Mercedes-Benz schließt den Batterie-Kreislauf mit eigener Recyclingfabrik

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Mercedes-Benz

Michael Neißendorfer
Michael Neißendorfer
  —  Lesedauer 4 min

Mercedes-Benz hat eine Batterie-Recyclingfabrik mit integriertem mechanisch-hydrometallurgischem Verfahren eröffnet und ist damit laut eigener Aussage der erste Automobilhersteller weltweit, der den Batterie-Wertstoffkreislauf mit einer eigenen Anlage schließt. Mit der Recyclingfabrik im süddeutschen Kuppenheim kann Mercedes-Benz den Verbrauch wertvoller Primärressourcen verringern.

Anders als heute etablierte Verfahren betrage die erwartete Rückgewinnungsquote der mechanisch-hydrometallurgischen Recyclinganlage mehr als 96 Prozent. Wertvolle, begrenzt verfügbare und teure Rohstoffe wie Lithium, Nickel und Kobalt können wiedergewonnen werden, so dass sie für den Einsatz in neuen Batterien künftiger Elektroautos geeignet sind. Das Unternehmen investierte einen zweistelligen Millionenbetrag in den Aufbau der neuen Batterie-Recyclingfabrik und damit in die Wertschöpfung am Standort Deutschland.

Bundeskanzler Olaf Scholz sowie Baden-Württembergs Umweltministerin Thekla Walker informierten sich anlässlich der Eröffnung im badischen Kuppenheim vor Ort. „Die Zukunft des Automobils ist elektrisch und Batterien sind dafür ein wesentlicher Bestandteil. Um Batterien ressourcenschonend und nachhaltig zu produzieren, braucht es auch Recycling. Kreislaufwirtschaft ist ein Wachstumsmotor und gleichzeitig wesentlicher Baustein zur Erreichung unserer Klimaziele“, sagte Kanzler Scholz bei der Eröffnung der Anlage und gratulierte Mercedes-Benz „zu Mut und Weitsicht bei dieser Investition in Kuppenheim. Deutschland bleibt ein Leitmarkt für neue und innovative Technologien.“

Mercedes-Benz kooperiert für die neue Batterie-Recyclingfabrik mit dem Technologiepartner Primobius, ein Joint-Venture des deutschen Unternehmens für Anlagen- und Maschinenbau SMS Group und des australischen Prozesstechnologieentwicklers Neometals. Im Rahmen eines wissenschaftlichen Forschungsprojekts mit drei deutschen Hochschulen wird die Anlage vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz gefördert. Das Projekt betrachtet die gesamte Prozesskette des Recyclings inklusive Logistik- und Reintegrationskonzepten. Die Partner können damit einen wichtigen Beitrag leisten zur zukünftigen Skalierung der Batterierecycling-Wirtschaft in Deutschland.

Integriertes mechanisch-hydrometallurgisches Recyclingkonzept

Die Recyclingfabrik deckt Mercedes-Benz zufolge erstmalig in Europa alle Schritte von der Zerkleinerung der Batteriemodule bis hin zur Trocknung und Aufbereitung der batterie-aktiven Wertstoffe ab. Während das mechanische Verfahren in einem komplexen, mehrstufigen Prozess Kunststoffe, Kupfer, Aluminium und Eisen sortenrein sortiert, widmet sich das nachgelagerte hydrometallurgische Verfahren der sogenannten schwarzen Masse. Das sind die aktiven Materialien, aus denen die Elektroden der Batteriezellen bestehen. In einem mehrstufigen chemischen Prozess werden die wertvollen Metalle Kobalt, Nickel und Lithium einzeln extrahiert. Diese Rezyklate haben laut dem Hersteller Batteriequalität und seien damit für die Herstellung neuer Batteriezellen geeignet.

Das hydrometallurgische Verfahren ist, anders als die heute in Europa etablierte Pyrometallurgie, weniger energieintensiv und erzeugt geringere Abfallmengen. Es arbeitet mit niedrigen Prozesstemperaturen von bis zu 80 Grad Celsius und verbraucht deshalb weniger Energie. Darüber hinaus werde die Recyclingfabrik wie alle Mercedes-Benz Produktionswerke bilanziell CO2-neutral betrieben. Sie werde zu 100 Prozent mit Grünstrom versorgt. Die Dachfläche des 6800 Quadratmeter großen Gebäudes ist mit einer Photovoltaikanlage ausgestattet, die über eine Leistung von mehr als 350 Kilowatt-Peak verfügt.

 

Die Mercedes-Benz Batterie-Recyclingfabrik in Kuppenheim hat eine Jahreskapazität von 2500 Tonnen. Die wiedergewonnenen Wertstoffe sollen in die Produktion von mehr als 50.000 Batteriemodulen für neue vollelektrische Mercedes-Benz Modelle einfließen. Auf Basis der gewonnenen Erkenntnisse könnte mittel- bis langfristig eine Skalierung der Produktionsvolumina erfolgen.

Ganzheitlicher Ansatz der Batteriewertschöpfung

Mercedes-Benz verfolgt mit Blick auf die Kreislaufwirtschaft von Batteriesystemen einen ganzheitlichen Ansatz und betrachtet dabei drei Kernthemen: zirkuläres Design, Werterhaltung und das Schließen des Wertstoffkreislaufs. Mit dem Ansatz Design for Circularity berücksichtigt das Unternehmen von Anfang an die gesamte Wertschöpfungskette der Batterietechnologie.

Im 2024 eröffneten Mercedes-Benz eCampus in Stuttgart-Untertürkheim fließt der Kreislaufgedanke bereits bei der Entwicklung neuer Batteriezellen ein. Die Produktion der Batterien erfolgt bilanziell CO2-neutral in Batteriefabriken auf drei Kontinenten. Die lokale Batterieproduktion sei ein wesentlicher Erfolgsfaktor für die nachhaltige Geschäftsstrategie von Mercedes-Benz.

Für alle seine E-Autos bietet das Unternehmen aufbereitete Batterien als Ersatzteil an, um dem Gedanken eines geschlossenen Wirtschaftskreislaufs gerecht zu werden und Ressourcen zu schonen. Darüber hinaus wurde mit dem Tochterunternehmen Mercedes-Benz Energy ein Geschäftsmodell mit stationären Großspeicheranwendungen etabliert. Batterien, die nicht mehr im Auto einsetzbar sind, lassen sich in einem Second-Life-Speicher weiter nutzen.

Für Baden-Württemberg als Automobilland ist das Thema Batterierecycling von großer Bedeutung. Eine ganzheitliche Wertschöpfungskette verringert Abhängigkeiten, erhöht die Resilienz in Krisenzeiten und kann Schwankungen bei der Verfügbarkeit von Rohstoffen ausgleichen“, sagte Thekla Walker MdL, Ministerin für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg, bei der Eröffnung der Anlange.

Quelle: Mercedes-Benz – Pressemitteilung vom 21.10.2024

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Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer ist E-Mobility-Journalist und hat stets das große Ganze im Blick: Darum schreibt er nicht nur über E-Autos, sondern auch andere Arten fossilfreier Mobilität sowie über Stromnetze, erneuerbare Energien und Nachhaltigkeit im Allgemeinen.

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Plonus:

Wie viele Emobile hat Daimler denn schon verkauft? Und die Akkus sind alle schon hinüber, und müssen recycelt werden? Und wer spendiert den Autobesitzern neue?

RMuntel:

Ach ja sorry Lithium am Ende? Was ist mit Kohle in D Lagerstätten ? Lasst man die Kohle weiter in der Erde, die kann D nach 2040 nochmal den Standard retten, da das Fischer-Tropsch-Verfahren nicht um sonst erfunden wurde und man nicht von teurem Öl und Gas in D abhängig bliebe!

RMuntel:

Fragen Sie doch bitte gern mal bei BASF in Schwarzheide nach, dort wird so etwas ähnliches versucht allerdings auf Zellenbasis!

RMuntel:

Tja das ist das Problem ich war Bestandteil dieser Receycling Kette. Bei Daimler Industriegroßspeicher bei Verwendung von Secondlife Batterien gebaut, danach bei Leadec Batteriemodule für Daimler zurückgewonnen im Demontage Verfahren und jetzt schließt sich der Kreislauf, hervorragend! Allerdings hat Politik bei Daimler nebst Tesla fur Furore gesorgt beim Dieselskandal! Und heute werden weiter Steuermittel dafür verbrannt, tja sorry immer noch besser um sie in aller Welt zu verteilen, dennoch viel zu spät! Regieren ohne dafür qualifiziert zu sein, führt leider kaum zum Ziel!

Frank2:

Bis zu 96%

guckst Du hier: https://winfuture.de/news,146210.html

Frank2:

Naja – manch einem kann man halt einfach nichts recht macen!

Auf der einen Seite beschweren sich alle, dass die deutschen Autobauer BEVs verschlafen haben.
Wenn dann ein Hersteller versucht die zuküjftige Aufgabe des Recyclings rechtzeitig anzugehen – wieder nicht recht!

Im übrigen glaube ich nicht dass man bei Mercedes verzweifelt ist – ich denke Sie sollten sich mal die Bilanzen etwas genauer anschauen.
Die verdienen sehr sehr gutes Geld mit dem Model-Mix den Sie im Moment anbieten.

Frank2:

Alle die in den 60-er Jahren geboren wurden, können sich an todsichere wissenschaftliche Studien erinnern. die ein Ende der Oelförderung für ca. 1995 angekündigt haben.

Heute haben wir mehr bekannte Oelreserven als in 1975 !

Ich werde das zwar nicht mehr erleben, aber auch in 50 Jahren wird es noch Lithium geben – wenn man es dann überhaupt noch braucht :-)

„Die Steinzeit wurde nicht durch den Mangel an Steinen beendet!“

A. Röck:

Sie heissen nicht nur Bingo- Sie sind auch einer! Eine Li- Batterie für 400 km, hat 80 kWhel; und sie wiegt 480 kg— n i c h t 692 kg; ;

A. Röck:

Man wüßte gerne: Wieviel % des schwierig zu trennenden Li, erhält man zurück ? Schliesßlich sagt FRAUNHOFER: In 40- 70 J. könne das Lihum zu Ende sein- ohne Recycling !

Malthus:

>Das Unternehmen investierte einen zweistelligen Millionenbetrag…

Und für so einen Pipifax findet der sogenannte Kanzler Zeit, wahrend allerorts der Gerichtsvollzieher Vollbeschäftigung meldet.

>Das Problem ist nur: Es fehlt an Material
https://edison.media/umwelt/mercedes-eroeffnet-fabrik-fuers-batterie-recycling/25251508/

Die Schwaben sind im höchsten Maß verzweifelt.
Jedenfalls die paar, die noch was merken.

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