Wie sehr häufiges Schnellladen E-Auto-Batterien schadet

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Michael Neißendorfer
Michael Neißendorfer
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Das österreichische Start-up Aviloo Battery Diagnostics analysierte den Zusammenhang zwischen der Batteriegesundheit (State-of-Health, SoH) der Antriebsbatterien von Elektroautos und ihrem Schnellladeanteil. Die Auswertung zeige, dass die Batteriegesundheit bei Fahrzeugen mit einer Laufleistung von 180.000 bis 200.000 Kilometern in Abhängigkeit zu ihrem Schnellladeanteil im Schnitt um rund 17 Prozentpunkte stärker abnimmt, als dies bei Fahrzeugen ohne Schnellladeanteil der Fall ist, so das Unternehmen in einer aktuellen Mitteilung.

Um diese Korrelation auch bei Fahrzeugen mit geringerer Laufleistung zu untersuchen, hat das Aviloo-Team eine weitere Stichprobe von Fahrzeugen mit einer Laufleistung von 80.000 bis 100.000 km genommen. Die Ergebnisse zeigen, dass bei hohem Schnellladeanteil schon bei relativ niedrigen Laufleistungen die Gesundheit der Batterie um durchschnittlich rund 7,5 Prozentpunkte stärker abnimmt, als dies bei Fahrzeugen ohne Schnellladeanteil der Fall ist.

E-Auto-Batterie-Schnellladen-Degradation
Aviloo

Die beiden Analysen bestätigen eine bedeutende Tendenz der sinkenden Batteriegesundheit mit zunehmender Laufleistung und höherem Schnellladeanteil. Eine permanente Schnellladung bedeutet konkret, dass eine Verdoppelung der Laufleistung eine Verdoppelung der Degradation zur Folge haben kann, so Aviloo. Werde ein Fahrzeug ausschließlich schnell geladen, so betrage die durch diese Schnellladungen zusätzlich hervorgerufene Alterung nach 100.000 km etwa 7,5 Prozent, während sie nach 200.000 km schon bei 17 Prozent liege.

„Es freut uns sehr, dass wir mit unserer Technologie Klarheit über den Batteriezustand schaffen und den Elektroautofahrern damit helfen können. Die erhobenen Daten analysieren wir sorgfältig und verfolgen weiterhin die beobachteten Trends. Da Elektromobilität ein neues Feld ist, gibt es hier noch immer viele offene Fragen. Deswegen ist jegliche Information von großer Bedeutung. Das Schnellladungsphänomen werden wir weiterhin beobachten, um zu sehen, wie sich die Batteriegesundheit in Zukunft verhält. Basierend auf unseren Messungen, Analysen und Beobachtungen, können wir Schnellladung nur dann empfehlen, wenn es wirklich notwendig ist.“ – Nikolaus Mayerhofer, CTO von Aviloo

Im Rahmen der Analyse wurden knapp 160 rein elektrische Fahrzeuge verschiedener Hersteller einbezogen. Alle in die Analyse einbezogenen Fahrzeuge enthalten Systeme fürs Thermomanagement und hatten eine „normale“ Degradation. Das bedeutet, dass die Analyse keine Anomalien umfasse, beispielsweise Fahrzeuge, die einen Zelldefekt aufweisen (in der Grafik 1 die rot markierten Punkte).

Aviloo verfügt laut eigener Aussage über eine der umfangreichsten Datenbanken zum Batteriedegradationsverhalten von mehr als 80 Prozent aller verfügbaren Elektroauto und Plug-in-Hybrid Modelle. Intensive Test-Prozesse, Überwachungen und Datenanalysen seien in den vergangenen drei Jahren durchgeführt worden.

Quelle: Aviloo – Pressemitteilung vom 05.04.2023

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Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer ist E-Mobility-Journalist und hat stets das große Ganze im Blick: Darum schreibt er nicht nur über E-Autos, sondern auch andere Arten fossilfreier Mobilität sowie über Stromnetze, erneuerbare Energien und Nachhaltigkeit im Allgemeinen.

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Dirk:

Rote Punkte? Ich seh keine.
Für Personen mit Farbsehschwäche mal wieder ein Traum. Betrifft immerhin jeden 12. Mann und jede 230. Frau.

MMM:

Das hätte ich gerne genauer gewusst:
Wo gibt es diese Publikation zu lesen, gibt es einen Link?
Was bedeutet „DC“ im Sinne einer Ladeleistung? DC fängt bei 50 kW an, das werden die meisten aber nicht meinen.
Wie groß war der untersuchte Ladehub? Wurden die Batterien (oder eher: die Zellen) von 0-100 geladen oder eher 10-80? Wie lange wurden die unteren / oberen Grenzwerte gehalten, also z.B. auf 100% geladen und dort dann für 10 Std. stehen gelassen?

Das alles hat ja Einfluss auf die Lebensdauer.

Waren die „200.000 km“ nach WLTP? Falls ja, sind das real 160.000, nicht mehr.
Mit max 0,7C 500x 0-100 laden, oder halt 700x mit 10-80 – dass das mit 90% SOH hinkommt, glaube ich gerne.
Aber ein Praxistest wäre das nicht. Die Spreu trennt sich eher nach 1000 Vollzyklen.

Leider helfen Vergleiche mit alten Batterien da nicht weiter. Alt heißt ja nicht „schlecht“, sondern erst einmal „zu teuer für heute“.
Ich hatte erst ein Gespräch mit einem Zellfachmann (Dr. rer. nat.) – die bekannten Ergebnisse kann man schon kippen, wenn man die Zusammensetzung des Elektrolytes ändert. Oder eine andere Membran einsetzt. Das Verhältnis NMC braucht man dafür gar nicht anzufassen, wobei „811“ gar kein Verhältnis ist, sondern das nur rundet – dahinter können sich 10 verschiedene Zellchemien mit unterschiedlichen Eigenschaften verbergen. Das ist wirklich komplex.

Frank:

Für Linienbusse ist dass ein Problem, wenn die Batterie 5% weniger Kapazität hat, schafft der Bus die letzte runde nicht mehr und ein anderer muss diese übernehmen. Bei den PKWs kann man schon beim kaufen ausreichend Reserve berücksichtigen, damit man die Batterie nicht auswechseln muss.

Daniel W.:

Ich bin keine Batterie-Experte, aber ich frage mich, ob man mir „einen Bären aufbinden“ will.

Bei der Grafik „80.000 bis 100.000 km“ sehe ich bis 50% Schnellladeanteil so gut wie keinen Unterschied.

Bei der Grafik „180.000 bis 200.000 km“ sehe ich insgesamt viel zu wenig Punkte und 2 Ausreisser (rote Punkte), die bei nur 3% und 31% Schnellladeanteil nur noch einen SOH von 63% (-37%) und 73% (-27%) haben – insgesamt eine eher fragwürdige Bewertung.

Für mich eine Pressemitteilung für den Papierkorb.

MMM:

Des Weiteren sind die Zyklen die beobachtet werden bei einer Fahrzeuguntersuchung viel zu gering um darauf auf eine gesunde Grundgesamtheit zu schließen die für eine seriöse Aussage wichtig ist.

Das ist sicher ein Punkt, aber schon die hier gezeigten Punktwolken zeigen eine eindeutige Tendenz. Ich wollte es damit auch nicht auf ein % genau ableiten, aber dass Schnellladen der Batteriegesundheit grundsätzlich nicht zuträglich ist, kann man schon erkennen.
Was hier halt nicht berücksichtigt ist, ist der SoC: wie oft wurden Batterien auf 0 gefahren oder auf 100 geladen – und dort möglicherweise über längere Zeit gehalten? Das spielt ja auch in die Lebensdauer mit rein. Das wird man am Schnelllader aber eher selten machen – an der Wallbox schon eher.
Das macht das Bild für den Schnelllader aber noch schlechter.

Einen evtl. Rücklage bzw. Sicherheitsreserve bleibt außen vor. Diese könnte z.B. vom Hersteller bei übermäßiger Degradation freigegeben werden.

Das ist natürlich auch richtig, aber eine Sicherheitsreserve hat ja mit der Degradation erstmal nichts zu tun.
Wenn ich die Degradation um 100 tkm nach hinten schieben kann, kann ich auch die Nutzung der Sicherheitsreserve entsprechend nach hinten schieben und die Gesamtlebensdauer der Batterie erhöhen.
Ziel sollte es sein, mit der Batterie über die gesamte Fahrzeuglebensdauer zu kommen.
Und das ist mit 200 tkm etwas knapp bemessen. Gerade bei größeren Fahrzeugen sind 300 tkm keine Seltenheit. Das werden die wartungsärmeren BEVs noch besser können.

perr171:

Aviloo kann nicht direkt ins BMS Einblick nehmen, sondern arbeitet auch mir den Werten die das Fahrzeug über den Diagnose Port liefert.
 
Des Weiteren sind die Zyklen die beobachtet werden bei einer Fahrzeuguntersuchung viel zu gering um darauf auf eine gesunde Grundgesamtheit zu schließen die für eine seriöse Aussage wichtig ist.
 
Auch wird die Aussage der Degradation nur der Wert angenommen, welcher vom Fahrzeug gesendet wird.
Einen evtl. Rücklage bzw. Sicherheitsreserve bleibt außen vor. Diese könnte z.B. vom Hersteller bei übermäßiger Degradation freigegeben werden.
 
Fazit:
Dieser Test bzw. die Aussagen sind nicht stichhaltig und mit Vorsicht zu genießen.
Eine valide Aussage über die tatsächlichen Degradationen (Alterungsbedingt – und durch DC Laden) kann nur der Hersteller liefern, da dieser nur die nutzbare und tatsächliche Kapazität des Akkus kennt.

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