Betrachtung: China vs. Europa – zwischen Show und Stil

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Sebastian Henßler
Sebastian Henßler
  —  Lesedauer 4 min

In der aktuellen Podcast-Folge habe ich mich mit Robert Gold unterhalten, Head of Procurement & Remarketing bei der Choice AG. Robert hat zu Beginn erklärt, dass Choice kein typischer Mobilitätsdienstleister sei, sondern als Enabler fungiere, der Mobilitätsanbieter am Markt unterstützt. Es war bereits unser zweites Gespräch im Podcast – diesmal mit einem spannenden Update zur Elektrifizierungsstrategie von Choice und einem besonderen Blick auf den chinesischen Automarkt. Denn Robert war Anfang des Jahres auf Einladung von BYD in China unterwegs, um vor Ort Eindrücke zu sammeln und potenzielle Partnerschaften weiter zu vertiefen.

BYD ist längst mehr als nur ein aufgehender Stern im E-Auto-Markt – für Choice ist der Hersteller inzwischen ein strategischer Partner. Bereits seit knapp zwei Jahren arbeiten die beiden Unternehmen zusammen – seit vergangenem Jahr ein wenig enger. Die Reise führte Robert in den Großraum Hongkong und Shanghai, inklusive eines Besuchs auf der Auto Shanghai – eine Bühne, die kaum kontrastreicher zur IAA oder anderen europäischen Messen sein könnte. „Alles war laut, bunt, gamifiziert – bei einer Fahrzeugpräsentation wussten wir Europäer erstmal gar nicht, was da gerade passiert“, erzählt Robert über eine auffällige BYD-Show in Kooperation mit einem Spielehersteller.

Diese Inszenierungen spiegeln wider, wie stark chinesische Hersteller auf emotional aufgeladene, digitale Erlebnisse setzen. Features wie Karaoke-Systeme oder kreative Lichtinszenierungen im Innenraum gehören dort zum Standard – in Europa sind sie höchstens ein „nice to have“. Die deutschen Hersteller hingegen wirken mit ihren ruhigen, konservativen Auftritten fast schon blass. Zwar ist das Interesse an deutschen Autos in China laut Robert „nach wie vor erstaunlich hoch“, doch ein echter Kulturwandel bleibt bislang aus. „Man muss sich entscheiden: Passt man sich dem Markt an – oder bleibt man bewusst europäisch?“

BYD zeigt, wie es gehen könnte – mit Modellen, die auf europäische Bedürfnisse zugeschnitten sind. Der neue BYD Dolphin Surf, der bereits im Juni auf den deutschen Markt kommt, ist so ein Beispiel: solide Verarbeitung, konkurrenzfähige Reichweite, sehr attraktiver Einstiegspreis. „Für ein Auto dieser Klasse ist das eine echte Ansage“, meint Robert. Während sich viele europäische Hersteller aus dem Kleinwagensegment zurückziehen, drängen chinesische Marken gezielt hinein – mit Tempo und Konsequenz. Und auch wenn der Dolphin Surf wohl eher für Lieferdienste oder Pflegedienste spannend ist, sieht Robert durchaus Nachfragepotenzial in der Flotte: „Wenn man’s richtig macht, kann das ein Erfolgsmodell werden.“

Auch bei Choice selbst tut sich einiges. Der Anteil vollelektrischer Fahrzeuge im B2B-Segment liegt aktuell bei stolzen 35 Prozent – fast doppelt so hoch wie im bundesweiten Schnitt laut KBA. „Wir haben unser vollelektrisches Einkaufsvolumen dieses Jahr etwa verdreifacht“, erklärt Robert. Das gelingt nicht nur mit BYD, sondern auch mit Herstellern wie Audi, BMW oder dem Volkswagen-Konzern, mit dem Choice kürzlich ein größeres Kontingent an ID-Modellen vereinbart hat – darunter auch Modelle mit längerer Laufzeit von bis zu zwölf Monaten.

Besonders spannend finde ich die Dynamik im System: Autos, die ursprünglich für Großkunden eingeplant waren, landen plötzlich bei Autovermietern – weil die Nachfrage da ist. „Mehr Angebot steigert die Nachfrage – das sehen wir ganz klar“, sagt Robert. Klar ist aber auch: Niemand erwartet, dass in den nächsten zwei Jahren 80 Prozent der Flotte elektrisch fahren. Aber wenn sich der Anteil bei rund 35 Prozent einpendelt, ist das schon ein starkes Zeichen für die Richtung, in die sich der Markt bewegt. Ein spannender Einblick also in zwei Welten – China und Europa – und ein gutes Beispiel dafür, wie wichtig es ist, Märkte zu verstehen, statt sie nur zu bedienen. Ich freue mich jetzt schon auf unser drittes Gespräch. Und jetzt genug der Vorrede – hör direkt rein in das Gespräch mit Robert Gold.

Gerne kannst du mir Fragen zur E-Mobilität per Mail zukommen lassen, die dich im Alltag beschäftigen. Die Antwort darauf könnte auch für andere Hörer des Podcasts von Interesse sein. Wie immer gilt: Über Kritik, Kommentare und Co. freue ich mich natürlich. Also gerne melden, auch für etwaige Themenvorschläge. Und über eine positive Bewertung beim Podcast-Anbieter deiner Wahl freue ich mich natürlich auch sehr! Danke.

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Sebastian Henßler

Sebastian Henßler

Sebastian Henßler hat Elektroauto-News.net im Juni 2016 übernommen und veröffentlicht seitdem interessante Nachrichten und Hintergrundberichte rund um die Elektromobilität. Vor allem stehen hierbei batterieelektrische PKW im Fokus, aber auch andere alternative Antriebe werden betrachtet.

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Groß:

Die Überheblichkeit bezüglich der Autos ist in Europa erschreckend.
Kommt mal von eueren hohen Ross herunter und öffnet die Augen.
Gerade erst musste Indien dies schmerzlich erfahren wie weit China mittlerweile technisch und IT-mäßig anfängt anderen Ländern überlegen zu werden.
Europa öffne Deine Augen.

Matze:

Tatsächlich würde ich mir niemals einen ID3 kaufen. Der ist komplett unattraktiv! Und viel zu teuer! Der Dolphin ist viel interessanter.

Dalan:

Das sind doch alles Eigenzulassungen oder irgendwelche Mietwagenfirmen wie Finn mit 5000 Bestellungen. Sixt hat bei BYD den Stecker wegen hoher Kosten, fehlenden Ersatzteile und Co storniert ubd beendet.

Welcher private Käufer kauft sich einen BYD für 40K? Niemand.

MALL:

Ja genau sieht man ja am Wachstum von BYD in Europa…

Dalan:

BYD Dolphin Surf kostet in Europa ab 20000 Euro. In China wurde vorletzte Woche der Preis auf rund 6700 Euro gesenkt. Die chinesischen Autohersteller wollen weltweit exportieren, damit sie die Verluste aus dem Heimatmarkt ausgleichen können. Leider wird in Eueopa niemand chinesischen Newcomer für 40K Euro wie Ora kaufen, wenn er für 29K Euro einen ID3 von VW bekommt.

Dalan:

Die Megafuaionen aufgrund der massiven Verluste Chinesischer Autohersteller kommt. Nur noch eine Feage von Monaten. Aktuell kämpfen 150 Hersteller mit 350 Marken in China um Kubden und beginnen einen ruinösen Wettkampf der sogar der kommunistischen Partei unheimlich wird. Letzte Woche Baufirma morgen Elektroauto Bauer. Das Desaster um Hersteller wie Evergrande, Hiphi oder Aiways spricht Bände.

Megafusion von Changan und Dongfeng abgesagt.

https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/auto-verkehr/changan-und-dongfeng-china-sagt-riesige-autofusion-ab-110522892.html

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