Die europäische Diskussion über den richtigen Kurs in der Antriebswende ist in den vergangenen Wochen hochgekocht wie selten zuvor. Der Anlass sind Überlegungen, die vor knapp drei Jahren festgelegten Ziele für emissionsfreie Neuwagen ab 2035 wieder abzumildern. Während einige Akteure größere Spielräume befürworten, weist Polestar-Chef Michael Lohscheller auf die langfristigen Konsequenzen hin. Ein im Jahr 2035 produziertes Auto mit Verbrennungsmotor werde „auch zwanzig Jahre später noch die Umwelt verschmutzen“, sagt er und mahnt, dass eine Abschwächung des Null-Emissions-Ziels auf 90 Prozent weitreichendere Effekte habe, als es zunächst erscheine.
Lohscheller sieht nicht nur Umweltpolitik betroffen, sondern auch die wirtschaftliche Perspektive Europas. „Wenn wir jetzt einen Rückzieher machen, schaden wir nicht nur dem Klima. Wir schaden auch der Wettbewerbsfähigkeit Europas“, betont er. Aus seiner Sicht schafft nur ein klarer Kurs Investitionssicherheit, und diese sei für Unternehmen genauso entscheidend wie für Beschäftigte. Die Elektrifizierung sei deshalb „ein Weg, der langfristigen Wohlstand und Arbeitsplätze“ ermögliche.
Nach seiner Einschätzung würde eine Kehrtwende lediglich die Lebensdauer jener Industrien verlängern, die ohnehin vor strukturellen Veränderungen stehen. „Sie würde die Lebensdauer veralteter Industrien um einige wenige Jahre verlängern, während der Rest der Welt rasant voranschreitet“, erklärt er. Lohscheller weist darauf hin, dass elektrische Lösungen längst etabliert seien. Europa habe kein Nachfrageproblem, sondern behindere sich durch Zweifel und widersprüchliche Signale selbst.
Gegenüber Elektroauto-News formuliert er diese Kritik noch schärfer. „Etablierte Akteure versuchen weiterhin, Zeit zu gewinnen – mit Verzögerungen, Ausnahmeregelungen und der Schuldzuweisung an Elektroautos für Probleme, die in Wahrheit struktureller Natur sind.“ Seiner Ansicht nach findet die Debatte oft an den technischen Realitäten vorbei statt. „Der Verbrennungsmotor gehört der Vergangenheit an“, sagt er und verweist darauf, dass grundlegende Herausforderungen nicht durch Aufschieben gelöst werden.
Europa stehe nun vor einer Richtungsentscheidung, die über den Verkehrssektor hinausreiche. „Europa steht vor der Entscheidung, konsequent in die Zukunft zu investieren oder den Anschluss zu verlieren“, warnt er. Seine persönliche Beteiligung an früheren Verhandlungen verstärkt diesen Appell. „Ich war bei den Debatten und Verhandlungen sogar selbst dabei“, sagt er. Deshalb empfindet er eine mögliche Abschwächung der Ziele als Bruch mit einem klar formulierten Versprechen: „Europa hatte sich eigentlich klar für die Elektrifizierung ausgesprochen und ist hier ein Versprechen eingegangen.“
Nach seiner Darstellung besteht die Gefahr, Glaubwürdigkeit zu verlieren und internationalen Rückstand zu riskieren. Eine Aufweichung der Regeln würde seiner Meinung nach jene benachteiligen, die bereits investiert haben. „Am Ende werden nicht jene erfolgreich sein, die am lautesten lobbyieren, sondern jene, die am entschlossensten handeln“, erklärt er. Eine abgeschwächte Zielvorgabe würde daher „den Kern der 2035-Regelung aushöhlen“.
Elektrische Autos sind für ihn keine Vision, die auf einen Durchbruch wartet: „Diese Technologie steht längst in unseren Garagen – sie wartet nicht auf einen Durchbruch im Labor“, sagt er. Ihrem Beitrag zur Emissionssenkung misst er zentrale Bedeutung zu. Deshalb wirbt er dafür, Planbarkeit zu erhalten, statt über Übergangslösungen zu diskutieren, die aus seiner Sicht lediglich Zeitgewinn versprechen.
Die Konsequenz seiner Einschätzung fällt klar aus: „Nur wenn wir den eingeschlagenen Weg fortsetzen, schaffen wir langfristigen Wohlstand und sichere Arbeitsplätze.“ Ein Zögern würde hingegen „überholte Technologien künstlich am Leben halten – während andere Regionen uns überholen, während wir auf der Stelle treten“. Aus diesem Grund endet seine Forderung mit einem prägnanten Appell: „Wir fordern: Kurs weiter halten.“
Quelle: Polestar per Mail







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