Zu Beginn der Woche stand die Hochgeschwindigkeits-Teststrecke im süditalienischen Nardò im Zeichen eines besonderen Experiments. Mercedes-AMG hatte das Concept AMG GT XX auf die Strecke geschickt, um in der Elektro-Ära neue Maßstäbe zu setzen. Die Fahrt, welche am Ende auf 25 Rekorde blickt, war mehr als ein mediales Ereignis, sie sollte belegen, dass sich die jahrzehntelange Erfahrung der Marke in Höchstleistung und Ingenieurskunst auch in einer elektrischen Zukunft behaupten kann.
Im Umfeld dieses Ereignisses sprach Markus Schäfer, Chief Technology Officer von Mercedes-Benz, über die strategische Bedeutung solcher Projekte – und machte dabei einen bemerkenswerten Vergleich zwischen europäischen Premiumherstellern und der wachsenden Konkurrenz aus China.
Schäfer erinnerte daran, dass Mercedes-Benz seit den Anfängen des Automobils Rennstrecken als Prüfstand genutzt habe. Ob in den frühen Erfolgen von Daimler und Benz oder in den Rekordfahrten der 1970er-Jahre: Immer sei der Wettbewerb der Motor für technische Innovation gewesen. „Der Rennstreckenbetrieb war immer unser Prüfstand für Technologien und hat uns gezwungen, schneller, besser und innovativer zu werden“, erklärte er. Genau daran knüpfe auch die jüngste Rekordfahrt an. Sie sei nicht als isolierte Machtdemonstration gedacht, sondern als Teil einer langen Tradition, Erkenntnisse aus Extremsituationen in die Serienentwicklung zu übertragen.
Besonders betonte Schäfer dabei ein Element, das er als einzigartigen Vorteil seines Unternehmens sieht: die enge Verbindung zur Formel 1. „Ein Element, das mich sehr glücklich macht – und das die meisten anderen OEMs in der Welt nicht haben, die Chinesen definitiv nicht – ist unsere Verbindung zur Formel 1“, sagte er. Anders als bei manch anderen Herstellern gehe es dabei nicht um symbolisches Marketing, wie er explizit betonte, sondern um gelebten Technologietransfer. Ingenieur:innen aus der Formel 1 arbeiten direkt mit den Entwicklungsteams von Mercedes-Benz zusammen, um Erkenntnisse in Bereichen wie Antrieb, Aerodynamik, Software oder Thermomanagement in die Serienprojekte einfließen zu lassen.
Mit dieser Aussage machte Schäfer bewusst deutlich, worin er den entscheidenden Unterschied zu chinesischen Herstellern sieht. Während diese mit hoher Geschwindigkeit neue Modelle auf den Markt bringen und durch Kostenvorteile punkten, setzt Mercedes-Benz auf eine tief verankerte Ingenieurtradition, die aus der Rennstrecke ihren stärksten Impuls zieht. Schäfer sprach dabei nicht von einem kurzfristigen Vorteil, sondern von einem strukturellen Element, das das Unternehmen „weltweit extrem einzigartig im Automobilgeschäft“ mache.