Die deutsche Automobilbranche erlebt derzeit eine Phase, in der die Zahl der Beschäftigten deutlich sinkt und zentrale Unternehmen ihre Personalplanung neu ausrichten. Nach aktuellen Daten des Statistischen Bundesamts befanden sich Ende September 721.400 Menschen in diesem Industriezweig in Arbeit. Damit fiel die Beschäftigung auf ein Niveau, das zuletzt 2011 erreicht worden war, wie Automotive News Europe berichtet. Die Entwicklung markiert einen Einschnitt, der sich bereits im vergangenen Jahr abgezeichnet hatte und nun mit einer deutlichen Beschleunigung sichtbar wird.
Innerhalb von zwölf Monaten verloren mehr als 48.700 Beschäftigte ihren Arbeitsplatz. Dieser Rückgang entspricht einem Minus von 6,3 Prozent und stellt den stärksten Einbruch unter den großen Industriezweigen mit mehr als 200.000 Mitarbeitenden dar. Die Behörde ordnet die Zahlen in den gesamtwirtschaftlichen Kontext ein: In der verarbeitenden Industrie insgesamt lag die Beschäftigung Ende September bei rund 5,43 Millionen Menschen, etwa 120.300 weniger als im Vorjahr. Das entspricht einem Rückgang von 2,2 Prozent und zeigt, dass die Entwicklung in der Autobranche deutlich ausgeprägter verläuft.
Volkswagen trägt maßgeblich zum Stellenabbau bei
Ein erheblicher Anteil der aktuellen Veränderungen lässt sich auf Maßnahmen im Volkswagen-Konzern zurückführen. Deutschlands größter Autobauer hat seit Ende 2023 an zehn inländischen Standorten mehr als 11.000 Stellen gestrichen. Das Unternehmen verfolgt das Ziel, bis 2030 insgesamt 35.000 Arbeitsplätze abzubauen. Mehr als 25.000 davon seien bereits vertraglich fixiert. Die Anpassungen sind Teil eines umfassenden Programms, das auf eine straffere Organisation und eine stabilere Kostenstruktur abzielt.
Volkswagen ist jedoch nicht das einzige Unternehmen, das Personal abbaut. Auch Audi, Porsche, Ford und Bosch passen ihre Teams an. In Unternehmenskreisen heißt es, die Gründe reichten von Unsicherheiten über die Auswirkungen höherer Importzölle in den USA bis hin zur wachsenden Konkurrenz durch chinesische Hersteller von Elektroautos. Hinzu kämen Lieferschwierigkeiten im Halbleiterbereich, die sich zuletzt durch einen Konflikt um den Chipproduzenten Nexperia verschärft hätten. Diese Mischung aus strukturellem Wandel, geopolitischem Druck und anhaltenden Engpässen prägt die Strategien vieler Unternehmen.
Die wirtschaftliche Lage zeigt sich nach Einschätzung von Expert:innen auch in den Beschäftigungszahlen. „Die anhaltende Rezession in der Industrie spiegelt sich deutlich in der Entwicklung am Arbeitsmarkt wider“, erklärte Cyrus de la Rubia, Chefökonom der Hamburg Commercial Bank. Er verweist darauf, dass die Branche in mehreren Dimensionen unter Anpassungsdruck steht, während gleichzeitig Investitionen in neue Technologien und Produktionsumstellungen hohe Kosten verursachen.
Autoindustrie bleibt weiterhin zentraler Wirtschaftszweig
Trotz des Rückgangs der Beschäftigten bleibt die Autobranche ein zentraler Wirtschaftsbereich in Deutschland. Sie ist weiterhin der zweitgrößte Industriezweig des Landes gemessen an der Zahl der Beschäftigten. Vor ihr steht lediglich der Maschinenbau, der rund 934.200 Mitarbeitende umfasst. Die Bedeutung der Automobilindustrie zeigt sich somit nicht nur in ihrer Größe, sondern auch in den wirtschaftlichen Verflechtungen, die über Zulieferer, Dienstleister und angrenzende Branchen hinausreichen.
Gleichzeitig geben aktuelle Stimmungsindikatoren Hinweise darauf, dass sich die Erwartungshaltung innerhalb der Unternehmen leicht verbessert hat. Das Ifo-Institut meldete für Oktober eine spürbare Erholung des Geschäftsklimas in der Branche. Der entsprechende Index stieg von minus 21,3 Punkten im September auf minus 12,9 Punkte. Die Zahlen deuten darauf hin, dass Unternehmen die Lage etwas weniger pessimistisch bewerten als noch einen Monat zuvor, auch wenn weiterhin Zurückhaltung dominiert.
Quelle: Automotive News Europe – Employment in German auto sector at lowest level in over a decade







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