Die neue Bundesregierung nimmt Klimaschutz nicht ernst genug

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Daniel Krenzer
Daniel Krenzer
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Ein Kommentar von Daniel Krenzer

Die ersten Wochen mit der neuen Bundesregierung aus CDU, CSU und SPD sind überstanden, und nicht nur mit Blick auf die verkorkste Kanzlerwahl und die jüngsten Streitigkeiten um Personalien beim Bundesverfassungsgericht wünscht sich manch einer bereits die Zeiten der Ampelkoalition zurück. Doch vor allem wem der Klimaschutz aus all den offensichtlichen Gründen am Herzen liegt, dem bereitet jenes größte Bauchschmerzen, was Kanzler Friedrich Merz und seine Mannschaft bislang abliefern.

Bundeswirtschaftsministerin Katharina Reiche (CDU) kommt zu dem Schluss, dass Klimaschutz in den vergangenen Jahren politisch überbetont worden sei und gibt lieber Erd- als Vollgas Richtung nachhaltiges Energiesystem. Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) greift eine beliebte, aber gleichermaßen dümmliche Stammtischparole auf und legt großen Wert darauf zu betonen, dass das kleine Deutschland die Welt ja mit der Einsparung seiner paar Emissiönchen alleine auch nicht retten kann. Und Bundesverkehrsminister Patrick Schnieder (auch CDU) verzichtet bei der Besetzung seiner Expertenkommission zu klimafreundlicher Mobilität offensichtlich auf allzu elektromobile Einflüsse und räumt der Technologieoffenheit und utopischen Quatsch-Visionen wie HVO und E-Fuels überdurchschnittlich viel Raum ein.

Applaus von den Stammtischen

Offensichtlich ist die CDU aktuell vor allem damit beschäftigt, dem auch von rechtspopulistischen Medienhäusern befeuerten Hass auf als „grün“ definierte Themen gerecht zu werden. Wärmepumpen, Elektroautos, Sonnen- und Windenergie – all diese vernünftigen Dinge, die nicht zuletzt von der EU massiv unterstützt werden, klingen für viele aktuell eher wie Schimpfwörter. Und auch, wenn man in CDU und CSU sicher weiß, dass an diesem „Teufelszeug“ kein Weg vorbeiführen wird, werden die dümmlichen Narrative von einer erschreckend großen Anzahl an Unions-Politikern fröhlich weiter bedient – passt ja irgendwie gut ins eigene rückwärtsgewandte Weltbild, und gröhlender Applaus von den Wählern am Stammtisch und von den Bots und Uninformierten in sozialen Netzwerken ist ebenfalls garantiert. Das schafft ja sonst nur die AfD.

Nein, Frau Reiche, fossile Energien und weniger Ernsthaftigkeit beim Klimaschutz sind ganz sicher nicht die Lösung. Damit verspielt Deutschland weiter eine lebenswerte Zukunft kommender Generationen und versäumt zudem – im Gegensatz zu Ländern wie Äthiopien – die energetische Emanzipation. Oberstes Ziel der Energiepolitik muss es sein, die Stromnetze in Deutschland dazu zu ertüchtigen, künftig einen viel höheren Anteil an erneuerbaren Energien aufzunehmen, zu speichern und zu verteilen.

Nein, Herr Merz, Deutschland kann sich nicht wegen seiner vermeintlich unbedeutenden Auswirkung auf das Weltklima beim Klimaschutz zurücklehnen. Nur wenn eine große Mehrheit der Länder weltweit an einem Strang zieht, dann wird das was mit der Energiewende und einem Abbremsen des Klimawandels – für ein Aufhalten ist es ja bereits längst zu spät.

Und das gerne als Anti-Beispiel genannte China ist auf dem besten Weg, der Welt zu zeigen, wie genau das geht. Trotz des enormen Wachstums der Wirtschaft in den vergangenen Jahren mit zwischenzeitlichem Kohlehochlauf ist es der Volksrepublik nun erstmals gelungen, den Anteil der erneuerbaren Energien dermaßen zu erhöhen, dass der CO2-Ausstoß zuletzt gesunken ist und in den kommenden Jahren voraussichtlich weiter deutlich sinken wird. Dieser Weg ist die Zukunft, und nicht der abgasgeschwängerte Trumpelpfad, den die USA eingeschlagen hat.

Keine Herrschaft für die Dummen

Nein, Herr Schnieder, in der Straßenmobilität ist zukünftig kein Platz mehr für Verbrennungsmotoren. Das mag zwar deutsche Ingenieurskunst vom Feinsten sein, doch schon bald gehört sie ausschließlich ins Museum. Die Herausforderung bei den erneuerbaren Energien sind so schon groß genug, als dass wir uns einen energetischen Unsinn wie E-Fuels oder ein Kunst-Sprit-Gepansche wie mit HVO erlauben könnten. Und: Auch bei diesen Fahrzeugen kommt hinten eine ordentliche Ladung Lärm und Gift heraus, das uns allen das Leben erschwert, verkürzt oder gar beendet. Schluss damit, schmeißen Sie endlich die Verbrennerlobby aus Arbeitskreisen, in denen es um die Zukunft geht. Ansonsten ist auf unseren Straßen bald nur noch Ingenieurskunst aus China zu bewundern.

Die CDU wäre sehr gut damit beraten, trotz der bewusst geschürten Verunsicherung in der Bürgerschaft des Landes wieder mehr auf Wissenschaft und Vernunft zu setzen und weniger populistische Strömungen bedienen zu wollen – auch wenn es dafür mal Gegenwind geben sollte (fragen Sie mal Herrn Habeck!). Wer als Bürger ungebildet, egoistisch und menschenfeindlich ist, der findet in einer anderen Partei im Bundestag seinen Hafen voller Gift und Galle und braucht dafür keine Alternative (nein, Frau Klöckner!). Die große Mehrheit der Menschen in Deutschland möchte aber eine Politik, in der gesunde und tragfähige Entscheidungen für die Zukunft getroffen werden – und keine Herrschaft für die Dummen.

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Daniel Krenzer

Daniel Krenzer

Daniel Krenzer ist als studierter Verkehrsgeograf und gelernter Redakteur seit mehr als zehn Jahren auch als journalistischer Autotester mit Fokus auf alternative Antriebe aktiv und hat sich zudem 2022 zum IHK-zertifizierten Berater für E-Mobilität und alternative Antriebe ausbilden lassen.
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