Rustikale Offroader auf der Auto China 2024: Chinesen entdecken die Wildnis

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Dongfeng M-Hunter / Press-Inform

Wolfgang Hörner
Wolfgang Hörner
  —  Lesedauer 5 min

Vor ein paar Jahren noch undenkbar, jetzt Realität: Chinesische Autohersteller erobern die Themen Offroad, Abenteuer und Camping. Die Kunden sind begeistert, denn auch im Straßenverkehr sind immer mehr Ableger von Mercedes G-Klasse und Jeep Wranger zu sehen.

Chinesischer Automarkt? Bei diesem Stichwort denkt man innovative Elektroautos, an überbordendes Infotainment oder lange Chauffeurslimousinen. In der Vergangenheit vielleicht auch an prunkvoll-skurrile Designs oder wild kopierte Stylings. Was dagegen lange Zeit ein Tabuthema schien, war alles rund um schmutzig: Fahrzeuge fürs Grobe, Geländewagen und Pickups, gemacht um abseits der Metropolen Freiheit und Abenteuer zu erleben.

Doch spätestens auf der diesjährigen Auto China spüren die Messebesucher, dass ein neuer Wind weht: raus aus der Stadt, hinein ins Gelände. Kein Wunder, dass die Mercedes G-Klasse in China ihren zweitwichtigsten Markt nach den USA hat. Ein Grund, wieso auch die elektrische Mercedes G-Klasse ihre Premiere in Peking feierte. Doch das ist längst nicht alles, denn bei vielen chinesischen Autobauern parken ebenfalls hochbeinige Offroader auf den Ständen. Etliches davon ist rein für den lokalen Markt, manches für den asiatischen Raum und einiges aber auch für Europa.

Mercedes-G-580-EQ
Mercedes G580 EQ / Press-Inform

Eines jener Modelle, das auch hierzulande platziert werden soll, ist der martialisch anmutende Dongfeng M-Hero 1 (den wir bereits gefahren sind) – in China als Mengshin 917 vertrieben. Das eher an einen Radpanzer als an einen SUV erinnernde Fahrzeug hat alles, was im Gelände richtig und wichtig ist: Leiterrahmen, Achssperren, Bodenfreiheit und unglaubliche Steigfähigkeit. Und er zählt zu jenen Offroad-Vertretern, die rein elektrisch unterwegs sind. Dass bei knapp 3,5 Tonnen Leergewicht und über 1000 PS Leistung die Reichweite nicht üppig sein wird, versteht sich.

Das hinderte die Mannen von Dongfeng das Rad noch ein bisschen weiter zu drehen: Mit dem M-Hunter (im Titelbild zu sehen) zeigen sie in Peking ein Derivat, dass für wilde Baja-Einsätze gemacht ist. Das Concept-Car ist praktisch völlig offen, ein reiner Zweitürer, spartanisch ausgestattet, führt dafür aber zwei Ersatzreifen mit sich – gut für Rallyeeinsätze. Weil Offroad aber auch mit Camping verbunden ist, präsentiert Dongfeng auch die Vision eines Pickup. Stilistisch nimmt es Anleihen an Teslas Cybertruck, besitzt also eine weit nach vorne verschobene Kabine. Das schafft bei dem E-Pickup Platz für einen überdimensionalen Zeltaufbau auf der Pritsche.

Dongfeng Pickup Concept
Dongfeng Pickup Concept / Press-Inform

Doch auch andere wollen elektrisch ins Gelände. JAC hat inzwischen seinen auch in Deutschland erhältlichen Pickup namens Hunter vollelektrisch gemacht. Der 5,60 lange Pritschenwagen hat zwei E-Motoren und Allradantrieb – wichtig auf einem Markt, der in China deutliche Zuwachsraten aufweist. Rein elektrisch präsentiert sich auch iCar. Gleich drei Modelle plus ein Derivat zeigt das sehr designorientierte Unternehmen. Der V23 nimmt dabei starke Anleihen am klassischen Land Rover Defender und versprüht mit seinen geschlossenen hinteren Seitenbereichen anstelle von Fenstern den Charakter eines Arbeitstiers. Die 800-Volt-Plattform mit zwei E-Motoren sorgt je nach Batterieversion für Reichweiten von bis 500 Kilometern. Das können O3 und O3T noch besser, die auf bis zu 600 Kilometer kommen. Sie dokumentieren deutliche Ford-Bronco-Einflüsse und mehr Familientauglichkeit.

iCar O3T
iCar O3T / Press-Inform

Und da man in China keine Scheu hat, auch einmal etwas ganz Neues zu probieren, dokumentiert der X25 eine völlige andere Interpretation des Offroad-Fahrens: Er wirkt wie ein hochbeiniger Van und zeigt, dass die platzsparenden E-Motoren auch ganz andere Designkonzepte zulassen.

DMO 5
DMO 5 / Press-Inform

Auch andere Hersteller haben ihr Angebot inzwischen um vollelektrische Geländewagen ergänzt und stehlen in Peking damit der Publikumspremiere der vollelektrischen G-Klasse die Schau. Dazu gehört DMO mit seinem Modell Nummer 5, das auch gleich artgerecht im Outfit eines Outdoor-Urlaubers präsentiert wird. Die seitlich aufgesetzten Transportboxen sind eine Kopie der Lösung beim aktuellen Defender, das Design hingegen eine verblüffende Eigenleistung. Klar, finden sich Einflüsse des alten und neuen Bronco oder Landy-Reminiszenzen, trotzdem wirkt das Styling eigenständig, markant und robust. Mit technischen Infos will man indes noch nicht rausrücken.

Baic BJ30
Baic BJ30 / Press-Inform

Bei BAIC sind die ausgestellten Offroader BJ30 und BJ40 zwar nicht mehr brandneu, dafür macht man sich jetzt an die Detailverbesserungen. So lassen sich die Vordersitze des BJ30 komplett flachstellen, so dass eine große, durchgängige Schlaffläche entsteht. Eine integrierte Beamer-Projektionsfläche vor der Windschutzscheibe sorgt für kinomäßige Unterhaltung – ein Traum für verwöhnte Camper oder verliebte Teenager.

Plug-in-Hybride mit mehr als 200 km Reichweite

Obwohl der Absatz an E-Autos in China gut läuft, ist dort das Thema Plug-in-Hybrid längst nicht tot – schon gar nicht bei Geländewagen und Pickups. Verblüffend dabei: Selbst für diese vergleichsweise kleinen Hochvoltspeicher setzten viele Autobauer auf 800-Volt-Technologie. Das sorgt teilweise für E-Reichweiten von 260 Kilometern und Gesamtreichweiten inklusive Verbrenner von 1400 Kilometern.

Einer jener Vertreter ist der Jetour T5. Sein kombinierter Antrieb auf Basis eines 2,0-Liter-Benziners kommt auf 724 PS und 795 Newtonmeter Drehmoment. Heftige All-Terrain-Bereifung und kompromissloses, ziemlich eigenständiges Offroad-Design sorgen für überdurchschnittlich gute Böschungswinkel und Steigfähigkeiten.

Jetour T5
Jetour T5 / Press-Inform

In die gleiche Kerbe schlägt der Jischi Roxx. Auch er ist ein Plug-in-Hybrid mit rund 250 Kilometern Elektroreichweite, robustem Design und jede Menge Camping-Allüren. Und selbst vor den klassischen Pickups macht die Renaissance des PHEVs nicht halt: GWM adelte kurzerhand den erfolgreichen HI4 zu HI4T – mit mechanischem Vierradantrieb, Leiterrahmen und rund 400 PS total. Auf jeden Fall in dieser Hinsicht sind die Chinesen Europäern und Amerikaner voraus.

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Wolfgang Hörner

Wolfgang Hörner

Wolfgang schreibt für verschiedene Medien und setzt sich mit dem E-Mobilität auseinander. Fortan auch für Elektroauto-News.net seit März 2023.
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pionierska:

Netter Erklärungsversuch.

Der chinesischen Mentalität entspricht das aber nicht. Wüste stellt für die allermeisten Chinesen eine extreme Form von Gefahr dar. In eine solche begibt man sich nicht einfach so und wenn doch dann nur in einer hinreichend grossen Gruppe. Da sind Busse gefragt, keine 4×4. Also werden sie in den „verlorenen“ Gebieten Strassen bauen, so wie sie es in der Taklamakan Wüste (übersetzt so etwas wie Platz ohne Wiederkehr) auch gemacht haben.

Wolfbrecht Gösebert:

Vorweg: Die alleinige (und in meinen Augen alberne) Verwendung der veralteten PS-Maßeinheit im Artikel steht im völligen Widerspruch zu sinnvollen und »gültigen« Maßeinheiten (Kilo-)Watt bzw. Volt und Ampere …

Zur Sache: Vielleicht ist ja die Zunahme der Angebote an Geländewagen auch eine Folge der zunehmenden Wüstenbildung, von der eben auch China betroffen ist, insbesondere der trockene Norden (Wüste Gobi). In deren Folge gibt es jedes Jahr in Peking mehrmals Alarm wegen drohender Atemprobleme, wenn ein Sandsturm aus dem Norden Wüstensand mitbringt.

Zitat Wikipedia: „Durch die »Desertifikation« verliert die Volksrepublik jedes Jahr 2.500 km² Fläche (etwa die Fläche des Saarlands). 100 Millionen Menschen werden von der Desertifikation bedroht. Die Durchschnittstemperatur in Peking ist durch die Wüstenhitze bereits um einige Grad Celsius gestiegen. Auch Japan, Nordkorea und Südkorea leiden unter den Sandstürmen aus China, denn sie führen in jenen Ländern zu braunem Regen und zu verstopften Flüssen. Diese Sandstürme, die die Chinesen poetisch auch „gelbe Drachen“ nennen, sind so kräftig, dass bereits an der Westküste der USA Staub aus China gefunden wurde.“

In der Praxis bringen eigentlich erst vier in »Millisekunden« einzeln steuerbare E-Motoren den Nutzen, der sich gegen die Kosten, den Raumbedarf und die mechanisch trägen Massen vom Verbrennungsmotor, den Verteiler-Getrieben und Lamellenkupplungen ergibt. Den martialischen Show-Effekt beim Herumfahren in Städten ergibt sich allerdings auch mit veralteten „PS“-Antriebssystemen :]

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