Ferrari hält an seinem Weg in Richtung Elektromobilität fest, auch wenn der Anteil geplanter E-Modelle zuletzt zurückgefahren wurde. CEO Benedetto Vigna betont im Gespräch mit dem Manager Magazin, dass sich am grundsätzlichen Kurs nichts ändert. Für ihn bleibt entscheidend, dass ein Ferrari – unabhängig vom Antrieb – ein emotionales Erlebnis vermittelt. „Der Sound wird bei Ferrari immer zum Fahrerlebnis beitragen, egal ob von einem Verbrennungsmotor, einem Hybrid- oder einem Elektroantrieb“, sagt er. Damit macht er deutlich, dass die Marke ihren Charakter auch im elektrischen Zeitalter bewahren will.
Die Entscheidung, die Zahl der Elektroautomodelle etwas zu verringern, ordnet Vigna als pragmatische Anpassung ein, nicht als Abbremsen der Transformation. Ferrari sei weiterhin über Jahre hinweg ausverkauft, der Auftragsbestand reiche „für 20 bis 24 Monate“, und bis 2027 seien alle Slots vergeben. Die Nachfrage bleibe hoch, trotz der vorsichtigeren Modellplanung. Auf die Frage nach dem zweiten vollelektrischen Ferrari hält er sich bedeckt: „Dazu sagen wir nichts.“ Damit unterstreicht er, dass Ferrari den Takt der Elektrifizierung selbst bestimmen will – ohne Zeitdruck von außen.
Deutlich wird jedoch, dass die Italiener reine Elektroautos gezielt dort einsetzen wollen, wo sie technische Vorteile gegenüber Verbrennern bieten. Modelle mit wechselbaren Antrieben schließt Vigna deshalb aus, obwohl es theoretisch möglich wäre. Für ihn wäre das ein unnötiger Kompromiss: „Der Elektroantrieb bietet unseren Designern viel mehr Gestaltungsfreiheit als der Verbrennungsmotor.“ Durch den deutlich kleineren Motor eröffnet sich für Ferrari eine neue Balance, die laut Vigna „Fahrspaß wie bei einem Motorrad“ ermöglicht. Wird ein Auto hingegen parallel für Verbrenner und Elektroantrieb ausgelegt, gehe dieser Vorteil verloren. Ferrari möchte die Stärken der Elektromobilität nutzen – und nicht durch Plattformkompromisse verwässern.
Handwerkskunst und Technologie sollen im Einklang bleiben
Gleichzeitig betont Vigna, dass technischer Fortschritt nur ein Teil dessen ist, was einen Ferrari ausmacht. Während Tech-Konzerne zunehmend ins Automobilgeschäft drängen, grenzt er seine Marke bewusst ab: Elektronik sei verfügbar für alle, doch die eigentliche Differenzierung entstehe durch Design, Handwerkskunst und Individualisierung. Als Beispiel nennt er den Purosangue, bei dem sich die Innovationskraft nicht in automatisierbaren Arbeitsschritten ausdrückt, sondern in der Qualität der Gestaltung. Ferrari positioniert sich damit als Luxusmarke, die Technologie nutzt, ohne sich über sie zu definieren.
Auch in der Wachstumsstrategie zeigt sich dieser Anspruch. Zwar könnte Ferrari im kommenden Jahr erstmals mehr als 14.000 Autos verkaufen, doch für Vigna bleibt Exklusivität der zentrale Wert. „Uns ist das Volumen egal“, sagt er und verweist darauf, dass Ferrari nicht mit Herstellern konkurriert, die höhere Stückzahlen im Luxussegment erzielen. Das Ziel sei nicht Masse, sondern Knappheit, verbunden mit einem außergewöhnlichen Kundenerlebnis. Preissteigerungen sieht Vigna deshalb nicht als Zeichen von Gier, sondern als logische Folge neuer Technologien und spürbarer Weiterentwicklung: „Wir verlangen nicht mehr Geld für dasselbe Produkt. Sondern wir verlangen mehr für etwas, das in Bezug auf Design, Leistung und Fahrverhalten mehr bietet.“
Neue Generation, neue Erwartungen, neue Verantwortung
Die Bindung zu den Kund:innen wird weiter intensiviert, unter anderem durch neue Zentren für Individualisierung ab 2027 in Los Angeles und Japan. Dort können Käufer:innen ihre Autos direkt mit Ferrari-Teams gestalten. Dieser Schritt verringert Abhängigkeiten von den bisherigen Standorten wie New York, Shanghai oder Maranello und spiegelt den globalen Anspruch der Marke wider.
Gleichzeitig erkennt Vigna, dass die jüngere Generation andere Werte mitbringt. Er verweist auf das veränderte Umweltbewusstsein: „Als besonders emotionale Marke, die keinen Nutzwert besitzt, müssen wir vorangehen.“ Der Beitrag zur Klimaneutralität werde deshalb weiter gestärkt, auch wenn Ferrari nicht auf einen festen Elektroanteil zusteuert. Eine Quote von 40 Prozent E-Autos bis 2030 weist Vigna zurück – das Ziel sei stattdessen, bis dahin den gesamten Geschäftsbetrieb klimaneutral aufzustellen.
Im Hintergrund treibt Ferrari zudem den internen Wandel voran. Seit Vignas Amtsantritt wurden Hierarchieebenen abgebaut, Entscheidungswege verkürzt und die Zusammenarbeit mit Partnern beschleunigt. Geheimhaltungsvereinbarungen, die früher vier bis fünf Monate benötigten, seien heute innerhalb von zwei Wochen abgeschlossen. Testfahrer wurden organisatorisch deutlich näher an die Unternehmensführung gerückt. Vigna will Ferrari agiler machen, ohne den Kern der Marke zu verwässern. Die Devise lautet: Tradition bewahren, Handwerkskunst stärken, Technologie gezielt einsetzen – und dabei den Wandel zur E-Mobilität als Chance begreifen.
Quelle: Manager Magazin – Warum es weniger Elektro-Ferraris geben wird







Kommentare (Wird geladen...)