Kommentar: Zurück auf fossil – Porsches riskanter Kurs

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Sebastian Henßler
Sebastian Henßler
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Ein Kommentar von Sebastian Henßler


Porsche dreht den Elektro-Drehzahlmesser zurück. Der Sportwagenbauer ergänzt sein Portfolio um neue Verbrenner, verschiebt eine neue E-Plattform in die 2030er und hält Panamera sowie Cayenne als Verbrenner und Plug-in-Hybride „weit in die 2030er“ im Markt. Parallel sollen Taycan, Macan und Cayenne als E-Autos weiterentwickelt werden, ein künftiger Zweisitzer im 718-Segment ist angekündigt. Das wirkt ausbalanciert. Faktisch aber ist es ein Rückschritt zu fossiler Technik.

Die Begründung: „Marktrealitäten“. Dazu gehörten ein schwächeres Luxussegment in China, US-Zölle, ein langsamerer E-Auto-Hochlauf als erwartet. Kurzfristig teuer für Porsche: Abschreibungen und Rückstellungen belasten 2025 das operative Ergebnis um bis zu 1,8 Milliarden Euro. Die Prognose sinkt tief auf eine operative Marge von nur noch 2 Prozent. Die Ausschüttungsquote aber soll steigen. Die Botschaft: Cash und Nachfrage heute, Folgekosten morgen.

Das strategische Risiko ist offensichtlich. Europa hält bislang am 2035-Zulassungsstopp für neue Benziner und Diesel fest. Daran zu rütteln wäre ein Rückschritt, betonen viele Hersteller und Verbände. Neue Verbrenner-Baureihen erhöhen Komplexität in Entwicklung, Lieferkette und Fertigung, die sich über Jahre amortisieren muss. Je näher 2030 rückt, desto teurer werden diese Altlasten. Und Plug-in-Hybride lösen das nicht, sie verlängern es.

Die Nachfrage-These trägt nur halb. Ja, der Privatmarkt ist verunsichert, Rahmenbedingungen wechseln zu oft, das Ladenetz könnte durchaus schneller wachsen. Gleichzeitig erwartet die junge Generation den Abschied vom Verbrenner: 60 Prozent der Gen Z in Deutschland rechnen damit. Gesamtkosten und steigende CO₂-Preise verschieben die Rechnung klar Richtung Strom. Wer heute Luxus-SUV neu als Verbrenner bringt, wettet teuer gegen diesen Trend.

Andere Hersteller ziehen andere Schlüsse. Polestar hält Kurs und fordert Planungssicherheit statt Endlosdebatten, Tesla sowieso. Volkswagen arbeitet parallel an bezahlbareren E-Autos mit LFP-Zellen. Flexibilität ja, aber mit Fokus auf Skalierung elektrischer Architektur, Software und Kosten. Porsche vertagt den Kernhebel: eine neue E-Plattform für Effizienz, Reichweite und Marge. Ohne starke E-Architektur bleiben Ladezeiten, Gewicht und Stückkosten das Nadelöhr.

Markenbild und CO₂-Compliance sind die zweite Front. Porsche lebt von Technikführerschaft. Wer ab 2027/2028 weiter neue Verbrenner in großen SUVs pusht, muss Flottenziele über hohe Plug-in-Hybrid-Quoten, teure CO₂-Credits oder Stückzahllimits absichern. Das frisst die Marge auf. Gleichzeitig besetzen China-Marken das obere Premium-E-Segment mit hohem Tempo, umfassender Software-Funktionalität und aggressiven Preisen. Technikführerschaft heißt 800-Volt-Serienreife, Systemeffizienz und Software, nicht zusätzliche Auspuffrohre.

Auch die Finanzlogik von Porsche ist fragil. Eine höhere Ausschüttungsquote beruhigt kurzfristig, löst aber keine Plattformfrage. Abschreibungen heute sind gestrige Investitionen, die nicht tragen. Entscheidend wäre: Wann liefert Porsche eine E-Architektur, die Skaleneffekte und Dynamik verbindet, und wie schnell steigen die E-Anteile auf Marken- und Segmentniveau? Ein E-Anteil von 20 bis 22 Prozent im Jahr 2025 wirkt für ein Premium-Portfolio defensiv.

Alles andere als das E-Auto ist eine Wette auf die Vergangenheit

Porsches Narrativ heißt „Flexibilität“. Operativ bedeutet das heute Verbrenner und Plug-in-Hybrid, morgen E-Auto. Regulatorisch bedeutet Flexibilität verlässliche Pfade, klare Preissignale, straffe CO₂-Ziele. In diesem Rahmen zählen Beharrlichkeit und Skalierung. Wer Begehrlichkeit stiften will, geht voran – anstatt nachzulaufen.

Der Schritt zurück zum Verbrenner kann Nachfrage kurzfristig stabilisieren. Er löst keine strukturellen Aufgaben. Wer die Zukunft des Sportwagens definieren will, beschleunigt die Elektrifizierung und verringert die Abhängigkeit von fossiler Energie. Alles andere ist eine Wette auf die Vergangenheit.

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Sebastian Henßler

Sebastian Henßler

Sebastian Henßler hat Elektroauto-News.net im Juni 2016 übernommen und veröffentlicht seitdem interessante Nachrichten und Hintergrundberichte rund um die Elektromobilität. Vor allem stehen hierbei batterieelektrische PKW im Fokus, aber auch andere alternative Antriebe werden betrachtet.

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