Schnellladesäulen der Zukunft: Dauerhaft im Boost-Modus

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Stefan Grundhoff
Stefan Grundhoff
  —  Lesedauer 4 min

Die neue Mittelklasse von BMW mit iX3 und i3 startet ab Ende des Jahres und soll endlich auch den Bayern den ersehnten Ladeturbo bringen, denn bisher ist durch die 400-Volt-Plattformen bei rund 200 Kilowatt Schluss. Mercedes bringt in diesen Wochen seinen neuen CLA und holt mit Ladegeschwindigkeiten jenseits der 300 Kilowatt die Schwaben endlich auch aus dem Ladeschlummerschlaf heraus. Die Konkurrenz ist da schon deutlich weiter, denn seit Jahren tanken Modelle wie der Audi e-tron GT, Kia EV6 oder Porsche Taycan mit mehr als 250 kW und auch an den Superchargern von Tesla ist man trotz unverändert fehlender 800-Volt-Ladetechnik deutlich über 200 Kilowatt Ladegeschwindigkeit unterwegs.

Doch das Elektroauto allein ist nur der halbe Weg, denn was bringen die Ladeleistungen von über 350 Kilowatt der Modelle von Lucid oder Lotus, wenn die passenden Ladesäulen fehlen? Nio bietet bei seinem neuen Luxusmodell ET9 Nachladen mit bis zu 600 kW – das ist Verbrennerniveau. Der asiatische Autohersteller BYD geht noch weiter und hat auf seiner neuen Plattform jüngst ein Ladetempo von bis zu 1000 Kilowatt in Aussicht gestellt. Die parallel mitentwickelten Hypercharger der Chinesen schaffen Dank besonders dicker Leitungen und einer speziellen Flüssigkeitskühlung bis zu 1360 Kilowatt an Ladeleistung. Erste Testsäulen laufen bereits.

„Diese neue Technologie wird dazu beitragen, den größten verbleibenden Kritikpunkt der Nutzer von Elektroautos zu beseitigen“, sagt Wang Chuanfu, Vorstandsvorsitzender der BYD Group, „unser Ziel ist es, das Laden von E-Autos so schnell wie das Tanken eines Verbrenners zu machen, um die Sorgen der Nutzer beim Laden vollständig zu beseitigen. Auf diese Weise möchten wir ‚Öl-Elektro-Parität‘ bei der Ladegeschwindigkeit erreichen.“

Zum Ende vergangenen Jahres gab es in Deutschland knapp 121.000 normale Ladepunkte und gut 33.500 Schnellladesäulen, die den Fahrern eines Elektromodells zeitgleich eine Energiemenge von 5,72 Gigawatt zur Verfügung stellen konnten. Das bedeutet bei den Standardladesäulen im Vergleich zu Ende des Jahres 2023 einen Zuwachs von 19 Prozent und bei den Schnellladern ein imposantes Plus von knapp 40 Prozent. Zum Ende 2023 gab es gerade einmal 24.000 Schnellladesäulen in Deutschland.

Doch viele der Säulen sind langsam, 28.000 Stationen hatten ein Ladetempo von gerade einmal 3,7 bis 15 Kilowatt und knapp 90.000 Ladepunkte stellten den Fahrern eines Elektroautos 15 bis 22 Kilowatt zur Verfügung. Hatte die Zahl der Schnelllader mit 149 bis 299 Kilowatt 2023 noch bei 9000 Stück gelegen, gab es auch hier bis Ende 2024 innerhalb eines Jahres einen Zuwachs von 40 Prozent auf mehr als 12.000 Ladesäulen, an den denen das E-Auto besonders schnell erstarkte.

Noch größer war der Anstieg mit knapp 50 Prozent nur bei den Hyperchargern mit mehr als 300 Kilowatt. EnBW eröffnete an der Autobahn A44 nahe Diemelstadt jüngst einen Ladepark mit 16 Ladesäulen, die jeweils bis zu 400 kW liefern können.

An der Technik liegt es nicht allein, denn das mögliche Ladetempo wird von einer Reihe unterschiedlicher Rahmenbedingungen beeinflusst. Zunächst einmal muss das lokale Stromnetz die entsprechende Spannung zur Verfügung stellen, denn sonst bringt die stärkste Ladesäule nichts. Zudem muss die Stromstärke dauerhaft und auch zu Spitzenzeiten stabil geliefert werden können – selbst wenn an den entsprechenden Hyperchargern mehrere Fahrzeuge gleichzeitig nachtanken. Unverändert ist es für Fahrer eines Elektroautos mit entsprechendem Ladepotenzial ärgerlicher denn je, wenn sich ein zweites Fahrzeug an der Ladesäule ansteckt und sich das eigene Ladetempo auf die Hälfte reduziert.

Zudem müssen die Hersteller der Ladesäulen zwei zentrale Themen in den Griff bekommen: Der Ladestecker nebst Kabel darf nicht zu schwer und damit noch unhandlicher werden. Zudem ist die Hitzeentwicklung ein Thema, denn ein entsprechend hohes Tempo verlangt nach großen Kabeldurchmessern, und diese Kabel müssen auch gekühlt werden.

„Der Markt entwickelt sich“

Doch der Druck der Autohersteller wird immer größer, denn die neuesten Akkutechniken erlauben hohe Ladegeschwindigkeiten, und nicht zuletzt der Bereich der Nutzfahrzeuge und Lastwagen verlangt mit großen Batteriepaketen auf der Langstrecken nach Ladegeschwindigkeiten, die erst jenseits der 300 bis 350 Kilowatt beginnen, um die Speditionen und Flottenbetreiber zum Umstieg in die Elektromobilität zu bewegen. Nicht alle Lastwagen und Nutzfahrzeuge können am heimischen Standort oder dem Kunden nachgetankt werden. Die Frage nach einem einheitlichen Ladestecker scheint in Europa hingegen kein Thema mehr zu sein, denn der CCS-Stecker hat die Konkurrenz nahezu vollkommen verdrängen können.

„Grundsätzlich ist es schon mal positiv zu sehen, wie sich das Laden weiterentwickelt. 600-kW-Ladesäulen gibt es bislang in Deutschland mit dem CCS-Anschluss noch nicht“, sagt Fastned-Deutschland-CEO Linda Boll, „das geht dann schon in den Hochspannungsbereich, also das Megawatt-Laden wie bei den Lkw. Der Anschluss dieser Stationen ist mittlerweile standardisiert. Also wird es auch da eine Ladeinfrastruktur geben. Der Markt entwickelt sich.“

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Stefan Grundhoff

Stefan Grundhoff

Stefan Grundhoff ist Firmeninhaber und Geschäftsführer von press-inform und press-inform consult. Er ist seit frühester Kindheit ausgemachter Autofan. Die Begeisterung für den Journalismus kam etwas später, ist mittlerweile aber genau so tief verwurzelt. Nach Jahren des freien Journalismus gründete der Jurist 1994 das Pressebüro press-inform und 1998 die Beratungsfirma press-inform consult.

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Pedro G.:

Genau so mache ich es einmal in der Woche 35 kWh beim Discounter, das reicht mir ⁉️

Pedro G.:

Am Anfang gab es Handpumpen beim Tanken erst später kamen die elektrischen Tanksäulen ⁉️

Chr8:

Symbol ist vorhanden: Sechseck mit Buchstabe. N oder L für bis 920V DC.
https://www.giga.de/tech/e-auto-laden-diese-symbole-sollten-stromer-fahrer-kennen–01J4S861CPN7KQ7RDE2QCZ45M1

Gastschreiber:

:) und was würde davon abholten einen Aufkleber anzubringen? Meine Vermutung, viele Nutzer haben nicht dieses tiefe Wissen. Alleine, dass er zu Beginn an die gleiche Säule ging, an der ich stand, obwohl noch zwei frei waren spricht für weniger Erfahrung. Da könnten einfache Hinweise helfen, den Vorgang unproblematisch zu machen.

Aztasu:

Außer die völlig veralteten Tesla Supercharger können eigentlich alle Ladestationen ab 150kW+ 800V supporten. Selbst neue 50kW Ladestationen unterstützen 800V-Fahrzeuge.
Die Unterscheidung nach 400-Volt auf der einen und 800V auf der anderen Seite, gibt es in Europa bei den DC-Schnellladern nicht mehr (Tesla verlangsamt die Branche mit ihrer veralteten Technik leider zunehmend, insbesondere in den USA wo auch noch das Thema mit dem Ladeanschlussstandard hinzukommt).
Die wirklichen Unterschiede für PKW Ladestationen bis 1MW bestehen eigentlich nur noch in der ausgegebenen Ladeleistung in kW und teilweise auch den bereitgestellten Ampere
Beispiel:
Eine Alpitronic HYC 200 unterstützt bis zu 1000V Ausgabe (gehört zur Spanne eines 800V-Systems), und 500A (kurzzeitig auch 600A), kann aber insgesamt nur 200kW maximale Ladeleistung abgeben, ob jetzt mit 800V oder 400V.
Wohingegen eine 400kW bzw. 500kW Ladestationen ebenfalls bis zu 1000V unterstützt und 500A-600A unterstützen.
Ladesäulen mit über 500kW und bis 1MW werden dann wohl meist die Ampere weiter anheben, die 1000V bleiben aber. Eine Zeekr V3 Ladestationen mit 800kW unterstützt z.B. 1000V und bis zu 800A.

Oberhalb von 1MW Ladern ist dann wieder deutlich mehr Flexibilität in den Spezifikationen angesagt. Huawei hat z.B. eine 1,5MW Ladesäule angekündigt die über 2 gleichzeitig eingesteckte Ladekabel bis zu 2400A bereitstellen kann, also 1200A pro Anschluss. Ich denke solche Ladestationen sind für PKW aber nicht interessant und nicht gedacht.

Wenn der Fahrer an der 300kW Ladesäule, die ohnehin in jedem Falle eine 800V Ladesäule ist, keine dem Akkustand und der Akkutemperatur entsprechenden Ladeleistung bekommen hat, dann kann das eigentlich nur an den vom Auto geforderten Ampere liegen, wobei die PPE-Plattform diese extra gering hält weshalb dies nicht zutreffend ist (chinesische Fahrzeuge können z.B. durchaus auch über 500-600A abrufen, Teslas Fahrzeuge ebenfalls), oder aber es liegt am Lastenmanagement der Ladestation bzw. der Ladeinfrastruktur im Hintergrund. Das er den Standort gewechselt hat war dann zwar richtig, an dem 800V-Systen lag es aber ganz sicher nicht.

Matze:

Was für eine Bevormundung meinst du? An der Autobahn steht beinahe alle 30 km eine Batterie an Schnellladern! Und für den Rest lade ich daheim! Vielleicht musst du deine Restaurants klüger wählen…? Fahr erstmal elektrisch, mach Erfahrungen und erzähl keine plakativen Unwahrheiten. Beste Grüße

Gastschreiber:

Das Auto im Bild hat zwar eine traumhafte Ladekurve, flat bis 80% und auch danach sehr langsam fallend, im Peak jedoch bei 150kw begrenzt. Passt nur bedingt zum Artikelinhalt.
Zufällig stand ich gestern bei Fastnet Kinding mit meinem 150kW Fahrzeug und ein Q6 kam herbei mit dem 800V System, er war frustriert, da er keine saubere Ladeleistung bekommen konnte, trotz 300kW Säulen, er ist dann zur naheliegenden AralPuls Station gefahren.
Sicher nur bedingt übertragbar, aber die Frage im Gespräch war, kann die Säule auch 800V. Hier sollten die Anbieter neben der maximalen Ladeleistung wohl auch daran denken eine Art 800V geeignet Symbol gut sichtbar anzubringen.

Wolfbrecht Gösebert:

„… ich kann laden nach einer Pause, wie jetzt beim [T]anken.“

Ich lade schon jetzt VIEL schneller als beim Tanken: Ich muß weder Umwege zu einer Tankstelle machen noch etwa extra dorthin fahren!

An meinem TG-Stellplatz ankommen, Schrank auf, Kabel rein und fertig. Öko-Hausstrom. Zum Losfahren vorher noch Kabel raus, Schrank wieder zu und losfahren. Gesamtaufwand bei geruhsamem Ablauf nicht mal 2 Min.
Ja, einen Akkukompressor habe ich auch dort im Zugriff. Nicht, dass ich noch jemals zur Stinkertankstelle muß!

Nach meinem damaligen Einzug war rd. ein halbes Jahr bei der Genossenschaft etwas mühsame Aquisition und freundliche Überzeugungsarbeit nötig – seitdem stehen Ladeschrank und -Anschluß (auf eigene Kosten) bereit. Das Aufrüsten auf zusätzliche 11 kW war 2 Jahre später nur noch „Formsache“ und finanziell gut tragbar :)

Daniel W.:

Ich frage mich immer wo die ganzen Langstreckenfahrer wohnen, wieviele es überhaupt sind und zwischen welchen Orten sie hin und her fahren.

Wenn 1 E-Autofahrer 185 km am Tag fährt und 10 E-Autofahrer jeweils 20 km am Tag, dann sind das zusammen 385 km – oder im Durchschnitt 35 km am Tag.

Den meisten E-Autofahrer dürften das Laden an einer Ladesäule auf dem Supermarktparkplatz genügen, wenn sie keine Wallbox zuhause haben.

Josef:

Das siehst du solange so, wie es lediglich 1,4 Mio eAutos in Deutschland gibt…bei 48Mio ist jede Minute zu lange und die Schlange vor den HPCs wird seeehr lange werden, wenn wir mal 10 Mio und mehr erreichen.
Die aktuelle Ladegeschwindigkeot skaliert nicht auf Masse.
Es genügen lediglich 14000 Tankstellen für 48 Mio Autos…weil tanken so schnell geht.
Die Bevormundung dass ich Pause machen muss wo ein Schnelllader steht, hat dann auch endlich ein Ende…ich kann laden nach einer Pause, wie jetzt beim tanken. In den Restaurants abseits der Autobahn, in denen ich Pause mache…kann man nie laden.

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