Sixt-Vorstand Nico Gabriel warnt im Gespräch mit der Automobilwoche vor möglichen Folgen einer von der EU geplanten Elektroauto-Quote für gewerbliche Flotten. Nach seinen Worten käme eine Quote von 50 Prozent bis 2027 und 90 Prozent bis 2030 „de facto einem vorgezogenen Verbrennerverbot“ gleich. Eine solche Regelung hält er bei den aktuellen Rahmenbedingungen für „den vollkommen falschen Ansatz“.
Gabriel betont, dass Sixt grundsätzlich hinter der Elektrifizierung stehe und auch selbst ambitionierte Ziele verfolge: „Wir sind nicht gegen eine Elektrifizierung und wollen unseren Beitrag leisten.“ Die Nachfrage der Kunden sei jedoch ausschlaggebend. „Gegen die können wir nicht arbeiten“, sagt er. Die Flotte werde alle sechs bis neun Monate erneuert, sodass steigende Nachfrage schnell bedient werden könne – derzeit sei diese aber nicht vorhanden. Trotz Werbeoffensiven, Rabatten und der Option, E-Autos mit 80 Prozent Akkustand zurückzugeben, habe sich „die Nachfrage bisher nicht angesprungen“.
Ein zentrales Problem sieht Gabriel in der unzureichenden Ladeinfrastruktur – vor allem bei Schnellladern. „Wer große Strecken fährt, kann nicht lange Zwangspausen zum Laden einplanen“, so der Sixt-Vorstand. Laut EU-Kommission konzentrieren sich 60 Prozent der europäischen Ladepunkte auf nur drei Länder: Deutschland, Frankreich und die Niederlande. „Ein entspannter Urlaub in Italien oder Spanien ist mit dem Elektroauto derzeit nicht möglich“, findet Gabriel.
Auch im Kerngeschäft von Sixt, der Kurzzeitmiete, seien die Hürden groß. „Wenn ich für drei Tage auf Geschäftsreise oder in den Urlaub fahre, möchte ich mich nicht lange damit auseinandersetzen, wo ich wann laden kann.“ An Flughäfen und Bahnhöfen, wo Autos innerhalb von 45 Minuten gewaschen, gereinigt und betankt werden, um sie schnell weitervermieten zu können, fehle zudem schlicht die Ladeinfrastruktur. Am Beispiel München verdeutlicht Gabriel den Aufwand: „Wenn die Vermieter am Münchner Flughafen ihre gesamte Flotte auf Elektroautos umstellen würden, wären das 16.000 Fahrzeuge. Dafür bräuchte es rund 2000 Ladestationen – und die Energie von 14 Windrädern oder acht Hektar Photovoltaikfläche.“
Die möglichen Folgen einer verpflichtenden E-Quote wären gravierend. „Wir müssten die Preise massiv anheben, weil die Kosten durch die Decke gehen“, erklärt Gabriel. Elektroautos seien in der Anschaffung teurer, hätten schlechtere Restwerte und verursachten höhere Betriebskosten. Sollte die EU an ihren Plänen festhalten, erwägt Sixt laut Gabriel, Autos künftig deutlich länger in der Flotte zu halten: „Wir sprechen hier nicht von Monaten, sondern von Jahren.“ Das würde weder den europäischen Herstellern noch dem Klima helfen.
Quelle: Automobilwoche – Sixt-Vorstand Nico Gabriel: „Wäre de facto ein vorgezogenes Verbrennerverbot“