Dekarbonisierung der Landwirtschaft möglich – aber nicht elektrisch?

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Daniel Krenzer
Daniel Krenzer
  —  Lesedauer 3 min

Kann die Landwirtschaft ohne klassischen Diesel überhaupt funktionieren? Diese Frage stellt sich spätestens seit dem angekündigten schrittweise Wegfall der Agrarsubventionen auf den fossilen Treibstoff. Doch was sind realistische Alternativen? „Mit ein wenig Elektrifizierung und mit Biokraftstoffen wäre es in Schritten durchaus zu schaffen“, sagt Pr. Dr. Peter Pickel im Interview mit Edison Media über eine mögliche vollständige Dekarbonisierung der Branche. Er ist beim European Technology Center von Landmaschinenhersteller John Deere in Kaiserslautern verantwortlich für Zukunftstechnologien.

Die Europäische Union gibt vor, dass die Landwirtschaft in Europa ab 2050 emissionsfrei sein soll, was die genutzten Fahrzeuge betrifft. Die Bundesregierung hat diesem Vorhaben nun den Weg geebnet, wenn auch angesichts akuter Sparzwänge überstürzt – und bekanntermaßen sehr zum Missfallen der Landwirte, die gegen diese finanziellen Einbußen seitdem in großer Zahl auf die Straßen gehen. Doch auch wenn die Überlegung einer Dekarbonisierung der Landwirtschaft politisch nachvollziehbar klingt, stellt sich die Frage: Geht das denn? Der Experte von John Deere sagt dazu zusammengefasst: Ja – aber es ist sehr schwierig.

Fahrzeuge sind nur kleiner Teil des CO2-Kuchens

Doch bevor er im Gespräch auf die technischen Möglichkeiten eingeht, relativiert Pickel zunächst: Die Landwirtschaft in Deutschland emittiere etwa 68 Millionen Tonnen CO2 im Jahr – sechs Millionen Tonnen davon entstünden durch Einsatz von fossilen Kraftstoffen, was gut neun Prozent der landwirtschaftlichen Klimaemissionen in Deutschland entspreche. „Der Anteil der Traktoren und Landmaschinen an der Erderwärmung ist also sehr gering, um das hier mal deutlich zu machen“, stellt Pickel fest. Dennoch arbeite die Branche daran, diesen Wert zu senken.

Wo immer es möglich ist, sei auch in der Landwirtschaft die Elektromobilität das erste Mittel der Wahl – bloß sei es kaum möglich. Vollelektrische landwirtschaftliche Fahrzeuge „wird es aus technischen Gründen nur im unteren Leistungsbereich geben, also bis zu einer Leistung von etwa 100 Pferdestärken. Darüber macht eine Elektrifizierung keinen Sinn“ – vor allem wegen der dann nötigen extrem großen und schweren Akkus. Daher sei eine umfangreiche Dekarbonisierung der Landwirtschaft nur durch die Nutzung von Biokraftstoffen möglich. Auch Wasserstoff scheide neben dem großen Platzbedarf und Gewicht der Technik aus Sicherheitsgründen angesichts der hohen Belastung der Fahrzeuge eher aus.

Biokraftstoffe würden für Landwirte ausreichen

Doch für Biokraftstoffe wären große Flächen notwendig, wo diese angebaut werden – zu große, um weite Teile des Verkehrs damit versorgen zu können. „Für die Landwirtschaft würde es aber sicher ausreichen. Wir können etwa sechs bis sieben Prozent der landwirtschaftlichen Nutzflächen in Deutschland einsetzen, um die Landwirtschaft mit Biokraftstoffen zu versorgen„, sagt Pickel. In grob einem solchen Umfang ergebe das Sinn und sei nachhaltig. „Der Verbrauch der Landwirtschaft beträgt etwa vier Prozent des Transportsektors. Dieser Bedarf ließe sich sicher decken. Für größere Mengen aber reichen unsere Flächen nicht“, führt der Experte aus.

Auch John Deere will bald einen elektrischen Traktor vorstellen, doch der werde – wie von anderen Herstellern auch – eher klein ausfallen. Die Hoffnung auf eine Lösung für deutlich größere E-Traktoren ist aber noch nicht erloschen, wie Pickel sagt: „Wir träumen natürlich weiter von einem Wunder-Akku und haben auch bereits skizziert, wie ein vollelektrischer Traktor im Jahr 2040 oder 2045 aussehen könnte.“ 

Quelle: Edison – „Über 100 PS macht eine Elektrifizierung keinen Sinn“

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Daniel Krenzer

Daniel Krenzer

Daniel Krenzer ist als studierter Verkehrsgeograf und gelernter Redakteur seit mehr als zehn Jahren auch als journalistischer Autotester mit Fokus auf alternative Antriebe aktiv und hat sich zudem 2022 zum IHK-zertifizierten Berater für E-Mobilität und alternative Antriebe ausbilden lassen.

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Frank:

Wir haben letztes Jahr einen Traktor mit 190kW Leistung gekauft, weil wir an der hinteren Zapfwelle 130kW Leistung brauchen, wenn Sie die Verluste von E-Motor, Umrichter, Akku, Nebenaggregate usw. rechnen, können Sie so auf über 200kW Leistung die man aus den Akku zieht, nach einer Stunde Arbeit, brauchen Sie im nächsten Dorf 10 Stunden um die 200kW wieder aufzuladen, es sei denn es gibt ein Mega Ladestation.
Es gibt natürlich auch Traktoren die nur die halbe Leistung haben und es gibt auch Traktoren die doppelt soviel Leistung haben.
Es gibt aber natürlich auch Anwendungen, wo das ausreicht, 10km mit zwei Hänger zur nächsten Wiese, Rundballen einsammeln und laden, 40km zum Reiterhof alles abladen, auf der Heimfahrt kann man dann laden, 22kW Lader ca. 4 Stunden.
Mit der Akkukettensäge können Sie auch einen Obstbaum im Garten fällen, aber die Waldarbeiter können keinen Schnitt ohne Akkuwechsel machen.

Mr.Hu:

Es ist Tatsache, dass du ein völlig verniedlichtes Bild von der Landwirtschaft hast. Sonst würdest du hier nicht mit abenteuerlichen Ideen aufkeuzen, von denen jeder, der Ahnung von LW hat, nicht mal im Schlaf träumen würde. Ja, wir haben Meinungsfreiheit, aber mit Fakten untermauerbar sein sollten sie schon. Das ist kein „billiges Herumspekulieren“, dass ist einfach nur Erkenntnis auf Basis einer Faktenlage, aber du fühlst dich natürlich von Gegenmeinungen gleich angegriffen. Hauptsache, jeder, der nicht deiner Meinung ist, ist ein sturer alter Mann.

Mr.Hu:

„Könntest *d*u die Wiederholung von Unsinns-Parolen – die fast noch unter Stammtischnveau liegen – doch bitte vermeiden!“
Dann wiederleg mir doch die „Parolen“! 10 Jahre lang nur komplett voll und leer, dann wirst du sehen, dass es mit Li-NMC-Akkus die Realität ist, die du aber nicht hören willst, noch dazu ohne irgendeine Ahnung von Landwirtschaft.

Wolfbrecht Gösebert:

„Wie ich sehe*,* haben Sie noch nichts mit der Landwirtschaft zutun gehabt …“

Nimm einfach die Augenbinde runter, dann siehst Du auch was! – soll heißen: Spekuliere nicht billig in der Gegend herum!

Wolfbrecht Gösebert:

„… dass Akkus zwischen 15-20 und 80 % zu halten sind …“
Könntest Du die Wiederholung von Unsinns-Parolen – die fast noch unter Stammtischnveau liegen – doch bitte vermeiden!

Mr.Hu:

Ich wäre gegen die ganzen Landwirtschafts-Subventionen, wenn wir mal in der Lage wären, als Verbraucher die wahren Kosten für Lebensmittel zu tragen. Irrsinnig, wo doch der Großteil dieses Geldes an Großbetriebe geht. Fakt ist, die aktuellen E-Traktoren sind Kompakttraktoren mit ca 100 ps, bei Standardtraktoren geht die Bandbreite bis in den 500-ps-Bereich, aber bei dem was die meisten real kaufen, können die E-Fahrzeuge schon einen Marktanteil abdecken (WICHTIG: Leistung bestimmt nicht unmittelbar die Klassen etc.) aber die Betriebsdauer ist mau. Hier ein paar Links:
https://www.google.com/url?sa=t&rct=j&q=&esrc=s&source=web&cd=&cad=rja&uact=8&ved=2ahUKEwi_rKvi3fODAxUTX_EDHYIKDrsQFnoECBAQAw&url=https%3A%2F%2Fwww.auto-motor-und-sport.de%2Felektroauto%2Fsoletrac-e70n-elektro-traktor-preis-reichweite%2F&usg=AOvVaw3QJ5ajGuXgmsEUj8mGTmaa&opi=89978449
https://www.google.com/url?sa=t&rct=j&q=&esrc=s&source=web&cd=&cad=rja&uact=8&ved=2ahUKEwi_rKvi3fODAxUTX_EDHYIKDrsQFnoECCkQAQ&url=https%3A%2F%2Fwww.spiegel.de%2Fauto%2Fbauernproteste-traktoren-mit-elektroantrieb-wann-koennen-sie-diesel-ersetzen-a-e2ddf47e-c71c-4eeb-9824-cc3e5e906f14&usg=AOvVaw1yQPUb1OrS6f6FfrXQYV_m&opi=89978449
Die Artikel sagen aus, dass die Maschinen unter Vollast nach vier Stunden schlapp machen (wo in der realen Welt auf dem Feld zwischen 10 und 12 Stunden durchgearbeitet wird), und ob da überhaupt eingerechnet ist, dass Akkus zwischen 15-20 und 80 % zu halten sind, wage ich zu bezweifeln. Und was den schon mehrmals angesprochenen Wechselakku angeht, der dann per Kran in die Karre reingehoben werden soll… sorry, zum einen gibt es dafür keine Zeit (10-12h, zur Erinnerung), zum anderen keinen Platz (auf dem Feld wird angebaut, selbst wenn das „Depot“ nur ein Paar qm raubt, kann man die „Spur“ nicht mehr richtig befahren (jeder, der einen Rasen mit solch einer „Einbuchtung“ besitzt, versteht was ich meine) und bewirtschaften. Sprich: Sie ist nicht mehr nutzbar! Die Lösung sind letztendlich alternative Kraftstoffe, die entweder als E-Fuel oder HVO (ich denke nur an den Norwegischen CARE-Diesel) in den Tanks Einzug halten.

Frank:

Der Dieselverbrauch bei schweren Zapfwellenarbeiten liegt bei 21 bis 27Liter, dazu kommen noch die Verluste am E-Motor, Umrichter, Akku und noch die Nebenaggregate (Hydraulik, Druckluft…) hinzu und man muss die Maschinen noch den Berg raufziehen. Aber wie im Bild für Rundballen aufladen oder Holzspalten geht das sicher.
Mit 360kW Akku geht das schon besser, man hat nur nicht viel Platz auf den Trekker und es gibt nicht in jeden Ort eine Schnellladesäule (man fährt ja nicht zum laden zurück auf den Hof) und man bräuchte noch 2 bis 3 Stunden bis er wieder geladen ist.

Daniel W.:

—–
Traktor 100 kW / 136 PS
Auslastung des Motors und Verbrauch in Liter pro Stunde (l/h):
20 % = 6,6 l/h —– 40 % = 13,2 l/h —– 70 % = 23,1 l/h
(Quelle: oekl.at – PDF-Datei)
—–

Bei 15 Liter Diesel pro Stunde und einem Heizwert von 9,8 kWh pro Liter Diesel bei 40 % Effizienz wären es 58,8 kWh pro Stunde beim E-Traktor (geschätzt).

Bei 240 kWh Akkupack rund 4 Stunden und bei 360 kWh Akkupack rund 6 Stunden Betriebszeit bei durchschnittlich rund 45 % Auslastung des Motors.

Wolfbrecht Gösebert:

„Aber nicht, wie jetzt, einfach den Agrardiesel verteuern ohne einen Ausgleich zu schaffen.“

Du hast wie immer nichts verstanden (oder willst nicht!?), nutzt aber „Auf-den-Kopf-gestellte“ Polemik: Wahrheit ist nämlich einfach nur, dass eine SUBVENTION zurückgenommen wird, um ökologische Fehlsteuerung zurückzufahren!

steinpilz:

Wechselakku ist ne super Idee, wären der eine fährt, läd der andere Akku PV Strom vom Stall.

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