Der Cupra Tavascan ist das erste spanische Auto, das aus China auf die iberische Halbinsel rollt. Wir haben mit dem Elektroauto einen Roadtrip von Barcelona nach Lissabon gemacht. Im Hafen von Barcelona setzt der Cupra Tavascan erstmals seine breiten 21-Zoll-Schlappen auf europäisches Land und wird wie von Zauberhand Spanier – unterwegs auf dem Elektrobaukasten des VW-Konzerns.
Die Reise des Tavascan begann vor knapp sieben Wochen im Hafen in Shanghai, von wo aus es vom Joint-Venture-Werk Volkswagen Anhui auf dem Seeweg nach Barcelona ging, um auf die südeuropäischen Märkte verteilt zu werden. Nach der kurzen Inspektion startet der Zwillingsbruder des VW ID.Unyx auf seine Tour über Städte wie Zaragoza, Madrid, Mérida und Estremoz durch ganz Iberien ins portugiesische Lissabon – knapp 1300 Kilometer entfernt.
Cupra wirbt mit einer elektrischen Reichweite von 520 km für den allradgetriebenen Tavascan VZ mit seinen 250 kW / 340 PS, doch die Realität sollte einen eher mit 450 km kalkulieren lassen. Nach einem kurzen Fotostopp geht es auf den Weg ins Stadtzentrum von Barcelona. Es ist voll und lebendig, bevor es am Fuße des Montserrat engagiert und sportlich über Bergstraßen Richtung Zaragoza geht. Das jüngst aufgefrischte Navigationsgerät mit Zwischenziel Madrid zeigt zwei notwendige Stopps an; einen auf der Autobahn vor Zaragoza und den zweiten in der Hauptstadt. Der Fahrer muss sich nicht um die Suche nach Ladestationen kümmern, denn die Software schlägt die Ladepunkte vor und zeigt an, wie hoch der Ladezustand bei Ankunft sein wird und ob der Stecker belegt ist.
Doch es wird in Spanien schnell deutlich, dass es nicht allein das dünne Ladestationsnetz an sich ist, sondern insbesondere das Tempo der Ladepunkte selbst. Der anvisierte Schnelllader mit Monegros Este mit 180 kW zeigte belegt an, war aber noch gar nicht in Betrieb. Denn Säulen und Kabel waren noch in Folie gewickelt. An dieser Station warnte eine Mitarbeiterin, dass „es auf der AP-II-Autobahn vor Zaragoza keine Ladestationen gibt“.
Sie sollte Recht behalten und so galt es auf Nebenstraßen und in den Pueblos am Rande der Autobahn nach ihnen zu suchen. Ich fuhr an einigen vorbei, die die Cupra-Software als Grau ohne Informationen anzeigte und wurde erst in der Stadt Quinto de Ebro fündig: betriebsbereit mit zwei freien Ladern. Ein Lichtblick am Ende der Welt. 40 Kilometer später die verdiente Pause in Zaragoza, wo Fahrer und Cupra in einem Hotel übernachten, das mit einem 11-kW-Wechselstrom-Lader für einen gefüllten Akku sorgte.
Die Bordelektronik verspricht am zweiten Tag eine ladefreie Fahrt nach Madrid, da die 460 Kilometer Reichweite die 340 Kilometer Entfernung locker schlucken sollten. Der kurze Zwischenstopp an einem Ionity-Lader als elektrische Oase in der spanischen Wüste bringt Sicherheit und zusätzliche Reichweite. Nebenan lädt ein Ford Mustang Mach-E: „Das ist die einzige Ionity-Station zwischen Zaragoza und Madrid; deshalb komme ich immer hierher“, erklärt der Fahrer fast resigniert, während wir beide warten, bis sich die Akkuanzeigen nach oben drücken.
Der Tavascan macht Laune
Der Tavascan macht Laune, denn insbesondere auf Landstraßen ist das Kurvenverhalten gut, denn die Karosserie neigt kaum zur Querbewegung. Wer viel auf unebenen Straßen unterwegs ist, sollte jedoch einen Bogen um die breiten 21-Zöller machen, die gut aussehen, aber viel Komfort kosten. Die Lenkung ist leichtgängig und überrascht mit wenig Variation zwischen den verschiedenen Fahrmodi. Das Bremspedal hat gerade zu Beginn wenig Biss, aber die Schaltwippen sorgen für Fahrspaß in diesem sportlichen Crossover, der bis zu 180 km/h schnell ist.
Die Hoffnung auf ein perfektes Foto vor dem neuen Santiago Bernabéu-Stadion in Madrid schwand, als die Wolken am Horizont immer dunkler wurden. Die erste Hälfte der Reise war geschafft, aber um Pannen zu vermeiden, empfahl das Navigationsgerät des Tavascan einen Zwischenstopp kurz hinter der spanischen Hauptstadt. Die Ladestation in Wenea hatte eine Leistung von 180 kW (die Hälfte der 350 kW des Ionity), aber sie war immer noch eine der leistungsstärksten in der Umgebung. Der Fahrer aß ebenso wie der Tavascan zu Mittag: Bitoque sowie 62 kWh Strom.
Den zuverlässigen Empfehlungen der Software folgend, machte ich einen weiteren 27-minütigen Zwischenstopp, nur um etwa eine Stunde und 14 Minuten später in der Gegend von Cazalegas/Toledo in der Nähe von Castelo Branco wieder Kraft zu tanken. Diesmal waren es nur 14 kWh, was den Ladezustand von 79 auf üppige 97 Prozent brachte und eine Erhöhung der Reichweite von 300 auf 374 km bedeutete. Mérida ist eine römische Stadt, die mehr als nur einen kurzen Besuch wert ist. Die Hauptstadt der Extremadura wurde 25 v. Chr. von Kaiser Octavius Augustus als Ruhestätte und Preis für die Legionäre der römischen Truppen gegründet, die in den Kriegen des Reiches verdienstvolle Taten vollbracht hatten.
Bevor ich dem Cupra die ehemaligen Wahrzeichen der Stadt zeigte, lud ich ihn an einer Ionity-Station auf, wo ich die Gelegenheit nutzte, 44 Minuten lang E-Mails zu schreiben, was dazu diente, den Ladezustand von 22 auf 95 Prozent (62 kWh) zu erhöhen, was für 350 Kilometer Autobahnfahrt ausreichen sollte.
Das Erste, was einem bei der Einreise nach Portugal auffällt, ist, dass die Ladeinfrastruktur besser ausgebaut ist, sogar auf den Autobahnen: Auf den Schildern von Raststätten steht oft ein Hinweis auf eine Ladestation für Elektroautos – anders als in Spanien. Ionity hat an der Raststätte Estremoz eine Station installiert, die Reichweite bringt – modern und hell erleuchtet. Am Ende der 1280 Kilometer, die der Tavascan von Barcelona nach Lissabon zurückgelegt hat, lag der Durchschnittsverbrauch bei 23,3 kWh auf 100 Kilometern, wobei er zwischen 20 kWh in der Stadt und 25 kWh auf der Autobahn bei lockerer Reisegeschwindigkeit schwankte. Dieser Wert liegt deutlich über den offiziellen Angaben von Cupra (16,5 kWh / 100 km), was nicht allein durch den hohen Autobahnanteil zu erklären ist.
Für lange Fahrten sind 400 Kilometer bei vollem Akkupaket die realistische Grenze. Das ärgert umso mehr, weil die maximalen Ladegeschwindigkeiten mit 11 kW (AC) und 135 kW (DC) im Konkurrenzumfeld überschaubar sind. Wer auf der Langstrecke unterwegs, für die ist der Cupra Tavascan VZ aktuell teurer als Benziner und speziell der Diesel, denn die Schnelllader gehen ins Geld. Das gilt auch für den fast 70.000 Euro teuren Cupra Tavascan, der viel Dynamik und Platz im Innern bietet, jedoch mit Detailfehlern wie fehlenden Verkleidungen in den hinteren Türtaschen und wenig funktionalen Türgriffe nervt. Der coole Auftritt ist jedoch sicher.