Schnellladesäulen der Zukunft: Dauerhaft im Boost-Modus

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Stefan Grundhoff
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Die neue Mittelklasse von BMW mit iX3 und i3 startet ab Ende des Jahres und soll endlich auch den Bayern den ersehnten Ladeturbo bringen, denn bisher ist durch die 400-Volt-Plattformen bei rund 200 Kilowatt Schluss. Mercedes bringt in diesen Wochen seinen neuen CLA und holt mit Ladegeschwindigkeiten jenseits der 300 Kilowatt die Schwaben endlich auch aus dem Ladeschlummerschlaf heraus. Die Konkurrenz ist da schon deutlich weiter, denn seit Jahren tanken Modelle wie der Audi e-tron GT, Kia EV6 oder Porsche Taycan mit mehr als 250 kW und auch an den Superchargern von Tesla ist man trotz unverändert fehlender 800-Volt-Ladetechnik deutlich über 200 Kilowatt Ladegeschwindigkeit unterwegs.

Doch das Elektroauto allein ist nur der halbe Weg, denn was bringen die Ladeleistungen von über 350 Kilowatt der Modelle von Lucid oder Lotus, wenn die passenden Ladesäulen fehlen? Nio bietet bei seinem neuen Luxusmodell ET9 Nachladen mit bis zu 600 kW – das ist Verbrennerniveau. Der asiatische Autohersteller BYD geht noch weiter und hat auf seiner neuen Plattform jüngst ein Ladetempo von bis zu 1000 Kilowatt in Aussicht gestellt. Die parallel mitentwickelten Hypercharger der Chinesen schaffen Dank besonders dicker Leitungen und einer speziellen Flüssigkeitskühlung bis zu 1360 Kilowatt an Ladeleistung. Erste Testsäulen laufen bereits.

„Diese neue Technologie wird dazu beitragen, den größten verbleibenden Kritikpunkt der Nutzer von Elektroautos zu beseitigen“, sagt Wang Chuanfu, Vorstandsvorsitzender der BYD Group, „unser Ziel ist es, das Laden von E-Autos so schnell wie das Tanken eines Verbrenners zu machen, um die Sorgen der Nutzer beim Laden vollständig zu beseitigen. Auf diese Weise möchten wir ‚Öl-Elektro-Parität‘ bei der Ladegeschwindigkeit erreichen.“

Zum Ende vergangenen Jahres gab es in Deutschland knapp 121.000 normale Ladepunkte und gut 33.500 Schnellladesäulen, die den Fahrern eines Elektromodells zeitgleich eine Energiemenge von 5,72 Gigawatt zur Verfügung stellen konnten. Das bedeutet bei den Standardladesäulen im Vergleich zu Ende des Jahres 2023 einen Zuwachs von 19 Prozent und bei den Schnellladern ein imposantes Plus von knapp 40 Prozent. Zum Ende 2023 gab es gerade einmal 24.000 Schnellladesäulen in Deutschland.

Doch viele der Säulen sind langsam, 28.000 Stationen hatten ein Ladetempo von gerade einmal 3,7 bis 15 Kilowatt und knapp 90.000 Ladepunkte stellten den Fahrern eines Elektroautos 15 bis 22 Kilowatt zur Verfügung. Hatte die Zahl der Schnelllader mit 149 bis 299 Kilowatt 2023 noch bei 9000 Stück gelegen, gab es auch hier bis Ende 2024 innerhalb eines Jahres einen Zuwachs von 40 Prozent auf mehr als 12.000 Ladesäulen, an den denen das E-Auto besonders schnell erstarkte.

Noch größer war der Anstieg mit knapp 50 Prozent nur bei den Hyperchargern mit mehr als 300 Kilowatt. EnBW eröffnete an der Autobahn A44 nahe Diemelstadt jüngst einen Ladepark mit 16 Ladesäulen, die jeweils bis zu 400 kW liefern können.

An der Technik liegt es nicht allein, denn das mögliche Ladetempo wird von einer Reihe unterschiedlicher Rahmenbedingungen beeinflusst. Zunächst einmal muss das lokale Stromnetz die entsprechende Spannung zur Verfügung stellen, denn sonst bringt die stärkste Ladesäule nichts. Zudem muss die Stromstärke dauerhaft und auch zu Spitzenzeiten stabil geliefert werden können – selbst wenn an den entsprechenden Hyperchargern mehrere Fahrzeuge gleichzeitig nachtanken. Unverändert ist es für Fahrer eines Elektroautos mit entsprechendem Ladepotenzial ärgerlicher denn je, wenn sich ein zweites Fahrzeug an der Ladesäule ansteckt und sich das eigene Ladetempo auf die Hälfte reduziert.

Zudem müssen die Hersteller der Ladesäulen zwei zentrale Themen in den Griff bekommen: Der Ladestecker nebst Kabel darf nicht zu schwer und damit noch unhandlicher werden. Zudem ist die Hitzeentwicklung ein Thema, denn ein entsprechend hohes Tempo verlangt nach großen Kabeldurchmessern, und diese Kabel müssen auch gekühlt werden.

„Der Markt entwickelt sich“

Doch der Druck der Autohersteller wird immer größer, denn die neuesten Akkutechniken erlauben hohe Ladegeschwindigkeiten, und nicht zuletzt der Bereich der Nutzfahrzeuge und Lastwagen verlangt mit großen Batteriepaketen auf der Langstrecken nach Ladegeschwindigkeiten, die erst jenseits der 300 bis 350 Kilowatt beginnen, um die Speditionen und Flottenbetreiber zum Umstieg in die Elektromobilität zu bewegen. Nicht alle Lastwagen und Nutzfahrzeuge können am heimischen Standort oder dem Kunden nachgetankt werden. Die Frage nach einem einheitlichen Ladestecker scheint in Europa hingegen kein Thema mehr zu sein, denn der CCS-Stecker hat die Konkurrenz nahezu vollkommen verdrängen können.

„Grundsätzlich ist es schon mal positiv zu sehen, wie sich das Laden weiterentwickelt. 600-kW-Ladesäulen gibt es bislang in Deutschland mit dem CCS-Anschluss noch nicht“, sagt Fastned-Deutschland-CEO Linda Boll, „das geht dann schon in den Hochspannungsbereich, also das Megawatt-Laden wie bei den Lkw. Der Anschluss dieser Stationen ist mittlerweile standardisiert. Also wird es auch da eine Ladeinfrastruktur geben. Der Markt entwickelt sich.“

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Stefan Grundhoff

Stefan Grundhoff

Stefan Grundhoff ist seit frühester Kindheit ausgemachter Autofan. Die Begeisterung für den Journalismus kam etwas später, ist mittlerweile aber genau so tief verwurzelt. Nach Jahren des freien Journalismus gründete der Jurist 1994 das Pressebüro press-inform und 1998 die Beratungsfirma press-inform consult.

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