Nach dem jüngsten Vorschlag der Europäischen Union, die CO₂-Grenzwerte für Autos zu lockern, ist in Deutschland eine politische Debatte über Tempo und Richtung der Transformation der Autoindustrie entbrannt. Während Brüssel mehr Flexibilität in Aussicht stellt, mahnen Vertreter der Bundesregierung, den grundsätzlichen Kurs nicht infrage zu stellen. Im Zentrum steht die Frage, wie Klimaziele, industrielle Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung miteinander vereinbart werden können.
Bundesfinanzminister Lars Klingbeil warnte die deutschen Hersteller davor, die geplanten Erleichterungen als Einladung zum Festhalten an Diesel- und Benzinantrieben zu verstehen. Gegenüber verschiedenen Medien machte er deutlich, dass ein Zögern beim Umstieg auf elektrische Antriebe die Probleme der Branche mittelfristig verschärfen könne. Wer jetzt glaube, noch über Jahre auf klassische Motoren setzen zu können, riskiere größere strukturelle Schwierigkeiten in der Zukunft. Für Klingbeil bleibt klar, dass Mobilität langfristig elektrisch organisiert sein wird.
Seine Einschätzung begründete der SPD-Politiker auch mit internationalen Eindrücken. Bei Besuchen in chinesischen Metropolen wie Peking und Shanghai habe er gesehen, wie weit dort der technologische und industrielle Fortschritt bereits vorangeschritten sei. Staatliche Förderung spiele dabei eine zentrale Rolle. Aus dieser Perspektive leitete Klingbeil ab, dass deutsche Autobauer im globalen Vergleich Aufholbedarf hätten. Der Wettbewerb werde nicht langsamer, nur weil Europa regulatorische Anpassungen vornehme.
Flexiblere Regeln sollen Klimaziele planbarer erreichbar machen
Trotz dieser Warnungen bewertete der Finanzminister den Vorschlag aus Brüssel als tragfähigen Ausgleich zwischen unterschiedlichen Interessen. Die Anpassung ermögliche einen flexibleren Weg in Richtung Klimaneutralität, etwa indem Hybridautos länger zugelassen bleiben könnten. Aus seiner Sicht schließe pragmatisches Handeln weder Klimaschutz noch den Erhalt von Arbeitsplätzen aus. Beides lasse sich miteinander verbinden, wenn die Transformation planbar gestaltet werde.
Eine andere Akzentsetzung wählte Bundesverkehrsminister Patrick Schnieder. Er verteidigte die Lockerungen ausdrücklich mit Blick auf die Bedeutung der Autoindustrie für den Standort Deutschland. In Stellungnahmen gegenüber den Zeitungen der Funke-Mediengruppe betonte Schnieder, dass die Branche eine Leitfunktion für Wirtschaft und Beschäftigung habe. Politische Entscheidungen dürften diese Basis nicht untergraben. Die Sorge, dass deutsche Hersteller durch die neuen Regeln beim elektrischen Antrieb weiter ins Hintertreffen geraten könnten, teilte er nicht. Der Druck zur Umstellung sei weiterhin vorhanden, ebenso der Wille in den Unternehmen.
Zugleich verwies der Verkehrsminister auf den internationalen Kontext. Auch in anderen großen Märkten wie China und den Vereinigten Staaten würden weiterhin Autos mit Verbrennungsmotor gebaut und verkauft. Vor diesem Hintergrund sei es aus seiner Sicht unrealistisch, allein in Europa auf maximale regulatorische Strenge zu setzen, ohne die globalen Rahmenbedingungen zu berücksichtigen.
Quelle: FAZ – Klingbeil warnt Hersteller vor Festhalten am Verbrenner / noz – Lars Klingbeil warnt VW vor Festhalten am Verbrenner: „Zukunft ist elektrisch“ / Deutschlandfunk – Klingbeil kritisiert Deutsche Bahn für E-Bus-Bestellung in China und fordert „gesunden Standort-Patriotismus“







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