Die Beziehungen zwischen China und Deutschland stehen in einer Phase, in der wirtschaftliche Interessen und politische Spannungen eng miteinander verwoben sind. Nach Monaten deutlicher Irritationen hat Peking den Kurs gegenüber Berlin spürbar angepasst. Hintergrund ist eine Reihe von Exportbeschränkungen aus China, die den Zugang zu seltenen Erden und bestimmten Halbleitern erschwert haben. Diese Maßnahmen führten dazu, dass Produktionsabläufe in deutschen Industriebetrieben ins Stocken gerieten und in der Bundesregierung Forderungen nach stärkerer Risikostreuung laut wurden. Inzwischen deutet vieles darauf hin, dass beide Seiten den Dialog wieder intensivieren wollen.
Der Umschwung wurde sichtbar, als Chinas Premier Li Qiang am Rande des G20-Gipfels in Südafrika den deutschen Bundeskanzler Friedrich Merz zu einem Gespräch traf. Noch wenige Monate zuvor galt ein Treffen auf dieser Ebene als unwahrscheinlich. Nach Angaben chinesischer Staatsmedien betonte Li, China und Deutschland seien „wichtige wirtschaftliche und handelspolitische Partner“. Er sprach sich dafür aus, Kommunikationskanäle offenzuhalten und Anliegen beider Seiten offen zu besprechen. Seine Botschaft zielte darauf ab, Missverständnisse zu verringern und die Zusammenarbeit in verschiedenen Industriebereichen zu vertiefen.
Neue diplomatische Bewegung nach Monaten der Distanz
Die diplomatische Annäherung folgt auf eine Phase spürbarer Distanz. Als Reaktion auf chinesische Exportkontrollen hatte der deutsche Außenminister Johann Wadephul im Oktober eine geplante Reise nach Peking gestrichen. Die Entscheidung galt als Symbol für den zunehmenden Druck, den die Bundesregierung aufgrund der Lieferabhängigkeiten aus China verspürt. Gleichzeitig sorgt der wirtschaftliche Wert der Partnerschaft dafür, dass beide Seiten bemüht sind, Konflikte nicht eskalieren zu lassen. So einigte sich Wadephul mit dem chinesischen Außenminister Wang Yi kürzlich darauf, den Besuch nachzuholen.
Parallel dazu führte Bundesfinanzminister Lars Klingbeil Gespräche mit Chinas Vizepremier He Lifeng. Beide Seiten erklärten anschließend, die Unterredung habe dazu beigetragen, die Handelsbeziehungen wieder auf eine verlässlichere Basis zu stellen. Solche Formulierungen deuten darauf hin, dass das Interesse an einem stabilen Austausch groß ist, auch wenn politische Differenzen bestehen bleiben.
Die wirtschaftliche Bedeutung des bilateralen Handels ist weiterhin erheblich. China importierte im vergangenen Jahr Waren aus Deutschland im Wert von rund 81 Milliarden Euro, darunter einen hohen Anteil an Autos. Umgekehrt kaufte Deutschland Güter aus China im Umfang von ungefähr 91 Milliarden Euro, hauptsächlich Elektronik und Komponenten für industrielle Anwendungen. Entscheidenden Einfluss hat zudem die Rolle Deutschlands als Investor. Nach Berechnungen des Mercator Institute for China Studies flossen 2024 etwa 5,6 Milliarden Euro an neuen deutschen Investitionen nach China. Dieser Betrag entsprach fast der Hälfte aller EU- und UK-Investitionen in die Volksrepublik und zeigt, wie stark deutsche Unternehmen im chinesischen Markt engagiert sind.
Chinas Erwartungen an Berlin
Li Qiang machte während des Treffens mit Merz deutlich, dass China sich eine „rationale und pragmatische“ Politik Deutschlands erhoffe und äußeren Druck als Hindernis für eine konstruktive Zusammenarbeit betrachtet. Ein offizieller Bericht der deutschen Seite liegt bislang nicht vor. Dennoch unterstreichen Li Qiang und andere Vertreter der chinesischen Regierung regelmäßig, dass Deutschland in Chinas Industriepolitik eine Schlüsselrolle einnimmt. Dies gilt vor allem in Bereichen, in denen deutsche Firmen traditionell stark vertreten sind: Maschinenbau, Automobilindustrie, Chemie und Pharma.
Gleichzeitig weist Li auf Felder hin, in denen Peking künftig zusätzliche Kooperationschancen sieht. Dazu zählen neue Energietechnologien, intelligente Fertigung, Biomedizin, Wasserstoffanwendungen und automatisiertes Fahren. In all diesen Segmenten verfolgen beide Staaten anspruchsvolle industriepolitische Ziele. Der chinesische Premier betonte, sein Land sei bereit, „gemeinsam zukünftige Entwicklungsmöglichkeiten zu nutzen“, was auf ein Interesse an technologischem Austausch und Investitionen schließen lässt.
Obwohl Themen wie Menschenrechte, staatliche Subventionen und Chinas außenpolitische Entscheidungen weiterhin Belastungen darstellen, bleibt die wirtschaftliche Verflechtung stark. Die Bundesregierung steht vor der Aufgabe, den Balanceakt zwischen Risikominderung und wirtschaftlichem Nutzen auszutarieren.
Quelle: Reuters – China pitches closer ties to Germany in strategic industries to ease rare earth strains







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