Das Angebot an gebrauchten Elektroautos wächst, doch niemand will sie haben. So ließ sich zuletzt die Entwicklung auf dem Markt für gebrauchte Stromer beschreiben. Doch trifft das noch immer zu? Und sind gebrauchte E-Autos nach wie vor teurer als Exemplare mit Verbrenner-Antrieb? AutoScout24 hat die aktuelle Situation auf Basis seiner umfangreichen Marktdaten analysiert. Das Fazit: Auf dem E-Gebrauchtwagenmarkt ist im dritten Quartal eine vorsichtig positive Entwicklung zu beobachten, denn die Nachfrage wuchs zuletzt erstmals stärker als das Angebot. Wie sich dies auf Modellebene unter anderem auf die Preise auswirkt, zeigen die Experten von AutoScout24 anhand von vier Vergleichen zwischen beliebten Elektroautos und ihren Pendants mit Verbrennungsmotor.
Um eine direkte Vergleichbarkeit zu gewährleisten, wurden nach Alter und Laufleistung vergleichbare Modelle in ihrer Version als Verbrenner und als E-Auto einander gegenübergestellt: Renault Clio vs. Renault Zoe, VW Golf vs. VW ID.3, Porsche Panamera vs. Porsche Taycan und in einer Dreierkombi der Audi Q3 vs. Audi Q4 e-tron vs. Audi Q5.
Es wurden nur Inserate berücksichtigt, die folgende Kriterien erfüllten: Händlerinserat, zum jeweiligen Betrachtungszeitpunkt zwischen zwei und vier Jahren alt, Laufleistung bis maximal 50.000 Kilometer (Porsche-Modelle ohne Kilometerbegrenzung). Der Fokus der Analyse liegt somit auf jungen Gebrauchtwagen. Untersucht wurden Preis, Angebot und Nachfrage sowie die Standzeiten beim Händler. Drei zentrale Erkenntnisse lassen sich sowohl aus Verbraucher- als auch Händlerperspektive ableiten:
Ein junger, aber bedeutender Markt ist entstanden
„Der Markt für gebrauchte Elektroautos hat sich in den letzten Jahren dynamisch entwickelt und ist insbesondere seit 2022 kontinuierlich und rasant gewachsen. Damit handelt es sich zwar nach wie vor noch um einen sehr jungen, aber mittlerweile ernst zu nehmenden Markt“, erklärt Stefan Schneck, Deutschland Vertriebschef bei AutoScout24. Insbesondere bei den in der Analyse betrachteten jungen Gebrauchten im Alter von zwei bis vier Jahren sei das Angebot an gebrauchten Elektromodellen teilweise bereits größer als bei den Pendants mit Verbrennungsmotor.
Deutlich werde dies beispielsweise bei einem der beliebtesten E-Modelle auf AutoScout24, dem Renault Zoe, im Vergleich zum Renault Clio. Seit 2023 bieten Händler mehr Exemplare des Elektromodells an – zeitweise sogar bis zu dreimal mehr als von vergleichbaren Verbrenner-Modellen. Auch im September 2024 überwog zuletzt das Angebot des kleinen französischen Stromers (Zoe: 483 Inserate, Clio: 317 Inserate).
Gebrauchte Stromer sind nicht mehr pauschal teurer als Verbrenner
Während Elektroautos zu Beginn ihrer Markteinführung deutlich teurer waren als Verbrenner-Modelle und auch als teure Gebrauchte auf den Markt kamen, zeige sich nach den teils dramatischen Wertverlusten der vergangenen Monate mittlerweile ein deutlich differenzierteres Bild. Die Preise sind stark modellabhängig und fallen nicht mehr pauschal höher aus als bei Verbrennern, so Autoscout24.
Vergleicht man beispielsweise den VW ID.3 mit dem Dauerbrenner VW Golf, so werde deutlich, dass der Preis des Stromers bereits im April dieses Jahres unter den des wertstabilen Verbrenners gefallen ist. Im September 2024 lag der Durchschnittspreis eines zwei bis vier Jahre alten ID.3 sogar um 3700 Euro unter dem eines gleich alten Golf (ID.3: 22.986 Euro, Golf: 26.697 Euro).
„Verbraucher können also inzwischen bei ausgewählten Modellen auf ein breites und preislich attraktives Angebot zurückgreifen. Letztlich sind bei der Anschaffung eines E-Autos aber natürlich immer die Gesamtbetriebskosten zu berücksichtigen, bei denen möglichen Einsparungen beim Laden von günstigerem Strom die Restwertrisiken bei einem späteren Wiederverkauf gegenüberstehen“, so Schneck.
Die Nachfrage steigt, der Preisverfall bei gebrauchten E-Autos scheint vorerst gestoppt
Nachdem gebrauchte Elektroautos monatelang dramatische Wertverluste hinnehmen mussten (Preisentwicklung Okt. 2022 vs. Sep. 2024: VW ID.3 -46 Prozent / Audi Q4 e-tron -42,5 Prozent), scheint die Abwärtsspirale vorerst gebremst. Weniger aggressive Neuwagenangebote und attraktivere Preise führen zu steigendem Käuferinteresse, wodurch die Nachfrage an E-Gebrauchten im dritten Quartal im Vergleich zum Vorjahr erstmals schneller wuchs als das Angebot (Q3 2024 vs. Q3 2023: Angebot +15 Prozent / Nachfrage + rund 35 Prozent).
Auch der VW ID.3 bestätigt demnach: Der Preis bestimmt die Nachfrage und die lag im September 2024 für den Stromer aus Wolfsburg um fast 50 Prozent höher als für einen vergleichbaren Golf. Damit verkaufte er sich im September durchschnittlich rund 41 Tage schneller als sein Verbrenner-Pendant (70 vs. 111 Tage).
„Der Markt für gebrauchte Elektroautos reift und wird zunehmend stabiler“
„Dieser leicht positive Nachfragetrend wirkt sich wiederum positiv auf die Preisstabilität aus und dürfte auch den Handel vorsichtig optimistischer für das EV-Remarketing stimmen. Trotz anfänglicher Bedenken vieler Verbraucher hinsichtlich Wertverlust, Batterielebensdauer oder technologischem Fortschritt zeigt sich, dass der Markt für gebrauchte Elektroautos reift und zunehmend stabiler wird“, beschreibt Schneck die aktuellen Entwicklungen.
Eine Ausnahme stellt der Auswertung zufolge der Porsche Taycan im Premiumsegment dar: Eine verhaltene Nachfrage treffe auf ein extremes Überangebot des Stromers (im September 2024 boten Händler fast dreimal so viele Taycan wie Panamera an). Die Folge: weiter fallende Preise (Preisentwicklung Oktober 2022 vs. September 2024: -38.674 Euro (-30,2 Prozent)) und deutlich höhere Standzeiten für den Stromer. Im Schnitt steht ein Porsche Taycan rund 120 Tage, ein Panamera hingegen nur 87 Tage auf dem Hof des Händlers, bis er verkauft wird.
Quelle: Autoscout24 – Pressemitteilung vom 07.11.2024