Deutschland auf Geisterfahrt: „Das Rütteln am Verbrenner-Aus ist kontraproduktiv“

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Michael Neißendorfer
Michael Neißendorfer
  —  Lesedauer 2 min

Der Auto-Gipfel im Kanzleramt, der vergangene Woche unter Ausschluss wichtiger Akteure des Mobilitätssektors mit fast ausschließlich Vertretern der Automobilindustrie stattfand, hat angesichts des nicht sehr heterogenen Teilnehmerfelds ein erwartbares Ergebnis erzielt: Bundeskanzler Friedrich Merz werde alles tun, um auf EU-Ebene die Vorschrift für das Jahr 2035 zu kippen. Was der Rettung der schwächelnden deutschen Automobilindustrie dienen soll, könnte sich jedoch als schwerwiegender Fehler entpuppen, so nach bereits vielen kritischen Stimmen nun auch Carwow in einer aktuellen Mitteilung.

„Die Diskussion über eine mögliche Rücknahme des Verbots von Verbrennungsmotoren ab 2035 ist nicht nur politisch fragwürdig, sondern auch wirtschaftlich kontraproduktiv. Die Daten zeigen eindeutig, dass das Interesse an Elektroautos wächst. Im September war ein Fünftel der neu zugelassenen Pkw reine Elektroautos“, kommentiert Carwow-Chef Philipp Sayler von Amende das Ergebnis des Gipfels.

Eine plötzliche Rücknahme des Verbots von 2035, das bereits vor mehr als zwei Jahren beschlossen wurde, würde diesen Fortschritt gefährden und neue Unsicherheiten schaffen, so Sayler von Amende weiter: „Diese Entscheidung sendet ein falsches Signal und verunsichert Käufer, Hersteller und Zulieferer gleichermaßen. Elektromobilität braucht Zuverlässigkeit, Vorhersehbarkeit und einen klaren Fahrplan. Die Zukunft des Autos ist elektrisch. Die heute geforderte Schonfrist für den Verbrenner könnte sich als Gnadenfrist für die deutsche Autobranche entwickeln.“

Was Hersteller und Verbraucher am meisten bräuchten, sei nicht eine Verschiebung der Fristen, sondern feste Rahmenbedingungen, so der Carwow-Chef. Wie das pragmatisch umgesetzt werden kann, zeige das Vereinigte Königreich. Dort hält man am Verbot neuer Benzin- und Dieselautos ab 2035 fest. Gleichzeitig schaffen die Briten aber Flexibilität, indem beispielsweise Hybridfahrzeuge, einige Ausnahmen für Hersteller und Kreditübertragungen zugelassen werden. „Ein gutes Beispiel für Gleichgewicht zwischen Ambition und Realismus“, so Sayler von Amende.

Anstatt durch Lobbyarbeit für eine Verschiebung des Ausstiegstermins für Verwirrung auf dem gesamten EU-Markt zu sorgen, sei die Ankündigung der Koalition, drei Milliarden Euro für neue Anreize für Elektroautos bereitzustellen, „genau das richtige Signal, das der Markt braucht“, sagt der Carwow-Chef. „Dies wird den Übergang zu Elektroautos in Deutschland beschleunigen und dazu beitragen, dass Elektroautos auch für Fahrer mit mittlerem und niedrigem Einkommen erschwinglich werden.“

Quelle: Carwow – Pressemitteilung vom 10.10.2025

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Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer ist E-Mobility-Journalist und hat stets das große Ganze im Blick: Darum schreibt er nicht nur über E-Autos, sondern auch andere Arten fossilfreier Mobilität sowie über Stromnetze, erneuerbare Energien und Nachhaltigkeit im Allgemeinen.

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