Das Ergebnis der Fraunhofer Studie zum Lebenszyklus-Vergleichs von Elektrofahrzeugen mit höherer Reichweite zeigt: Ab einer Reichweite von 250 Kilometer sind Pkw mit Wasserstoff und Brennstoffzelle (FCEV) klimafreundlicher als batteriebetriebene Elektroautos (BEV). Der entscheidende Faktor ist der wesentlich größere CO2-Rucksack, den Batterieautos durch die Produktion der Batterie tragen müssen. Eine große Rolle spielt auch, wieviel Ökostrom für Herstellung und Betrieb eines Fahrzeugs eingesetzt wird.
Untersucht wurden die erzeugten Treibhausgas-Emissionen (THG) bei Herstellung, Betrieb und Entsorgung von Batterie- und Brennstoffzellenfahrzeugen mit Reichweiten ab 300 Kilometer, für die Zeiträume 2020-2030 und 2030-2040. Die Werte wurden darüber hinaus mit den Werten dieselgetriebener Pkw verglichen.
Die Forscher des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme ISE haben in ihrer Studie detailliert (hier als PDF-Dokument) aufgeschlüsselt, wie viel Material für die Produktion von Batterien, Brennstoffzellen und Wasserstofftanks benötigt wird und was bei der Förderung und der Verarbeitung an Emissionen anfällt.
Das Ergebnis: Der THG-Fußabdruck von Produktion und Recycling eines Brennstoffzellensystems inklusive Tank entspricht beim aktuellen Strommix etwa dem eines Elektroantriebs mit einer 45-50 kWh Speicherkapazität. Für Autos mit größeren Batterien werden mehr THG ausgestoßen als für das Brennstoffzellensystem in einer vergleichbaren Leistungsklasse.
Im Betrieb ist die Energiequelle für Strom und Wasserstoff entscheidend. Den Annahmen der vom Berliner Think Tank Agora Verkehrswende veröffentlichten Studie folgend, hat das Fraunhofer ISE Solarstrom (Ladung zu Hause) als Optimum für das Batterieauto angenommen. Im Best Case-Szenario für Wasserstoff wird dieser aus 100 Prozent Windenergie erzeugt. Verglichen wurden aber auch erzeugte Emissionen beim Laden mit dem deutschen Strommix sowie die Wasserstoffproduktion im Mixed Case (50 Prozent Erdgas und 50 Prozent Windstrom) bzw. im Worst Case aus 100 Prozent Erdgas.
Bei einer Laufleistung von 150.000 Kilometern überzeugt der Studie zufolge das Brennstoffzellenfahrzeug in allen Fällen: Selbst im Worst Case (100 Prozent H2 aus Erdgas) liegt der THG-Fußabdruck im gesamten Lebenszyklus noch die nächsten zehn Jahre unter dem vergleichbarer Elektroautos und ist ebenfalls geringer als bei Dieselfahrzeugen.
„Wir sehen weiteren Forschungsbedarf“
Die Studie sei ein Beleg für die Komplementarität von Batterie und Wasserstoff, so H2 Mobility, Auftraggeber der Studie. Fahrzeuge mit mittleren bis kleineren Batterien (< 50 kWh Speicherkapazität) und Reichweiten bis 250 Kilometer senken die Emissionen im Verkehr. Für höhere Reichweiten haben Brennstoffzellenfahrzeuge aus Sicht des Klimaschutzes zunehmende Vorteile. Sowohl für Batterie also auch für Wasserstoff gilt: Je grüner die Energiequelle, desto besser die Umweltbilanz.
„Über die Studie hinaus sehen wir weiteren Forschungsbedarf, zum Beispiel zur Nutzung synthetischer Kraftstoffe, die aus Wasserstoff aus erneuerbaren Energien sowie CO2 produziert werden, zu Second-Life-Aspekten oder zu den Auswirkungen auf Flächen- und Wasserverbrauch“, erklärt Projektleiter Dr. André Sternberg.
Was die Studie leider nur bei ganz genauem Hinsehen erkennbar berücksichtigt (der kleine schwarze senkrechte Strich, die “Spannweite”) ist die Tatsache, dass sich eine große Menge CO2 bereits bei der energieintensiven Produktion von Akkus einsparen lässt, wenn dabei Ökostrom eingesetzt wird. Rechnet man dies mit ein, schneidet selbst ein Elektroauto mit großem Akku bei der Klimabilanz ähnlich gut ab wie ein Brennstoffzellenauto.
Kritisch betrachten muss man auch den Auftraggeber der Studie: Als Betreiber von Wasserstoff-Tankstellen in Deutschland hat H2 Mobility natürlich großes Interesse daran, dass die Umweltbilanz von Brennstoffzellenfahrzeugen möglichst positiv ausfällt, wie der Branchendienst Electrive treffend anmerkt.
Quellen: Fraunhofer ISE – Pressemitteilung vom 12.07.2019 // H2 Mobility – Pressemitteilung vom 14.07.2019 // Electrive – Batterie vs. Brennstoffzelle – Fraunhofer ISE vergleicht CO2-Bilanz