Seit einigen Jahren ist die vollelektrische Version des Fiat 500 in Europa eines der meistverkauften Elektroautos, auch wenn Anfang dieses Jahres auch beim kleinen Italiener der Absatz etwas schwächelte, sodass die Produktion zwischenzeitlich heruntergefahren wurde. Wie gut ist der batteriebetriebene Cinquecento, wollten wir wissen – und wie gut kommt ein 1,90 Meter großer Tester damit klar?
Als Testwagen vorgefahren ist dafür ein Fiat 500e 3+1 mit 42 kWh großem Akku und 87 kW (118 PS) in schimmerndem Käfergrün. Das 3+1 beschreibt die Anordnung der Türen: Neben Fahrer- und Beifahrertür sowie Kofferraum gibt es auf der rechten Seite hinten eine zusätzliche “halbe” und entgegengesetzt zu öffnende Tür, die den Einstieg auf die hintere Sitzbank erleichtern soll.
Der Kleinstwagen ist lediglich 3,63 Meter lang, 1,68 Meter breit (1,90 Meter mit Spiegeln) sowie 1,53 Meter hoch. Mit einem Leergewicht von 1,4 Tonnen gehört er unter den Elektroautos zu den Leichtgewichten. Was uns während der zweiwöchigen Testphase positiv und negativ aufgefallen ist:
Die Pluspunkte des Fiat 500e
Der Fahrspaß: Der elektrische Fiat 500 ist der perfekte Stadtflitzer, der sich aber auch auf der Autobahn nicht zu verstecken braucht. Typisch Elektroauto liefert der kleine Italiener auf Wunsch direkt aus dem Stand ab. Ein schönes Beispiel war der Fahrer eines getunten Verbrenner-BMW, der sich an der Ampel noch rasch auf die Nachbarspur einordnete, um den lästigen Kleinstwagen gleich links liegen lassen zu können. Wie er nach dem fulminanten Ampelstart unseres Testwagens geschaut hat, ist leider aufgrund des doch rasch sehr großen Vorsprungs auf den BMW nicht näher bekannt.
Dank seiner kompakten Abmessungen und einem Wendekreis von weniger als zehn Metern wuselt sich der Fiat durch den Stadtverkehr und kommt in jede Parklücke – dank Rückfahrkamera und Sensoren im üppig ausgestatteten Testfahrzeug sogar ohne Mühen. Und auch auf der Autobahn zieht der Cinquecento fluffig bis 150 Stundenkilometer, die sich auf kleinen Rädern fast schon wie 200 Sachen anfühlen. Es ist nicht zu bestreiten: Diesen Elektro-Zwerg zu fahren, macht richtig Freude.
Das Design: Italien ist bekanntlich ein Land mit sehr guten Designern, und diese sind offensichtlich auch beim Fiat 500 zum Einsatz gekommen. Die Optik ist eine gute Mischung aus Retro-Charakter und modernen Elementen. Außen gefällt besonders das runde Lichtdesign, das dem Fiat regelrecht Kulleraugen verleiht. Proportionen und Linienführung sind stimmig, zudem gibt es einige schicke und ungewöhnliche Farben. Innen setzt sich dies fort. Teile der Armatur sind in Wagenfarbe lackiert, gerade und geschwungene Formen wechseln sich ab und ergeben ein ästhetisches Gesamtbild. Das ganze Fahrzeug ist somit nicht nur ein praktischer Stadtflitzer, sondern regelrecht schmückendes Accessoires.
Der Verbrauch: Selbst wer sich den ein oder anderen flotten Ampelstart nicht verkneifen kann, wird im Fiat 500e mit wunderbaren Verbrauchswerten belohnt. Nach einer flotteren Autobahnfahrt zeigte der Bordcomputer zwar auch mal knapp 19 kWh an Verbrauch an, kombiniert waren es im Testzeitraum aber nur wenig mehr als 16 kWh – und beim mehr als 50 Kilometer langen Sparsamkeits-Test durch die Stadt und im Sherpa-Modus auf 80 Stundenkilometer gedrosselt über Land waren es am Ende nur 11,6 kWh – jeweils wohlgemerkt ohne Ladeverluste. Da freut sich der Geldbeutel, denn bei einem Kilowattstunden-Preis von 0,40 Euro lässt sich der Wagen für weniger als 5 Euro pro 100 Kilometer bewegen – mit Strom aus der eigenen PV-Anlage wird es noch günstiger. Und auch die Reichweite des kleinen Fahrzeugs mit dem größeren der beiden verfügbaren Akkus lässt sich durchaus sehen. Anhand der Testwerte lässt sich eine realistische Reichweite von je nach Fahrweise 200 bis 330 Kilometern ableiten.
Der Komfort: Dafür, dass es sich um einen Kleinstwagen handelt, ist der vollelektrische Fiat 500e mit der gut bestückten Icon-Ausstattung überraschend komfortabel. So sitzt es sich auf den vorderen Sitzen durchaus bequem, und auch mit sehr langen Beinen gibt es ausreichend viel Platz. Anders als in manchen Asiaten musste der besagte 1,90 große Tester den Sitz nicht einmal auf die hinterste Stufe zurückfahren. Zudem gibt es einige Ablagemöglichkeiten vorne sowie mit 185 Litern einen für die Fahrzeuggröße absolut ordentlichen Kofferraum, der sich durch das Umlegen der hinteren Sitzbank auf 550 Liter vergrößern lässt. Aufgrund der Karosserieform ist die Heckklappe zudem groß und ermöglicht angenehmes Ein- und Ausladen.
Zudem gibt es eine ganze Reihe an Assistenzsystemen und Helferlein, die in der Fahrzeugklasse nicht selbstverständlich sind – wie die bereits angesprochene Rückfahrkamera, obwohl das Fahrzeug sowieso sehr übersichtlich ist. Abstandstempomat, Totwinkelwarner, Klimaautomatik, Navigation und Sicherheitsassistenten lassen auch auf der Autobahn niemals das Gefühl aufkommen, in einem für diesen Zweck nicht hergestellten Schuhkarton zu sitzen (ein Gefühl, das wir bislang vor allem aus dem Dacia Spring kennen).
Die Minuspunkte des Fiat 500e:
Das zickige Ladeverhalten: Zwar ist die Ladeleistung zunächst einmal nicht zu kritisieren: 85 kW maximale Ladeleistung stellt Stellantis, wozu Fiat gehört, für den 500e in Aussicht, 81 kW in der Spitze haben wir beim Laden selbst erlebt. Danach pendelt sich die Ladeleistung recht schnell bei 50 bis 60 kW ein, in gut einer halben Stunde ist der Akku wieder ordentlich gefüllt.
Allerdings brauchte es manchmal mehrere Anläufe, bis der Fiat an DC-Ladestationen tatsächlich Strom zog. Je nach Typ der Ladesäule ist es offenbar notwendig, dass das Fahrzeug verriegelt ist – ansonsten bricht der Ladevorgang nach etwa einer Minute wieder ab. Dies scheint ein Stellantis-Problem zu sein, denn von gleichen Erfahrungen berichtete jüngst eine Gruppe Handwerker, die regelmäßig ihre elektrische Flotte an Opel Zafira an der Ladestation in der Nähe auflädt. Außerdem wurden die Schnellladevorgänge im Testzeitraum immer bei 85 Prozent abgebrochen. Zu diesem Zeitpunkt kappt das Fahrzeug die Ladeleistung eigentlich auf 12 kW, allerdings führt dies offenbar regelmäßig zu Abbrüchen der Kommunikation mit der Ladesäule.
Das Infotainment: Zwar ist der Fiat 500e üppig ausgestattet, allerdings lässt die Bedienbarkeit des Infotainments mitunter zu Wünschen übrig. Das System wirkt oft sehr träge, die Buchstaben an der Bildschirm-Tastatur sind statt im QWERTZ-Format alphabetisch angeordnet, was einen geübten Tastaturschreiber zur Weißglut treiben kann. Die Sprachsteuerung hat bei mehreren Versuchen nicht ein einziges Mal irgendetwas Produktives zustande gebracht.
Die empfindlichen Sensoren: Dass Sensoren mal Sichtprobleme haben, kennen wir bislang vor allem von Schneefall oder bei Regen, wenn noch Salzreste auf der Straße sind. Beides kann für den Testzeitraum ausgeschlossen werden. Trotzdem hatten wir immer wieder Warnungen vor Augen, dass bestimmte Sensoren nicht mehr funktionieren und dadurch Assistenzsysteme nicht zur Verfügung stehen – selbst bei leichtem Regen oder gar keiner direkt erkennbaren Ursache. Wenige Sekunden später funktionierten die Systeme dann aber wieder. Den Fahrer nervt und verunsichert dies aber bisweilen.
Die hintere Sitzreihe: Der wagemutigste Teil des Tests fand auf einem Parkplatz statt, als wir ausprobiert haben, ob wir uns auch auf die hintere Sitzbank quetschen können. Der positive Befund: Das ist auch mit 1,90 Meter Körpergröße möglich, ohne dass Knoten in den Körper gemacht werden müssen. Allerdings wird es dann zugegebenermaßen auch auf dem Beifahrersitz gehörig eng. Und trotz der Einstiegshilfe mit der Türklappe hinten (+1) sorgte ein fieser Metallbügel dafür, dass eine Beule noch während des Schreibens dieser Zeilen an diesen Härtetest erinnert.
Fazit
Der Fiat 500e macht richtig viel Freude. Nicht nur als Fahrer ist man zumeist mit einem Grinsen im Gesicht unterwegs, auch unterwegs erntet der kleine Elektro-Flitzer vor allem Sympathien (blamierte BMW-Fahrer vielleicht einmal ausgenommen). Stellantis macht mit seinen Elektroautos viel richtig, und wer sich für den Fiat 500e entscheidet, der wählt nicht nur ein platzsparendes Auto, sondern entscheidet sich bewusst für ein beschwingtes Lebensgefühl.
Diese “Dolce Vita” hat allerdings ihren Preis. Der Testwagen mit allem drum und dran kostet fast 40.000 Euro – sehr viel Geld für am Ende doch recht wenig Elektroauto. Allerdings bietet Fiat derzeit zum einen noch bis Ende März 5000 Euro “Umweltbonus” für seine E-Fahrzeuge. Und zum anderen werden die wenigsten bei einem Stadtauto all die Extras brauchen, in denen unser Pressefahrzeug vorgefahren ist. Schauen wir also an das andere Ende der Preisskala: Ein Fiat 500e mit dem kleineren 23,8 kWh fassenden Akku ist derzeit ab 24.490 Euro erhältlich.
Zwar gibt es den Fiat 500 auch als Verbrenner mit unterstützendem Elektromotor (Hybrid) ab 17.490 Euro. Allerdings hinkt dieser in Sachen Fahrfreude und Spritzigkeit dem vollelektrischen 500 meilenweit hinterher. Und wem der Fiat 500e dann doch etwas zu klein ist: Inzwischen gibt es auch den Fiat 600 wieder – und das ebenfalls in einer vollelektrischen Version. Mit 4,17 Metern Länge ist der im Vergleich zum Cinquecento aber gefühlt schon fast ein Riese.
Transparenz-Hinweis: Der Testwagen wurde uns von Stellantis für 14 Tage kostenlos zur Verfügung gestellt. Auf unsere hier dargelegte ehrliche Meinung hat dies jedoch keinen Einfluss.