Volkswagen hat kurz vor Weihnachten einen Zukunftspakt mit der IG Metall und dem Betriebsrat abgeschlossen. Ein zentraler Punkt war die Neustrukturierung der deutschen Standorte, um Kosten deutlich zu reduzieren. Dabei steht eine dauerhafte Verringerung der Produktionskapazitäten um 734.000 Einheiten im Fokus, etwa 25 Prozent. Zudem sollen bis 2030 etwa 35.000 Arbeitsplätze abgebaut werden. Werkschließungen sind im Kompromiss nicht explizit vorgesehen, dennoch ist die Zukunft einiger Standorte ungewiss, wie die Automobilwoche aufgearbeitet hat.
Das Stammwerk in Wolfsburg steht demnach vor erheblichen Veränderungen. Der Golf, lange das Aushängeschild der Marke, wird ab 2027 nur noch in Mexiko produziert. Dort entstehen bereits seit 2014 Modelle für den nordamerikanischen Markt. Für Wolfsburg bedeutet dies den Wegfall zweier Montagelinien. Nach dem Auslauf des Touran bleiben lediglich Tiguan und Tayron übrig. Um die verbliebenen Linien zu füllen, werden der ID.3 und der Cupra Born aus dem Werk Zwickau an den Stammsitz geholt.
Der geplante Stellenabbau betrifft voraussichtlich viele der derzeit fast 70.000 Beschäftigten in Wolfsburg. Er soll über Vorruhestandsregelungen erfolgen. Ab 2029 ist der Bau eines Elektro-Golf auf der neuen SSP-Plattform geplant. Dennoch dürften die Produktionszahlen der Vergangenheit, wie über 800.000 Einheiten in 2015 und 2016, nicht mehr erreicht werden. Künftig könnte die Kapazität bei etwa 400.000 Einheiten liegen.
Das Werk in Emden gilt nach der Vereinbarung als mittelfristig gesichert. Hier entstehen der ID.7 und sein Kombi sowie der ID.4. Trotz guter Nachfrage erreichen diese Modelle nicht die Stückzahlen des ehemaligen VW Passat, der nach Bratislava verlagert wurde. Die Jahresproduktion könnte sich bei rund 150.000 Fahrzeugen stabilisieren. Ob zwei Elektromodelle für die langfristige Auslastung genügen, hängt vom Erfolg des Elektrohochlaufs ab. Sollte dieser ausbleiben, könnte das Werk erneut zur Diskussion stehen.
In Zwickau verbleibt nach der Verlagerung von ID.3 und Cupra Born nur der Audi Q4 e-tron. Dessen Produktionszahlen bleiben begrenzt. 2023 wurden laut Audi-Geschäftsbericht rund 125.400 Einheiten gefertigt. Mit nur einer Montagelinie ist die langfristige Wirtschaftlichkeit des Standorts ungewiss. Zusätzlich belastet, dass Audi auch an den Standorten Ingolstadt und Neckarsulm Kapazitätsprobleme hat. Sollte der Q4 e-tron auslaufen, würde sich die Existenzfrage für Zwickau erneut stellen.
Osnabrück steht vor einem noch größeren Problem. Nach dem Ende der Produktion von Porsche Boxster und Cayman bleibt nur das T-Roc Cabrio übrig, das maximal 20.000 Einheiten pro Jahr erreicht. Ein profitabler Betrieb ist damit kaum möglich. Ein Verkauf der Produktionsstätte scheint die wahrscheinlichste Option. Ob ein chinesischer Wettbewerber oder eine andere Branche den Standort übernimmt, bleibt offen.
Die Gläserne Manufaktur in Dresden endet 2025. Ursprünglich als Prestigeprojekt für den Phaeton gestartet, dient sie seit 2016 für Kleinserien, zuletzt vom ID.3. Alternativkonzepte sind laut Vereinbarung in Arbeit, doch auch ein Verkauf des Standorts ist nicht ausgeschlossen.
Das Werk Hannover, Sitz von Volkswagen Nutzfahrzeuge, bleibt Produktionsstandort für ID.Buzz und Multivan. Trotz Investitionen zur Kostensenkung bleiben Herausforderungen. Der ID.Buzz hat bislang die Erwartungen nicht erfüllt. In Deutschland wurden 2024 nur 4121 Exemplare zugelassen. Der Multivan schneidet besser ab, erreicht aber nicht die Erfolge seiner Vorgänger. Auch in Hannover könnte es langfristig zu Stellenstreichungen kommen.
Quelle: Automobilwoche – VW-Kompromiss: Warum die Standorte keineswegs sicher sind