Milliardenabschreibung: Ford stutzt E-Auto-Geschäft

Milliardenabschreibung: Ford stutzt E-Auto-Geschäft
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Tobias Stahl
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US-Autobauer Ford hat eine Kehrtwende in seiner Elektro-Strategie bekanntgegeben: Der Hersteller will die Produktion mehrerer batterieelektrischer Modelle einstellen und schreibt 19,5 Milliarden US-Dollar (rund 16,5 Milliarden Euro) ab. Wie Reuters berichtet, reagiert Ford-Chef Jim Farley damit auf die Politik von US-Präsident Donald Trump.

Ende September war in den USA nach mehr als 15 Jahren die Steuergutschrift für den Kauf von Elektroautos abgelaufen, zudem hatte die Regierung um Präsident Trump die Abgasvorschriften für Autobauer gelockert. Der Markt für Elektroautos hatte sich in den USA in den vergangenen Monaten langsamer entwickelt als viele Akteure zunächst gehofft hatten. Auch das Auslaufen der Steuergutschrift hatte einen merklichen Effekt auf den E-Auto-Absatz in den Vereinigten Staaten: Seit Oktober gab es einen Nachfrageeinbruch, allein im November ging der Absatz um 40 Prozent zurück.

Nicht profitabel: Ford beerdigt den elektrischen F-150 Lightning

„Als sich der Markt in den vergangenen Monaten sehr stark verändert hat, war das für uns der Anstoß, aktiv zu werden“, erklärte Farley am Montag. Andrew Frick, Leiter des Ford-Geschäftsbereichs für Verbrenner und E-Autos, kündigte an, mehr Geld in Bereiche mit höheren Renditen investieren zu wollen, statt weitere Milliarden für große E-Autos auszugeben, für die es keinen Weg zur Profitabilität mehr gebe. Das Geld soll Reuters zufolge vor allem in Modelle mit Verbrenner- und Hybridantrieb investiert werden.

Ford will im Zuge des Strategiewechsels ausgerechnet seine prestigeträchtigsten Elektromodelle beerdigen: Der rein batterieelektrische Pick-up F-150 Lightning soll künftig nicht mehr produziert werden. Stattdessen werde man sich auf die Herstellung einer Hybridversion mit Range-Extender konzentrieren, also mit einem benzinbetriebenen Generator zur Reichweitenverlängerung. Zudem streicht Ford seine Pläne für einen Elektro-Pick-up der nächsten Generation mit dem Codenamen T3 sowie weitere elektrische Nutzfahrzeuge.

Mit der Ankündigung stellt Ford praktisch seine gesamte angekündigte zweite Generation von E-Autos ein und verlagert den Schwerpunkt auf kleinere, erschwinglichere Elektromodelle, die ab 2027 auf den Markt kommen sollen, berichtet Reuters. Dabei galt es für Traditionshersteller bislang jedoch vor allem im elektrischen Einstiegssegment als schwierig, profitabel zu sein.

Fords Strategiewechsel soll bis 2029 „einen Weg zur Rentabilität“ ebnen

Im Gespräch mit dem US-Nachrichtensender CNBC erklärte Farley, dass Trumps Politik „nicht der einzige Grund für diese Entscheidung war“, räumte aber ein, dass sie eine Rolle gespielt habe. Im Zuge der Ankündigung gab Ford außerdem Pläne bekannt, seine Batteriewerke in Kentucky und Michigan für ein neues Geschäftsfeld im Bereich stationäre Energiespeicherung zu nutzen. „Die letzten Monate haben es uns wirklich klar gemacht“, so Farley gegenüber CNBC. „Die sehr hochwertigen Elektroautos – die Fahrzeuge für 50.000, 70.000 oder 80.000 Dollar – verkauften sich einfach nicht.“ Tatsächlich hatte der Ford F-150 Lightning vor und kurz nach seinem Marktstart für einiges Aufsehen gesorgt – nach 200.000 Bestellungen zum Marktstart ging die Nachfrage allerdings zurück.

Ford geht nun davon aus, dass der Strategiewechsel bis 2029 „einen Weg zur Rentabilität“ für sein E-Auto-Geschäft ebnen wird. Der Hersteller geht davon aus, dass bis 2030 etwa 50 Prozent seines weltweiten Absatzvolumens auf Hybridfahrzeuge, Elektrofahrzeuge mit Range-Extender und vollelektrische Fahrzeuge entfallen werden. Im laufenden Jahr lag dieser Wert noch bei 17 Prozent. Im Europageschäft will Ford außerdem auf Kooperationen setzen: Größere Fahrzeuge wie der Ford Explorer, der in Köln gebaut wird, sollen Technik von Volkswagen nutzen. Kleine elektrische Einstiegsmodelle will der US-Autobauer gemeinsam mit Renault entwickeln und produzieren.

„Betrachten den Markt so, wie er heute ist, und nicht so, wie ihn alle vor fünf Jahren vorhergesagt haben“

„Dies sind wichtige Entscheidungen, von denen wir glauben, dass sie sich in den kommenden Jahren für unsere Kunden, unsere Mitarbeiter, die Arbeitsplätze in Amerika und die Fertigung auszahlen werden“, so Frick. „Ford folgt den Kunden. Wir betrachten den Markt so, wie er heute ist, und nicht so, wie ihn alle vor fünf Jahren vorhergesagt haben.“

In diesem Jahr schreibt Ford mit seinem E-Auto-Geschäft indes noch Verluste: Laut früheren Angaben dürfte sich das Minus für 2025 auf 5 Milliarden Dollar belaufen und damit ähnlich hoch ausfallen wie 2024. Die Abschreibung von 19,5 Milliarden Dollar soll hauptsächlich im vierten Quartal verbucht werden und sich bis ins Jahr 2027 erstrecken. Etwa 8,5 Milliarden Dollar davon entfallen auf die gestrichenen E-Auto-Modelle, rund 6 Milliarden auf die Auflösung eines Batterie-Gemeinschaftsunternehmens mit SK On aus Südkorea und 5 Milliarden auf weitere projektbezogene Ausgaben.

Kurzfristig kommt es zu Entlassungen in einem Batteriewerk in Kentucky, langfristig soll die Entscheidung aber Arbeitsplätze schaffen: Ford will Tausende von Mitarbeitern für die Produktion von Benzin- und Hybridmodellen einstellen, heißt es aus dem Unternehmen. Zudem hob der Hersteller seine Prognose für den bereinigten Gewinn vor Zinsen und Steuern für 2025 auf etwa sieben Milliarden Dollar an. Die Börse reagierte positiv auf die Meldung: Die Ford-Aktie stieg im nachbörslichen US-Handel um über 2 Prozent.

Quellen: Reuters – Milliardenabschreibung bei Ford: E-Auto-Geschäft zusammengestrichen / CNBC – Ford to record $19.5 billion in special charges related to EV pullback

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Tobias Stahl

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Tobias Stahl kann sich für alle Formen der Fortbewegung begeistern, aber nachhaltige Mobilität begeistert ihn besonders. Da ist es kein Wunder, dass er schon seit 2019 über E-Autos, erneuerbare Energien und die Verkehrswende berichtet.

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