Die Elektromobilität in Mittel- und Osteuropa gewinnt spürbar an Tempo. Neueste Auswertungen von Automobil-Analyst Matthias Schmidt zeigen deutliche Veränderungen im Zeitraum von Januar bis Ende Oktober 2025. Die Region bewegt sich zwar weiterhin unter dem westeuropäischen Durchschnitt, doch das Wachstum in mehreren Ländern fällt bemerkenswert aus. Der Blick auf die Daten offenbart klare Unterschiede zwischen den Märkten und macht sichtbar, wie stark nationale Förderungen und wirtschaftliche Rahmenbedingungen die Entwicklung beeinflussen.
Polen rückt in diesem Umfeld besonders in den Fokus. Dort erreichten reine Elektroautos im Oktober einen Anteil von 9,1 Prozent an den Neuzulassungen. Im Vorjahresmonat lag der Wert noch bei 2,4 Prozent. Der Schritt nach vorn fällt vor allem deshalb auf, weil staatliche Zuschüsse viele Haushalte dazu motiviert haben, ein E-Auto zu wählen. Das Volumen steigt auf knapp 4800 Neuzulassungen, während im gleichen Monat des Vorjahres nur rund 1150 E-Autos auf die Straßen kamen. Die Entwicklung über zehn Monate hinweg zeigt ebenfalls ein starkes Plus: Mehr als 30.000 Einheiten stehen gut 13.500 gegenüber, was einem Zuwachs von rund 125 Prozent entspricht.
Tschechien bewegt sich hingegen in eine andere Richtung. Im Oktober schrumpften die Zulassungen von 1475 auf 1264 Elektroautos. Der Anteil sinkt von 7,0 auf 5,4 Prozent. Über den längeren Zeitraum bleibt der Markt jedoch stabiler. Mehr als 11.000 Neuzulassungen in zehn Monaten stehen knapp 8700 aus dem Vorjahr gegenüber, also ein Wachstum von 32 Prozent. Die Zahlen zeigen, dass sich der Markt langsamer entwickelt, aber dennoch stetig voranschreitet.
Ungarn legt in beiden Zeiträumen zu. Der Oktober schließt mit fast 1000 Elektroautos ab, gegenüber knapp 640 im Vorjahr. Der Marktanteil steigt auf 8,7 Prozent. In zehn Monaten erreicht das Land fast 9000 Neuzulassungen und verbessert sich damit deutlich gegenüber den knapp 7200 Einheiten im Vorjahr. Die Dynamik wird durch moderate Anreize und steigende Modellverfügbarkeiten getragen.
Rumänien zeigt ein anderes Bild. Der Oktober weist ein Plus von 80,4 Prozent aus, da gut 1000 Elektroautos neu hinzukamen. Gleichzeitig fällt der Blick auf die Jahresbilanz nüchterner aus, weil die gut 6500 Neuzulassungen unter dem Vorjahreswert von fast 8000 liegen. Das erklärt sich durch wechselnde Förderprogramme und wirtschaftliche Unsicherheiten, die den Markt zeitweise ausgebremst haben.
Märkte zwischen Fortschritt und Rückschritt
Mehrere kleine Länder tragen zunehmend zur regionalen Entwicklung bei. Slowenien etwa steigert seine Oktoberzahlen von 223 auf 687 Elektroautos und erreicht damit einen Marktanteil von 14,1 Prozent. Der Markt gewinnt auch über das Gesamtjahr hinweg an Dynamik. Gut 5100 Neuzulassungen stehen rund 2550 gegenüber, was fast einer Verdopplung entspricht.
In der Slowakei verdoppelt sich das Oktober-Volumen nahezu, während der zehnmonatige Zeitraum ein deutliches Plus von 77,5 Prozent verzeichnet. Die hohen Wachstumsraten wirken beeindruckend, sind jedoch stark von kleinen Ausgangswerten geprägt. Ähnlich verhält es sich in Litauen, Bulgarien, Lettland und Zypern. Die Märkte bewegen sich in einem niedrigen Volumensegment, zeigen aber eine konstante Ausweitung der Elektromobilität.
Malta fällt durch einen Rückgang auf. Der Marktanteil sinkt im Oktober von 46,7 auf 28,1 Prozent. Über die zehn Monate geht die Zahl der Neuzulassungen ebenfalls zurück. Die Entwicklung verdeutlicht, wie empfindlich kleine Märkte auf veränderte wirtschaftliche Rahmenbedingungen reagieren. Kroatien und Estland verzeichnen ebenfalls Abnahmen.
Gesamtbild einer Region im Umbruch
Die Betrachtung in Summe ergibt ein klares Bild. Mittel- und Osteuropa erreichte im Oktober eine Elektroauto-Quote von 7,9 Prozent. Im Vorjahr lag sie bei 4,4 Prozent. Das Volumen steigt von gut 5300 auf fast 10.500 Neuzulassungen. Im Zehnmonatszeitraum zeigt die Region einen Zuwachs auf knapp 76.300 Elektroautos, während 2024 im gleichen Zeitraum gut 51.400 Neuwagen registriert wurden. Dies entspricht einem Anstieg von 48,4 Prozent.
Damit trägt die Region 3,8 Prozent zum gesamten westeuropäischen Elektroauto-Absatz bei. Der Wert lag im Vorjahr noch bei 3,6 Prozent. Polen beeinflusst diesen Trend am stärksten und sorgt mit seinem gewachsenen Marktanteil für einen spürbaren Schub. Viele Märkte beginnen, sich strukturell zu verändern. Reine Elektroautos erreichen zunehmend Menschen, die bislang auf andere Antriebe setzten. Die fortschreitende Modellvielfalt, sinkende Einstiegspreise und konkrete Anreize schaffen neue Erwartungen. Gleichzeitig bleibt die soziale und wirtschaftliche Realität in der Region unterschiedlich ausgeprägt.
Quelle: Matthias Schmidt – Industry data / ACEA / Schmidt Automotive Research / The European Electric Car Study







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