VDA warnt: Weiterhin schlechte Stimmung im automobilen Mittelstand

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Tobias Stahl
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Die Autoindustrie ächzt weiterhin unter der schwierigen wirtschaftlichen Lage. Auch der deutsche Mittelstand bleibt von den Auswirkungen nicht verschont: Die Investitionstätigkeit im automobilen Mittelstand in Deutschland sei zunehmend gefährdet, warnt nun der herstellernahe Verband der Automobilindustrie (VDA). Demnach wollen 80 Prozent der Unternehmen eigentlich geplante Investitionen in Deutschland verschieben, verlagern oder ganz streichen. Das zeigt eine Umfrage, die der VDA im September unter 158 Automobilzulieferern (Herstellergruppe III) und mittelständisch geprägten Herstellern von Anhängern, Aufbauten und Bussen (Herstellergruppe II) durchgeführt hatte.

Verhaltene Geschäftserwartungen und schlechte Standortbedingungen führen laut VDA dazu, dass sich die Unternehmen des automobilen Mittelstandes mit Investitionen in Deutschland zunehmend zurückhalten. Bei der vorherigen Umfrage im Mai 2025 hatten noch 75 Prozent der Unternehmen angegeben, eigentlich geplante Investitionen in Deutschland zu verschieben, zu verlagern oder ganz zu streichen – und somit fünf Prozentpunkte weniger als zuletzt.

Mehr als ein Viertel der Unternehmen verlagert Investitionen ins Ausland

Auch die Investitionsverlagerungen ins Ausland sind gestiegen, warnt der VDA. Den neuen Ergebnissen zufolge planen 28 Prozent der Unternehmen, Investitionen in andere Länder zu verlagern, während dieser Wert im Mai noch bei 24 Prozent lag. Weitere 17 Prozent planen eine Streichung von Investitionen. Nur 2 Prozent der Unternehmen gaben an, Investitionen in Deutschland angesichts der aktuellen Lage erhöhen zu wollen.

„Weil die Standortbedingungen sich zusehends verschlechtern, wird aktuell täglich gegen den Standort Deutschland und Europa entschieden. Die Wirtschaft, insbesondere die Industrie, mahnt seit Jahren grundlegende Reformen an, aber es passiert viel zu wenig“, so VDA-Präsidentin Hildegard Müller. „Wir als deutsche Automobilindustrie wollen, dass Arbeitsplätze und Wohlstand hierzulande erhalten bleiben, und wollen unsere Produkte und Autos auch künftig in Deutschland fertigen. Dafür aber muss sich etwas tun.“

Müller forderte die Bundesregierung und die EU-Kommission dazu auf, klare Prioritäten zugunsten der internationalen Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandorts zu setzen. Der Industriestandort müsse auf der Agenda ganz oben stehen. „Versuche der EU, den Standort abzuschotten, sind für die exportorientierte Automobilindustrie und die Arbeitsplätze in Deutschland der falsche Weg”, so Müller weiter.

Die Investitionstätigkeit in Deutschland wird den Umfrageergebnissen zufolge aktuell vor allem durch die Absatzlage und die Absatzerwartung negativ beeinflusst: Das niedrige Marktvolumen auf dem deutschen und europäischen Automobilmarkt spielt für 64 Prozent der befragten Unternehmen die entscheidende Rolle. Der VDA führt eine „gesamtwirtschaftliche Schwäche“ und „fehlende Rahmenbedingungen für den Hochlauf der Elektromobilität“ als zugrundeliegende Hemmnisse an. Die Aussichten für den deutschen und europäischen Automobilmarkt machen demnach vor allem Erweiterungsinvestitionen nicht wirtschaftlich, das Marktwachstum finde andernorts statt.

Automobiler Mittelstand ist überwiegend pessimistisch: VDA moniert „eskalierende Bürokratie“

Zudem bewertet knapp jedes zweite Unternehmen im automobilen Mittelstand seine aktuelle Lage als schlecht oder sehr schlecht (49 Prozent). Im Mai lag dieser Wert noch bei 42 Prozent. Nur 11 Prozent der Unternehmen betrachten ihre Lage als gut oder sehr gut. Dieser Wert lag im Frühjahr mit 19 Prozent noch fast doppelt so hoch. Auch der Ausblick ist verhalten: 20 Prozent der Unternehmen erwarten eine Verbesserung ihrer wirtschaftlichen Lage gegenüber dem Vorjahr. 21 Prozent nehmen an, dass sich die wirtschaftliche Entwicklung verschlechtern wird. 59 Prozent gehen davon aus, dass die Situation in etwa gleichbleibt.

Der VDA moniert zudem die überbordende Bürokratie als größte Herausforderung für den automobilen Mittelstand: 86 Prozent der befragten Unternehmen geben an, durch Bürokratie stark oder sehr stark belastet zu sein. „Die eskalierende Bürokratie belastet insbesondere den automobilen Mittelstand. Beim Thema Bürokratie gilt: weniger ist mehr. Und um es so deutlich zu sagen: Das bloße Verschieben von Anwendungsfristen oder das Herumdoktern an Regulierungsdetails ist kein Bürokratieabbau“, argumentiert die VDA-Präsidentin. „Die Unternehmen des automobilen Mittelstandes brauchen echte Entlastungen.”

Auf Platz 2 der aktuell größten Herausforderungen folgt der Auftragsmangel: 77 Prozent geben an, durch einen Auftragsmangel stark (35 Prozent) oder sogar sehr stark (41 Prozent) belastet zu sein – ein Höchstwert für die Umfrage, die der VDA seit Frühjahr 2020 regelmäßig durchführt.

Autoindustrie oszilliert zwischen Stellenabbau und Fachkräftemangel

Leichte Entspannung gibt es indes mit Blick auf die Auswirkungen der Zölle von US-Präsident Trump: 65 Prozent der Unternehmen geben an, sehr stark, stark oder mittelstark von den Zöllen der USA gegen zahlreiche Staaten und Regionen betroffen zu sein. Im Mai gingen noch 86 Prozent der befragten Unternehmen davon aus, dass die Zölle der USA auch sie betreffen werden. In der aktuellen Umfrage geben 67 Prozent der Unternehmen an, durch die US-Einfuhrzölle auf Produkte aus Europa belastet zu sein. 31 Prozent sind zudem durch US-Einfuhrzölle auf Importe aus Mexiko betroffen und 9 Prozent von US-Einfuhrzöllen auf Produkte aus Kanada.

Kurios: Während jeder dritte Unternehmen (32 Prozent) in der Umfrage angibt, unter einem Mangel an Fach- und Arbeitskräften zu leiden, gaben 61 Prozent der befragten Unternehmen an, aktuell Beschäftigung in Deutschland abzubauen. Dies ist der bislang höchste Wert in der Reihe an VDA-Umfragen. Nur 9 Prozent bauen aktuell Beschäftigung in Deutschland auf. Während aktuell nur rund jedes dritte Unternehmen über Fachkräftemangel klagt, lag dieser Wert im Frühjahr 2023 noch bei 85 Prozent.

Quelle: Verband der Automobilindustrie – Pressemitteilung vom 06.10.2025

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Tobias Stahl

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Tobias Stahl kann sich für alle Formen der Fortbewegung begeistern, aber nachhaltige Mobilität begeistert ihn besonders. Da ist es kein Wunder, dass er schon seit 2019 über E-Autos, erneuerbare Energien und die Verkehrswende berichtet.

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