Porsche steht an der Spitze des elektrischen Motorsports

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Porsche

Michael Neißendorfer
Michael Neißendorfer
  —  Lesedauer 7 min

32 Podestplätze, 13 Rennsiege und 4 WM-Titel: Das Zwischenfazit nach sechs Saisons in der Formel E fällt für Porsche auf ein bekanntes Datum. Denn es war der 28. Juli 2017, als der Stuttgarter Sportwagenbauer seinen Einstieg in den vollelektrischen Motorsport verkündete.

Fast auf den Tag genau acht Jahre später darf die Marke stolz behaupten, sich an die Spitze dieses Sports gesetzt zu haben. Beim Formel-E-Saisonfinale am vergangenen Samstag und am Sonntag in London komplettierte Porsche seine Titelsammlung: Zweimal schon gewann der Porsche 99X Electric den Formel-E-Fahrertitel in der englischen Hauptstadt. Den holte dieses Jahr Oliver Rowland von Nissan. Dafür gingen in diesem Jahr die beiden anderen WM-Titel nach Weissach – jene Titel, die noch fehlten: für das beste Team und für den erfolgreichsten Hersteller.

256 Meisterschaftspunkte sammelte das werkseigene TAG Heuer Porsche Formel-E-Team in der unlängst abgelaufenen Saison, der gerade einmal elften in der Geschichte der Formel E. Vorjahres-Weltmeister Pascal Wehrlein stand am Ende als Dritter auf dem Podest der Saison 2024/2025. Und dank der Erfolge der beiden Porsche-Kundenteams Andretti Formula E und Cupra Kiro punktete auch die Technik von Porsche mehr als die der Konkurrenz.

Drei Poles, ein Rennsieg und zehn Podestplätze entfielen auf das Werksteam, darunter drei Doppelpodien mit den Rängen 2 und 3. Der US-Rennstall Andretti holte einmal den besten Startplatz und stand zweimal auf dem Podium. Das ebenfalls unter US-Flagge startende Kiro-Team trug mit einem Sieg und einem zweiten Platz zum Porsche-Titel in der Hersteller-WM bei, holte einmal die Pole. Dass ein Werksfahrzeug und ein Kundenfahrzeug im selben Rennen für denselben FIA-WM-Titel punkten können, ist ein Formel-E-Novum. Ähnliches war zuletzt in den Gruppe-C-Tagen der Sportwagen-WM möglich. Pro Rennen punktete damals jedoch nur ein Fahrzeug, Werk und Kunden somit nicht gleichzeitig.

„Der Motorsport steckt tief im Innersten unserer Marke“

„Der Kundensport ist eine wichtige Säule von Porsche Motorsport, dementsprechend stolz sind wir, erstmals gemeinsam mit unseren Kunden einen WM-Titel gewonnen zu haben“, so Thomas Laudenbach, Leiter Porsche Motorsport. „Und dass wir erneut im elektrischen Formelsport siegen, beweist einmal mehr unsere breit aufgestellten Fähigkeiten. Der Motorsport steckt tief im Innersten unserer Marke – egal ob mit konventionellen Antrieben oder elektrisch, ob in unserem Wohnzimmer Le Mans oder mit Single-Seatern, die uns zumindest historisch gesehen weniger vertraut sind.“

Die Formel E: das sind einsitzige vollelektrische Rennwagen mit unverkleideten Rädern, konzipiert für Sprintrennen von weniger als 60 Minuten Dauer. Als Porsche 2017 den Wechsel von der Langstrecke in die Formel E verlautbarte, bedeutete dies auch den Aufbau neuer Kompetenzen. Hybride Sportprotypen für Rennen von mindestens sechs Stunden Dauer: So lautete bis dahin die Paradedisziplin des LMP1-Werksteams. Dass schon beim Debütrennen 2019 in Diriyya das erste Podium in der Formel E gelang, kam daher unerwartet. Auch deshalb, weil der Einstieg zu einem Zeitpunkt erfolgte, als andere Teams bereits über ein Jahr Rennerfahrung gesammelt hatten mit den sogenannten Gen2-Fahrzeugen, der zweiten Formel-E-Fahrzeuggeneration.

Florian Modlinger, Formel-E-Gesamtprojektleiter bei Porsche und Teamchef des TAG Heuer Porsche Formel-E-Teams: „Viele Einheitsbauteile, ein per Reglement gedeckeltes Budget und ein extrem hohes Wettbewerbsniveau: Es war klar, dass der Anfang für Porsche schwer werden würde. Als ich im Frühjahr 2022 zu Porsche wechselte, war spürbar, dass das Team nicht mit Sprintrennen groß geworden war. Ich kam von Abt-Audi aus der DTM und dann aus der Formel E – Sprints waren also meine Kernkompetenz. Ich glaube, dass mehr Erfahrung in diesem Bereich zu denjenigen Puzzleteilen gehört, die Porsche noch zum Erfolg fehlten.“

Porsche hat zwei Eisen im Feuer

Tatsächlich stellte sich der Erfolg mit Ankunft der Gen3-Fahrzeuge ein: 2023 kämpfte das Werksteam bis zum Finale in London um die Titel. Am Ende war es aber nicht Werksfahrer Pascal Wehrlein, der den ersten Porsche-Titel in der Formel E holte, sondern Jake Dennis vom Porsche-Kundenteam Andretti. Wehrlein gelang das Kunststück erst ein Jahr später an gleicher Stelle – nach einer Rekordsaison für das TAG Heuer Porsche Formel-E-Team mit sieben Siegen.

Modlinger: „Der wesentliche Schritt zwischen 2023 und 2024 war unsere Qualifying-Performance. Denn bei Sprintrennen gilt es umso mehr, von vorn zu starten. Pascal war am Ende seiner Titelsaison der beste Qualifyer. António hatte zwar einen Rennsieg mehr, war aber über weite Strecken in den Qualifyings nicht weit genug vorn. Auch deshalb ließen wir 2024 einige Punkte liegen.“

Während das Team in London den Titel Wehrleins feierte, liefen längst die Testfahrten mit dem Gen3-Nachfolger Gen3 Evo. Das Paket des neusten 99X Electric mit temporärem Allrad war erneut ein Titelkandidat. Und zur jüngsten Saison war schließlich auch António Félix da Costa stark im Qualifying. Die beiden Werkspiloten sammelten die meisten Duell-Teilnahmen der Saison.

„Olli (Rowland) war zeitweise dominant im Rennen – und wo er gepatzt hat, waren wir nicht ausreichend zu Stelle. Er ist hochverdient der neue Champion geworden. Trotzdem war unsere Leistung stark: Die meiste Zeit lagen beide unsere Fahrer unter den drei bis vier Besten in der Tabelle. Ihre Performance stimmte“, so Laudenbach. „Was uns nicht geholfen hat, waren einige unverschuldete Unfälle wie der Überschlag von Pascal in São Paulo und ein paar unglückliche Safety-Cars. Aber das gehört dazu und ist keine Ausrede – über die Jahre gleichen Glück und Pech einander aus, was das betrifft. Unsere stärkste Leistung war letztlich, dass wir immer zwei Eisen im Feuer hatten, und deshalb haben wir verdient die Team-WM gewonnen. Noch mal ein großes Dankeschön an alle unsere Teammitglieder an der Strecke und daheim im Werk!“

Motorsport mit Relevanz für die Serie

Als Porsche vor genau acht Jahren seinen Einstieg in die Formel E ankündigte, sollte das die elektrischen Ambitionen des Sportwagenherstellers unterstreichen. Zunehmender Raum für Eigenentwicklungen machte die innovative Elektrorennserie auch technisch attraktiv. Das gilt nach wie vor. In der Formel E konzentrieren sich Entwicklung und Budget auf diejenigen Fahrzeugkomponenten, die relevant sind für die Straße. Dazu gehören unter anderem der Antriebsstrang und die Betriebssoftware. Neuster Showcase dieser Entwicklungsarbeiten: die Pit-Boost genannten Schnellladeboxenstopps, bei dem der 99X Electric mit 600 kW Ladeleistung binnen 30 Sekunden 10 Prozent Energie nachlädt. Das Ladesystem CCS gleicht dabei dem der Porsche-Straßensportwagen.

„Dass unser Motorsport immer auch Relevanz besitzt für die Serie, wollten wir dieses Jahr in der Formel E noch stärker sichtbar machen und entschieden daher vor der Saison, in neuen Farben anzutreten“, so Laudenbach. Die symbolhaften Farben der Wahl: Purplesky und Shadegreen – also Lila und Grün –, übernommen vom Porsche Taycan Turbo GT, dem bislang leistungsstärksten Porsche-Straßensportwagen und der elektrischen Produkt-Speerspitze des Unternehmens. „Plakativstes Beispiel für den Techniktransfer von der Strecke auf die Straße ist sicherlich der Attack Mode im Turbo GT, angelehnt an den des 99X Electric. Das ist aber eher ein Gimmick. Die Substanz beim Thema Techniktransfer besteht vielmehr darin, dass unsere Ingenieure in Weissach Schulter an Schulter sitzen, also diejenigen von der Rennstrecke und diejenigen von der Straße. Der Austausch findet auf einer täglichen Basis statt. Das verkürzt die Wege des Know-hows zwischen den Projekten – und funktioniert in beide Richtungen. Das Rennfahrzeug kann bei uns also auch vom Straßenfahrzeug profitieren.“

António Félix da Costa, TAG Heuer Porsche Formel-E-Team, Porsche 99X Electric (#13), und Teamkollege Pascal Wehrlein (#1), ABB FIA Formel-E-Weltmeisterschaft, Berlin, Rennen 14, 2025, Porsche

Laudenbach weiter: „Der Austausch ist sicherlich etwas, das uns stark macht – innerhalb unseres Teams, zwischen unseren Entwicklungsmannschaften in Weissach, aber auch der mit unseren Kundenteams. Jeder im Sport und jeder Unternehmer weiß: Zusammen geht mehr. Nur so kann man Titel gewinnen wie die Team-WM und die Hersteller-WM in der Formel E. Im Namen von Porsche bedanke ich mich bei allen, die seit dem Beginn des Projekts 2017 zum Erfolg beigetragen haben.“

Porsche in der Formel E

2024/2025 bestritt Porsche seine sechste Formel-E-Saison. Neben dem werkseigenen TAG Heuer Porsche Formel-E-Team startete das US-Kundenteam Andretti Formula E mit dem Porsche 99X Electric der neusten Generation Gen3 Evo. Mit Cupra Kiro nahm erstmals ein zweites Porsche-Kundenteam teil und setzte dabei auf 99X-Technik der Vorgängergeneration Gen3. In der Formel E gewinnt die Marke wertvolle Erkenntnisse für ihre Seriensportwagen.

Quelle: Porsche – Pressemitteilung vom 28.07.2025

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Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer ist E-Mobility-Journalist und hat stets das große Ganze im Blick: Darum schreibt er nicht nur über E-Autos, sondern auch andere Arten fossilfreier Mobilität sowie über Stromnetze, erneuerbare Energien und Nachhaltigkeit im Allgemeinen.
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