E-Autos als Speicher rücken in der Schweiz näher

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Daniel Krenzer
Daniel Krenzer
  —  Lesedauer 3 min

Die Energiekommission des Nationalrats der Schweiz hat sich einstimmig dafür ausgesprochen, das Netzentgelt für Batterien von E-Fahrzeugen abzuschaffen. Das berichtet der Tagesanzeiger. Der Ständerat hatte im Herbst noch entschieden, Batteriespeicher von der Netzentgeltbefreiung auszuschließen. Bidirektionales Laden könnte somit nun für Schweizer bald attraktiver werden. Bislang können sich dadurch nämlich im schlimmsten Fall die Stromkosten verdoppeln. Neben dem Entfall des Netzentgelts sollen diese laut Plänen der Umweltkommission zusätzlich von einer Rückerstattung der Gebühr für die eingespeiste Energie profitieren.

Hintergrund der Überlegungen ist, dass die Batteriespeicher von Elektroautos wie kleine Pumpspeicherkraftwerke als Energiereserve genutzt werden könnten – und so das Netz laut Experten, anders als von vielen befürchtet, auch stabilisieren könnten. Laut Tagesanzeiger legen die Schweizer im Schnitt 35 Kilometer am Tag mit ihrem Auto zurück, ansonsten stehen die Fahrzeuge herum – und könnten währenddessen diese sinnvolle Funktion erfüllen. Vor allem der gleichzeitig in großer Menge erzeugte Solarstrom könnte in den Fahrzeugen zwischengespeichert werden, ehe er in der Regel in den Abendstunden wieder ins Netz abgegeben wird, so die Überlegung. Vollgeladen werden könnte das E-Auto dann wieder, wenn Strom gerade günstig ist – zum Beispiel in der Nacht.

Schweiz will Verbrenner bis 2050 von der Straße haben

Bis 2050 will die Schweiz komplett auf Elektromobilität umgestellt haben. Bis zu 55 Terrawattstunden zusätzliche elektrische Energie könnte bis dahin landesweit durch eine solche Vehicle-to-Grid-Lösung zur Verfügung gestellt werden, heißt es im Artikel. Zu Zeitpunkten mit besonders hohen Marktpreisen könnte die gespeicherte Energie als Puffer zum Geldsparen genutzt werden. Außerdem benötige man weniger oder bestenfalls keine Notstromaggregate, die weiter mit fossilen Energieträgern laufen würden. Bis zu 6,5 Milliarden Franken könnten bis 2050 eingespart werden – das entspräche 14 Prozent der Gesamtkosten.

Laut Tagesanzeiger fallen die Reaktionen auf diesen Vorstoß gemischt aus. Der Solar-Branchenverband Swisssolar nannte es eine wichtige Weichenstellung. Der Verein der Verteilnetzbetreibern sieht dies kritisch: „Im Grundsatz belasten Speicherladungen oder -entladungen das Netz, ob Verbraucher angeschlossen sind oder nicht“, wird Maurus Bachmann, Geschäftsführer von Smart Grid Schweiz, zitiert. Er spricht sich für ein flexibles Netzentgelt aus, bei dem der Kunde belohnt wird, wenn er zu netzunkritischen Zeiten sein E-Auto auflädt.

Noah Heynen, Geschäftsführer von Helion Energy, widerspricht dem jedoch vehement: „Autobatterien werden das Netz nicht zusätzlich belasten, wenn sie system- und marktdienlich eingesetzt werden. Dies haben diverse Studien bewiesen.“ Außerdem verhindere ein netzdienliches Laden ja gerade, dass ein E-Auto das Netz zur Unzeit zusätzlich belaste.

Im März werde sich der Nationalrat mit dieser Thematik weiter auseinandersetzen, so der Tagesanzeiger.

Quelle: Tagesanzeiger – Schub für E-Autos als Powerbank

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Daniel Krenzer

Daniel Krenzer

Daniel Krenzer ist als studierter Verkehrsgeograf und gelernter Redakteur seit mehr als zehn Jahren auch als journalistischer Autotester mit Fokus auf alternative Antriebe aktiv und hat sich zudem 2022 zum IHK-zertifizierten Berater für E-Mobilität und alternative Antriebe ausbilden lassen.

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DR. ULRICH SANCKEN:

Danke! Solche Kommentare sind vorbildlich. Der Kommentator steht mit seinem Namen zu seinem Kommentar, beschreibt korrekt und nachvollziehbar, worauf er sich bezieht, samt Quelle, liefert nachprüfbare Zahlen und lässt Platz zur Fortführung der Diskussion. Klasse!

Hiker:

Das es immer noch Verbandsheinis gibt die sich dagegen sträuben ist schon ziemlich ärgerlich. Es muss so schnell wie irgend möglich eine gesetzliche Lösung auf den Tisch. Herumdiskutieren war gestern. Wir haben keine Zeit mehr für Lobbyspielchen. Die Politik muss endlich ihre Verantwortung wahr nehmen!

Michael Neißendorfer:

Hallo Thorsten,

kleine Info zu Deiner Annahme, ob das Fahrzeug auch immer rechtzeitig da steht, wo die Wallbox steht. Ich habe mich mal für einen Magazinbeitrag tief in die Studie „Mobilität in Deutschland“ eingearbeitet. Und dabei rausgefunden: Zu dem Zeitpunkt, wo die meisten Autos auf der Straße sind – die kurzen Peaks mit viel Stau am Morgen und am Abend –, sind dies nur insgesamt elf Prozent des Gesamtbestands von gut 45 Millionen Pkw. Die restlichen 89 Prozent (um die 40 Millionen) stehen also weiterhin ungenutzt rum; im Idealfall künftig auch mit dem Kabel in der bidirektionalen Box und viel Saft in den Akkus für den netzdienlichen Stromaustausch. Und erste V2G-Versuche gab es auch in Deutschland schon: Der Nissan Leaf von Mobility House in Hagen zB (2017 rum glaub ich war das) hat aufs Jahr gerechnet gut 1000 Euro verdient.

Schöne Grüße

Michael

Läubli:

Bravo – das mit Powerwall ist ja nicht neu – zumindest nicht in den USA, der Heimat von Tesla. Aber es ist sehr gut und funktioniert mit den Solardachziegel – auch von Tesla – wirklich vorbildlich! Gibt es sowas einmal von VW? Aber sicher NICHT. ;)

Leider ist es hierzulande noch nicht so verbreitet, wie die Homesstorage von BYD. Bei uns in der Schweiz läuft fast alles über die Akkus von BYD – bis jetzt zumindest.

Läubli:

Netzentgelte sind veraltet und gehören in Zeiten von V2H oder V2G abgeschafft, das machen wir in der Schweiz schon mal nicht schlecht in der Zukunft.

Vorreiter für diese Ladetechnik ist Nissan, denn der Nissan Leaf kann schon seit einigen Jahren als E-Auto bidirektional laden. Generell kann man sagen, dass Modelle asiatischer Hersteller häufiger dafür geeignet sind, denn der im asiatischen Raum weit verbreitete CHAdeMO-Stecker war von Anfang an dafür ausgelegt. Nur für diesen Anschluss gibt es aktuell auch ein gültiges Protokoll für das V2G-Laden, um Strom in das öffentliche Netz einzuspeisen.

Daniel W.:

Für die Zukunft sehe ich viele Batteriespeicher mit 10 bis 30 kWh auch in Häusern und Wohnungen, bei denen es keine PV-Anlage und kein E-Auto gibt, weil die Bewohner den ÖPNV oder (überdachte) Pedelecs nutzen.

Der regional oder überregional erzeugte Ökostromüberschuss, der bei einer erfolgreichen Energiewende reichlich anfällt, wird dann günstig für Batteriespeicher und Wärmepumpen angeboten, so dass die Bewohner ihren Batteriespeicher füllen bzw. das Wasser im Speicher stärker erwärmen können, um bei Strommangel (Dunkelflaute) bis zu 3 Tage Strom und Wärme aus den Speichern entnehmen können.

Es braucht große und kleine stationäre Speicher in Form von Batterien, Warmwasser und Wasserstoff für Bürger, Handwerker, kleine und große Firmen, damit die Energiewende von unten gelingt und es günstige Preise für Alle gibt – nicht nicht Dividenden, Renditen und Spenden für Aktionäre, Konzerne und Parteien.

DR. ULRICH SANCKEN:

Das ist ein wichtiger Punkt. Nach allem, was ich darüber weiß, gibt es zuzeit kaum Autos, die v2g-fähig sind. Da muss sich also noch viel tun und es wird dauern.

Marc:

Es gibt und gab in Deutschland verschiedene Möglichkeiten, eine eigene Solaranlage zu betreiben. Dafür gibt es unterschiedliche Modelle, Förderungen und damit zusammenhängend, Regelungen. Du scheinst zu den Menschen zu gehören, die glauben, ihnen steht die maximale Förderung zu, aber gleichzeitig alle Rechte, die Menschen bekommen, die da nicht die Hand aufgehalten haben. Da spricht man nicht vom „Red Tape“-Land, sondern vom „Blacklist-Customer“.

Marc:

Finde ich gut, wenn die Schweiz vorangeht. Wird aber in Deutschland auch kommen, ist ja eine der Maßnahmen, um das Stromnetz zu härten. Für Maximalforderer, die damit nur zeigen, dass sie keine relevanten Positionen bekleiden, wo man in größeren Zusammenhängen verhandelt, sollte das hier nicht der Platz sein. Denn die Sache ist auf dem Weg, also die Norm ISO 15118-20 und die Autos und die Wallboxen.

Man sollte also nicht nur schreien, was der Staat für einen tun muss, sondern sich mit Abraham Lincoln fragen, was man selber tun kann, um den Staat zu unterstützen. VW schreitet hier voran und verhandelt im Sinne der Sache. Die haben auch schon ihre Autos vorbereitet. Wenn das also übernächstes Jahr kommt, das bitte nicht als Prognose nehmen, hat man schon lange das passende Auto.

Auch könnte das VW bei den Verkäufen und den Gebrauchtwagenpreisen helfen. Oder, anders, kauft, um diese Gesetzesinitiative wissend, in der Schweiz noch jemand ein Elektroauto, das nicht v2g-fähig ist? Meine Prognose: Weniger!

Martin:

Es wäre schön, wenn auch die deutsche Politik sich um eine attraktive Rahmengestaltung zum Thema bidirektionales Laden bemühen würde.

Aktuell sind noch nicht die Massen an BEV im Netz, und die Zyklenfestigkeit und Kapazität vergangener Batteriegenerationen war jetzt auch oft nicht so prall, dass sich die Fahrzeugakkus als Pufferspeicher fürs Netz aufdrängten. Aber das beginnt sich gerade deutlich zu ändern…!

In wenigen Jahren schon kann hier ein spürbarer Beitrag zur Netzstabilisierung geleistet werden. Dafür müssen aber jetzt gesetzliche und technische Rahmenbedingungen geschaffen werden, um keine weitere Zeit zu verlieren!!!

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