Der Autobauer Opel hat das Leitmotiv seiner E-Mobilitätsstrategie auf den Prüfstand gestellt. Der vollständige Wechsel zu BEV-Konzepten, vom Topmanagement einst unmissverständlich vorgegeben, ist mittlerweile nicht mehr zwingend geboten. Anders als zunächst gedacht, ergeben sich damit auch für verbrennungsmotorisch respektive hybridisiert angetriebene Fahrzeuge mit dem Blitz im Logo künftig Angebotsoptionen, die weit in das kommende Jahrzehnt hineinreichen könnten.
Für die deutsche Stellantis-Tochter galt lange das plakative Ziel, dass in drei Jahren sämtliche Neuwagen in der Alten Welt Stromer sein werden: „Opel wird auf dem Kernmarkt Europa ab 2028 ausschließlich Elektroautos anbieten“, hatte etwa Opels früherer CEO Michael Lohscheller, inzwischen Chef von Polestar, beim digitalen Stellantis-Tag der Elektrifizierung („EV Day 2021“) betont.
Das Bekenntnis zur reinen Stromfahrt hatte Lohschellers Nachnachfolger, der heutige Opel-Kapitän Florian Huettl, unter anderem 2023 in einem „Bild“-Interview wiederholt – ergänzt um eine ambitionierte Ankündigung für das laufende Jahr: „Ab 2025 wird jedes neu in den Markt gebrachte Opel-Modell ausschließlich rein elektrisch angetrieben sein. Ab 2028 werden wir in Europa nur noch batterieelektrische Autos anbieten“, ließ sich Huettl zitieren.
Opel-Chef Florian Huettl lässt Hintertür für Verbrenner-Fortführung offen
Nun allerdings ließ Huettl auf aktuelle Anfragen des Hamburger Redaktionskontors „BeHonest“ für Elektroauto-News eine Unternehmenssprecherin erklären: „Wir profitieren von der Flexibilität, die unsere Strategie im Einkauf und in den Werken bietet. Diese muss nicht auf 2028 begrenzt sein, wenn die Nachfrageseite anderes verlangt, doch wir haben ganz klar die Ziele im Bereich der Dekarbonisierung unseres Unternehmens und unseres Fahrzeugangebots im Blick“. Weiter heißt es: „Aktuell prüfen wir unsere entsprechenden Planungen und passen Sie an die neuen Bedingungen an“.
Zur Einordnung dieses öffentlich weithin noch kaum bemerkten Paradigmenwechsels teilte Opel mit: „Jedem in der Branche ist klar, dass die Elektrifizierung nicht in allen Märkten gleich schnell in Schwung kommt. Aber: es gibt ganz klar Bewegung auf Nachfrageseite“.
Deutschland sei „wieder mit Abstand der größte Elektromarkt in Europa, und auch regulatorisch (…) ein bisschen was in Bewegung gekommen“. Daher gelte: „Wir freuen uns über die Maßnahmen, die die neue Bundesregierung getroffen hat“.
Laufe das Geschäft rund um die E-Mobilität etwa in Spanien und Italien lediglich vergleichsweise mau, gäben hingegen das United Kingdom (in Großbritannien werden Opel-Produkte unter der Marke Vauxhall vertrieben; Anm. d. Red.) und Frankreich „positive Beispiele“ ab – „dank politischer Maßnahmen wie (…) Social Leasing, das auch die Mitte der Gesellschaft anspricht, emissionsfrei Auto zu fahren“, so Opel in den Statements.
Das Traditionsunternehmen jedenfalls sei „bereit für die elektrifizierte Mobilität und (…) als erster deutscher Hersteller mit einem komplett elektrifizierten Modellportfolio auf dem Markt. Und das mit bezahlbaren Preisen (Frontera ab unter 29.000 Euro, Corsa ab unter 30.000 Euro vollelektrisch)“.
„Multi Energy“-Strategie ermöglicht Flexibilität bei der Produktion. Auch über 2028 hinaus.
Mit der „Multi Energy“-Strategie habe man “sehr früh stark“ auf die Elektromobilität gesetzt. Daraus resultiere heute, „dass wir dem Kunden alle unsere Modelle mit jedem Antrieb anbieten können“. So werde im Stammwerk Rüsselsheim der Astra gebaut – je nach Bestellung als vollelektrisches Fahrzeug, als Plugin-Hybrid, als Hybrid oder als Verbrenner.
„Das Werk ist praktisch zu 100 Prozent flexibel beim Verbau der Antrieb“, lässt Opel wissen. „Wir können also wirklich sehr gut reagieren auf Schwankungen, die im Hochlauf zwangsläufig vor uns liegen“.
Die nächste Generation des Kompaktmodells Opel Astra erwarten Insider nicht vor dem Jahr 2028. Der Kleinwagen Opel Corsa rollt 2027 in neuer Version an. Nach den eingangs erwähnten Opel-Planungen früherer Tage hätten beide wichtigen Volumenbaureihen auf europäischen Märkten ausnahmslos mit rein elektrischen Antrieben zu den Kunden gelangen sollen. Nach der Anpassung an die gegenwärtigen Marktbedingungenwerden ist diese zentrale Prämisse passé.