Potential der Dienstwagenbesteuerung beim Wechsel zur E-Mobilität

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Dienstwagen mit Verbrennermotor sollen künftig höher versteuert werden, um eine Wende hin zur Elektro-Mobilität zu begünstigen. Während Umweltverbände diese Maßnahme begrüßen würden, ziert sich die Bundesregierung weiterhin um eine Entscheidung. Was die betroffenen Unternehmen interessiert, ist die monetäre Auswirkung einer Steuererhöhung und die Praktikabilität eines Wechsels hin zu elektronisch betriebenen Flotten.

Um gegen den Klimawandel anzukämpfen, braucht es eine Mobilitätswende. Dazu gehört neben dem Ausbau des öffentlichen Personenverkehrs auch der großflächige Wechsel vom Verbrenner- zum E-Antrieb, um Emissionen zu senken. Als Anreiz für diesen Wechsel wird seit einiger Zeit eine Erhöhung der Dienstwagensteuer diskutiert. Denn: Laut Statista machen Firmenwagen in Deutschland etwa zehn Prozent der zugelassenen PKW aus. So waren Anfang 2022 5,2 Millionen Fahrzeuge als Dienstwagen angemeldet. Unsere Daten* zeigen, dass aktuell circa 95 Prozent der Dienstwagen Verbrenner sind. Unternehmensflotten bieten also enormes Potential, Vorreiter der Elektrifizierung und damit Mobilitätswende zu werden.

Aktuell profitieren Dienstwagenfahrende von steuerlichen Vorteilen, egal mit welchem Antrieb ihr Auto fährt. Arbeitnehmende, die einen Verbrenner fahren, müssen ihr Fahrzeug mit einem Prozent des Listenpreises versteuern. Arbeitnehmende, die ein E-Auto fahren, müssen dieses mit höchstens 0,5 Prozent des Listenpreises versteuern. Zwar ist es somit steuerlich jetzt schon von Vorteil, einen elektrisch betriebenen Dienstwagen zu fahren. Doch die Steuer für Verbrenner ist weiterhin günstig. Auch deshalb werden sie nach wie vor gerne gefahren. Umweltverbände und -Experten bezeichnen die aktuelle Dienstwagenbesteuerung für Verbrenner als umweltschädliche Subvention. Um den Anreiz für den Kauf von Verbrenner-Dienstwagen in der Zukunft zu verkleinern, sollen diese zukünftig höher, mit 1,5 Prozent, versteuert werden. Doch wie sähe diese Theorie in der Praxis aus? 

Was wäre, wenn Verbrenner-Dienstwagen künftig höher versteuert würden?

Wer mit dem Dienstwagen auch private Fahrten unternimmt, muss ein Fahrtenbuch führen oder diese pauschal mit einem Prozent versteuern. Genauer gesagt, den daraus entstandenen geldwerten Vorteil. Was eine Erhöhung der Dienstwagensteuer auf 1,5 Prozent monetär bedeuten würde, lässt sich anhand unserer über 115.000 Datensätze* exemplarisch berechnen und in drei Preissegmenten beispielhaft veranschaulichen:

 Annahmen zur Berechnung im Kasten unten.

Eine Steuererhöhung würde einen prozentualen Anstieg der Dienstwagensteuer um 34 Prozent bedeuten. Damit liegt der monetäre Unterschied im niedrigen Preissegment bei etwa 422 Euro, bei Dienstwagen im hohen Segment bei 4.049 Euro.

Was wäre, wenn: E-Autos künftig häufiger als Dienstwagen verwendet würden?

Die Versteuerung von Elektroautos ist um einiges niedriger: E-Autos mit einem Listenpreis unter 60.000 Euro werden mit 0,25 Prozent versteuert, über 60.000 Euro mit 0,5 Prozent. Dennoch ist der Anteil elektronisch betriebener Firmenwagen immer noch relativ gering. Vimcar-Daten zeigen zwar, dass dieser in den vergangenen zwei Jahren von 0,4 auf 1,67 Prozent angestiegen ist, dennoch sind Unternehmensflotten weit von einer Elektrifizierung entfernt. Dabei bieten E-Fahrzeuge für Arbeitnehmende schon alleine in der Versteuerung finanzielle Anreize.

Unsere Berechnungen zeigen, dass eine Versteuerung um 1,5 Prozent bei Verbrennerfahrzeugen im Vergleich zu einem gleich bepreisten E-Fahrzeug eine Kostenerhöhung um das vier- bis sechsfache bedeuten würde. Auch hier ist der Kostenunterschied besonders bei hochpreisigen Fahrzeugen mit knapp 12.000 Euro am größten. Jedoch sind die Kosten nicht der einzige Beweggrund für einen Wechsel zur Elektromobilität. Er muss auch praktikabel sein.

Potenziale nutzen

Für Unternehmen bedeutet die Verwaltung ihrer Flotte logistischen Aufwand. So auch die Elektrifizierung dieser. Deshalb gaben 49 Prozent der Fuhrparkverantwortlichen in einer Vimcar-Umfrage an, dass die Elektrifizierung der Flotte zu den größten Herausforderungen gehört, die sie in den nächsten Jahren erwarten. Ausschlaggebender Punkt für den Umstieg auf Elektromobilität ist letztendlich die Umsetzungsmöglichkeit. Dafür müssen folgende Fragen geklärt werden: Stehen genug Lademöglichkeiten zur Verfügung? Sind die Reichweiten der Fahrzeuge (berufs-)alltagstauglich? Wie wird die Abrechnung der Ladevorgänge geregelt? 

Die gute Nachricht ist: Für 90 Prozent der Fahrzeuge wäre es theoretisch problemlos möglich, auf Elektroantrieb umzustellen. Das bedeutet, dass die täglich zurückgelegte Gesamtdistanz an 90 Prozent aller Tage weniger als 300 km beträgt. Die durchschnittlich zurückgelegte Strecke einer Fahrt beträgt bei Vimcar-Kunden 26,76 Kilometer. Bei diesem Wert stellen Reichweite und rechtzeitiges Laden theoretisch kein Problem dar. Auch eine Abrechnung der Ladevorgänge lässt sich durch den Einsatz von Telematik-Software einfach umsetzen. Diese hilft im Allgemeinen bei der Optimierung administrativer Abläufe und kann somit bei der Umsetzung der Elektrifizierung unterstützen.

Eine Herausforderung stellen weiterhin die Lieferengpässe der Produzenten dar. Hier bleibt bislang die einzige Lösung, die Elektrifizierung der Flotte nach und nach durchzuführen und nicht alle Fahrzeuge auf einmal auszuwechseln. Mit einer schrittweisen Umstellung können sich Unternehmen an die Nutzung von Elektrofahrzeugen gewöhnen – und feststellen, dass sie nicht nur monetär profitieren und ihre Emissionsbilanz verbessern, sondern auch keine Einbußen in der Fahrzeugnutzung haben.

*Über 115.000 Fahrzeuge werden derzeit in Deutschland mit der SaaS-Lösung von Vimcar verwaltet und deren Datensätze ausgewertet.

Annahmen und Formel, die zur Berechnung verwendet wurden; hierfür werden zuerst folgende Annahmen festgelegt:

● Der Kaufpreis entspricht dem Listenpreis
● Der Weg zur Arbeit beträgt 15 km (Durchschnittswert aus Vimcar Daten)
● Die Abgaben liegen bei 45 Prozent

Formel zur Berechnung des geldwerten Vorteils: (1% x Listenpreis + 0,03% x Arbeitsweg x Listenpreis) x 12

Über den Autor

Andreas Schneider ist Mitgründer und Geschäftsführer von Vimcar. Die Idee für Vimcar hatte er, als er 2012 bei einem Audi-Forschungsprojekt die Chance für eine herstellerübergreifende Connected-Car-Lösung erkannte. Angefangen mit einem elektronischen Fahrtenbuch, setzt das Berliner Unternehmen mit 200 Mitarbeitenden heute auf kombinierbare Softwarebausteine, die Unternehmen, wie Allianz, Zalando und Hertha BSC sowie Selbständige und Freiberufler, für ihre Fuhrparkverwaltung in über 115.000 Fahrzeugen nutzen.

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MMM:

Die Besteuerung muss schon im Sinne der Belastung des allgemeinen Steuerzahlers, der dieses Modell finanziert, angehoben werden – für alle Antriebe.
Aktuell wäre ich für eine Regelung, welche die Steuern für neue
Verbrenner/Microhybride/PHEV unter 70 km WLTP auf 1,5%
PHEV ab 71 km auf 1,0% (die Grenze kann man später anheben auf min. 100 km),
BEV auf 0,5 % anhebt.

Die Verbrenner und die PHEV könnte man ca. 2026/27 (als Übergangsfrist) um weitere 0,5% (dann 2,0 bzw. 1,5), BEV um 0,25% (dann 0,75) anheben.
BEV wären damit noch bezahlbar, aber die Stimmung würde sich in Richtung kleinerer Fahrzeuge verschieben und die Hersteller gezwungen, in diesem Bereich mehr anzubieten. Auf Verbrenner hätte man in 5/6 Jahren keine Lust mehr.

Carsten:

Was passiert denn mit Bestandsverträgen? Mein Verbrenner Dienstwagen kommt erst noch, ich warte seit über 14 Monaten auf Auslieferung. Dann läuft das Leasing 4 Jahre. Wenn ich 1,5% versteuern müsste, hätte ich das nie gemacht. Selbst bei 1% musste ich es mir 10x überlegen, der Vorteil gegenüber einem privat angeschafften guten Gebrauchten ist jetzt schon nicht gegeben. E-Fahrzeug ist für mich leider keine Option, Zuhause keine Lademöglichkeit, Vermieter will auch keine schaffen. Auf der Arbeit nur eine Ladesäulen für 400 Mitarbeiter. Bei jeder Benutzung ist ein Formular auszufüllen.

Arno:

Man muss dem ganzen auch etwas Zeit geben. Aus eigener Erfahrung werde ich nun auch von einem Verbrenner zu einem E-Auto wechseln. Die Besteuerung von 0,25% ist hier der ausschlaggebende Punkt. Bedeutet für mich im guten mittleren Segment dann doch knapp 3.000€ mehr auf dem Konto im Jahr.
Allerdings mit Leasing Laufzeiten von 3,5 Jahren und Lieferzeiten von fast einem Jahr ist die Umstellung auch nicht in einem oder zwei Jahren durch und bedarf etwas Planung.
Die pauschale monatliche Abrechnung der Ladekosten ist für die meisten wahrscheinlich die praktikabelste Lösung.
Wenn jetzt noch die Besteuerung von 1,5% auf Verbrenner kommt, muss man schon ein ziemlich harter Fan von Verbrennern sein oder eine sehr ungünstige Pendelstrecke haben. Für mich war der Unterschied von 0,25% zu 1% schon ausreichend.

Peter Bigge von Berlin:

Eine begrüßenswert Regelung.
Insbesondere soll ja das Verbrenneraus nicht für Luxusfahrzeughersteller mit bis 10000 Fahrzeugen gelten, welches wieder eine weltliche Idiotie darstellt.

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