerer Stärke in Parkhäusern sowie in Wohnquartieren notwendig.

Mit über 70.000 gemeldeten öffentlichen Ladestationen ist die Verfügbarkeit noch lange nicht an den Bedarf angepasst. Monz sagt: „Die Politik muss den Ausbau einer flächendeckenden Ladeinfrastruktur forcieren, damit die Erreichung der Klimaziele in Deutschland wie geplant bis 2050 gelingt. Wir benötigen vor allem Förderprogramme für mehr Ladestationen, wie sie das Land Baden-Württemberg jüngst angekündigt hat. Nötig wären abgestimmte Initiativen aller Bundesländer mit einer zügigen Umsetzung“

Weitere Details und Grundlagen zur Berechnung der Annahmen von HEIDELBERG finden sich im nachfolgend verlinkten Whitepaper.

Quelle: HEIDELBERG – Whitepaper „Elektromobilität für eine erfolgreiche Energiewende“

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Sebastian Henßler

Sebastian Henßler

Sebastian Henßler hat Elektroauto-News.net im Juni 2016 übernommen und veröffentlicht seitdem interessante Nachrichten und Hintergrundberichte rund um die Elektromobilität. Vor allem stehen hierbei batterieelektrische PKW im Fokus, aber auch andere alternative Antriebe werden betrachtet.

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Daniel W.:

Der Kommentar ist „Mein Fazit“ am Ende.

Das Andere sind Infos und Erklärungen zu den Infos, für Diejenigen, die Fakten sehen wollen.

Läubli:

Nichts gegen deine Einträge im Grundsatz, aber eine Frage drängt sich hier auf: Bist du Schriftsteller? …ein Kommentar soll im eigentlichen Sinne kein Buch sein und ein paar Sätze, nicht „Seiten“ enthalten, oder verstehe ich da etwas falsch?

Ich denke, liest deine Einträge hier eigentlich noch jemand ganz durch… also, ich nicht, ich überfliege die Titel (gut, machst du das so) und dann fasse ich ein Bild vom Gesamten… und schreibe – ein paar Sätze. ;)

Frank:

Das hört sich erst mal nach mehr an, wird aber den Primärenergiebedarf senken. Vor allem machen bei den Preisen viele Bürger die Energiewende dadurch „zwangsweise“ mit um ihre Brieftasche zu retten.
Mein Beispiel meiner persönlichen Energiewende: 2019 mit Ölheizung, einem Diesel und einem Benziner haben wir einen Primärenergieverbrauch von 44.420 kW/h gehabt. Nach der Umstellung auf Wärmepumpe, E-Auto und einem Hybrid minus Balkon Solar sind es nur noch 19.950 kW/h pro Jahr.
Ich denke das macht schon einen großen Unterschied. Auch bin ich mir immer nicht sicher, ob man bei diesen Studien berücksichtigt, dass auch wenn Öl und Gas aus dem Ausland kommen, hier ja auch Strom für die Pumpen, das Raffinieren und den Transport benötigt wird.

Jan:

Es ist nicht sinnvoll, Solar und Wind wahllos gegeneinander zu substituieren. Dann bekommt man an diversen Tagen viel zu viel Strom, an anderen ist 10×0 immer noch 0. Windenergie hat einen viel besseren ökologischen Fußabdruck. Mini-Solaranlagen, die ggf. noch ungünstig platziert sind, verbrauchen relativ zum Ertrag viele Rohstoffe. Es macht also nur ein sinnvoller Mix aus Wind und Solar Sinn. Und die 55 Windräder pro Kreis sind nur ein Durchschnitt. Wind weht stark im Norden, die Sonne scheint stärker im Süden. Wenn die Zahlen stimmen, wären es also eher 200 Windräder in einigen Kreisen, 0 in anderen.

Daniel W.:

Nachtrag:

1) Sammlung von Infos und Zwischenrechnungen: (Zusammenfassung am Ende des Kommentars)

Im Jahr 2021** wurden in Deutschland rund 117,3 Terawattstunden Strom aus Windkraftanlagen erzeugt.

(Quelle:de.statista.com)

4,12 TWh Zuwachs an Ökostrom pro Jahr für E-Autos x 30 Jahre = 123,6 TWh mehr Strom, d.h. für 48,5 Mio. E-Autos im Jahre 2050 müssten wir lediglich die Zahl der Windkraftanlagen in etwa verdoppeln.

Endenergieverbrauch der privaten Haushalte

Private Haushalte verbrauchten im Jahr 2018 ca. 644 Terawattstunden (TWh) Energie, das sind 644 Milliarden Kilowattstunden (Mrd. kWh) oder 2.320 Petajoule (PJ). Dies entsprach einem Anteil von gut einem Viertel am gesamten ⁠Endenergieverbrauch⁠.

Die privaten Haushalte benötigen mehr als zwei Drittel ihres Endenergieverbrauchs, um Räume zu heizen

(Quelle: umweltbundesamt.de)

Rund 650 TWh Endenergie privater Haushalte, davon geschätzt (mehr als 2/3) 450 TWh zum Heizen – mit Wärmepumpe (JAZ 4) also geschätzt etwa 120 TWH als Strom plus 200 TWh an Haushaltstrom für Licht, Fernseher, Küchengeräte usw., das macht dann 320 TWh plus E-Autos ca. 125 TWh, das macht dann insgesamt einen (Öko-) Strombedarf der privaten Haushalte von geschätzt rund 445 TWh.

Im Jahr 2020 hat die Industrie in Deutschland 3 747 Petajoule Energie verbraucht. Das waren 1,9 % weniger als 2019. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) weiter mitteilt, wurde mit 88 % der Großteil davon energetisch eingesetzt, also zum Beispiel für die Strom- und Wärmeerzeugung.

(Quelle: destatis.de)

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Der gesamte Primärenergiebedarf Deutschlands betrug im Jahr 2019 nach dem Inländerkonzept rund 13.067.364 Terajoule (TJ).

(Quelle: umweltbundesamt.de)

——————————–

13 067 364 Terajoule [TJ] =   3 629,823 333 333 3 Terawattstunde [TWh]

(Quelle: einheiten-umrechnen.de)

3630 TWh Endenergie in Deutschland pro Jahr alles zusammen minus 644 TWH private Haushalte minus 1041 TWh Industrie, dann bleiben 1945 TWh, darin ist auch die Energie in Rohstoffen enthalten, die nicht für Wärme oder Strom benutzt werden.

Zusammenfassung und Anmerkungen:

Private Haushalte (4-fache Anzahl der heutigen Windräder erforderlich, siehe auch Text unten)

E-Autos, Haushaltsstrom und Wärmepumpenheizungen bis 2050 geschätzt 445 TWh, also ist etwa die 4-fache Anzahl der heutigen Windräder erforderlich, dazu neben den Speichern in den Haushalten und E-Autos auch größere Batterie- und Wasserstoffspeicher für die Dunkelflaute.

Gewerbe (keine Aufschlüsselung und Berechnung, wäre etwas für Universitäten)

Für Gewerbetreibende (Handel, Handwerk, kleinere Industriebetriebe usw.) und Freiberuflicher (Ärzte, Architekten usw.) habe ich jetzt keine Aufschlüsselung gemacht, da aus der gesamten Endenergie noch die Rohstoffe abgezogen und Strom sowie Wärmeenergie getrennt getrennt berechnet werden müssten, um die Reduzierung des Energiebedarf durch Wärmepumpen zu berücksichtigen.

Großverbraucher (angeblich billige Energie aus dem Ausland, keine Berechnung)

Die Industrie, Airlines und Reedereien wollen ihre Energie- und Rohstoffe ja angeblich „billig“ im Ausland produzieren lassen, deshalb mache ich hierzu keine Berechnungen.

Mein Fazit:

Der Energiebedarf in Deutschland für Privathaushalte, Handel, Dienstleistungen und kleinere Industriebetriebe lässt sich im eigenen Land vollständig erzeugen, wenn die Energiewende richtig umgesetzt wird und der Ausbau von PV- und Windkraftanlagen sowie Speichern für Dunkelflauten zügig voran geht.

Wie die Großverbraucher an ihre Energie- und Rohstoffe kommen ist mir herzlich egal. Ich würde vorschlagen, dass sie ihre energiehungrigen Industrien auch im Ausland ansiedeln, was sie früher oder später sowieso aus Renditegründen machen werden, und nur die Endprodukte per Schiff transportieren.

Daniel W.:

„Wenn der deutsche Pkw-Bestand über einen Zeitraum von 30 Jahren vollständig auf Elektromobilität umgestellt wird, steigt die Zahl der Elektrofahrzeuge hierzulande jährlich um rund 1,6 Millionen Pkw“, so Dr. Ludwin Monz, Vorstandsvorsitzender von HEIDELBERG. In absoluten Zahlen ordnet er es so ein, dass der Strombedarf laut eigener Modellrechnung um etwa 4,12 Terrawattstunden pro Jahr zunehmen wird.

4,12 TWh Zuwachs an Ökostrom pro Jahr für E-Autos – und wie ist ganz allgemein mit den Klimazielen?

Wie viele Windkraftanlagen gibt es in Deutschland und wie viel Strom produzieren sie?

2000 – so viele neue Windkraftanlagen müssen in Deutschland jedes Jahr gebaut werden, um die angestrebten Klimaziele bis zum Jahr 2030 zu erreichen. 30.000 Onshore-Windräder drehen sich bislang schon hierzulande. Das bedeutet also, dass mindestens halb so viele noch dazukommen werden – und das in den nächsten 8 Jahren.

(Quelle: enbw.com)

2.000 Windkraftanlagen pro Jahr – es gibt 294 Landkreise (ohne Stadtkreise) in Deutschland, also 6,8 Windräder pro Landkreis und Jahr – das wären in 8 Jahren rund 55 Windräder pro Landkreis.

Einen Teil der Windräder könnte man auch durch den Ausbau der PV-Anlagen auf Gebäuden ersetzen, falls einigen Leuten die Zahl der Windräder zu groß wäre – also mehr Windräder, mehr PV oder beides.

Neben Dächern lassen sich auch Fassaden mit PV-Anlagen bestücken, was gerade im Winter bei tiefstehender Sonne noch viel Ökostrom bringen dürfte. Auch die vielen Karosserien der Fahrzeuge sollte dabei nicht vergessen werden, zusammen eine große Fläche nach dem Motto: Kleinvieh macht auch Mist.

Der Knackpunkt sind die lobbygesteuerten Blockaden, die die Energewende bisher massiv behindern.

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