Dacia Spring Electric: Hochspannung für kleines Geld

Dacia Spring Electric: Hochspannung für kleines Geld
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Dacia

Wolfgang Plank
Wolfgang Plank
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Die Philosophie von Renaults Billig-Tochter ist sehr präzise: Mögen die anderen nach was auch immer streben – bei Dacia zählt allein der Preis. So halten es die Rumänen auch bei ihrem ersten E-Auto. Nach Abzug aller Zuschüsse kostet der Spring unterm Strich gerade mal 10.920 Euro. Das ist eine echte Ansage an die schöne neue Akku-Welt, in der ganz leicht auch sechsstellige Summen aufgerufen werden. Einfach elektrisch fahren – besser kann man den Anspruch von Dacia nicht beschreiben.

In der Folge darf man von dem 3,73 Meter kleinen Gefährt keine Wunderdinge erwarten. Der (noch) wenig konturierte Fahrersitz ist nur in der Länge verstellbar und das Lenkrad gar nicht, zum Parken muss man wegen fehlender P-Sperre die Handbremse bemühen, und Umschäumtes sucht man im Interieur vergebens – andererseits: Für einen elektrischen City-Flitzer taugt Zwerg Phase mehr als dicke.

Irgendwie knuffig steht er da. Mit dicken Bäckchen, viel Luft in den beplankten Radkästen und sogar farbigem Zierrat ähnelt er entfernt einem geschrumpften Duster. Der Anschluss für den Stecker verbirgt sich nicht verschämt unter seitlicher Klappe, sondern prangt mittig in der Front. Seht her, vermittelt der Dacia Spring: Ich bin stolz ein E-Auto zu sein.

Ganz neu ist das Wägelchen nicht. Seit knapp anderthalb Jahren stromert er bereits als Dongfeng-Derivat durch China, nun soll er Europa erobern. Privat und geschäftlich. Der französische Autovermieter E.Leclerc hat soeben 3000 Exemplare geordert – in einer eher spartanischen Business-Version. Die im Herbst allgemein angebotenen Varianten „Comfort“ und „Comfort Plus“ werden optisch und technisch gelifteter daherkommen.

Herzstück des Dacia Spring ist ein E-Motörchen mit 44 PS, das aus einer 27,4-kWh-Batterie unter den Rücksitzen gespeist wird. Reicht nach WLTP für 230 Kilometer – bei Testfahrten um den Gefrierpunkt zeigte das Display immerhin 184 an. Der nicht allzu üppige Radius gehört – siehe oben – zur Philosophie. Kleinere Stromspeicher bedeuten weniger Rohstoffe, geringeres Gewicht, niedrigeren Verbrauch. Am Ende ist es der Spagat zwischen Sparen und Spanne. Und so weit der Akku trägt, fahren die allermeisten pro Tag schließlich nicht annähernd.

Dass es Dacias Stromer in 19 Sekunden auf Tempo 100 schafft, ist ein eher theoretischer Wert. Auch dass maximal 125 drin sind – wobei mit sehr viel Anlauf sogar die 130 auf dem Display erscheint. Denn wie stets gilt Buch eins der Batterie-Bibel: Dynamik und Distanz gehen nicht zusammen. Wichtiger ist da schon der Eco-Modus, der den Vortrieb zugunsten der Reichweite auf 31 PS begrenzt.

So oder so ist der Saft irgendwann alle. Mit Gleichstrom (30 kW) lassen sich 80 Prozent Kapazität in unter einer Stunde in die Zellen pressen. Hierfür ist die Topausstattung „Comfort Plus“ optional mit einem Combined Charging System (CCS) ausgestattet, das zusätzlich zum Typ-2-Anschluss über zwei zusätzliche Pins verfügt. An einer Wallbox dauert die volle Ladung achteinhalb Stunden, an der normalen Steckdose gut einen halben Tag.

Platz hat’s trotz aller Kürze auskömmlich. Sogar hinten, wo man zwar erhobenen Hauptes sitzen kann, aber nicht allzu lange Beine haben sollte. Das Gepäckabteil (über dem erfreulicherweise vollwertigen Ersatzrad) fasst 270 Liter, mit umgeklappter Rücklehne packt der Spring sogar 1,1 Kubikmeter weg. Unter der Fronthaube wäre auch noch Platz – womöglich lässt sich Dacia ja bis zum Serienstart dort noch zu einem Staufach hinreißen.

Das Fahrwerk des Fronttrieblers ist überaus einfach gestrickt, kommt aber gut klar, weil es wegen der nur 186 Kilo schweren Batterie auch bloß gut eine Tonne zu bewältigen hat. Etwas härtere Federn indes könnte man zumindest beim deutschen Straßennetz durchaus vertreten. Und auch die Lenkung dürfte gerne mehr von dem Gefühl vermitteln, dass Volant und Vorderräder miteinander zu tun haben. Dafür ist der Wendekreis mit 9,50 Metern erfreulich klein.

Bereits in der Version „Comfort“ sind Klimaanlage, elektrische Fensterheber, DAB-Radio und USB-Anschluss an Bord, bei der Top-Ausstattung kommen Park-Sensoren, Rückfahrkamera und ein Multimedia-System dazu. Später gibt’s auch noch eine spezielle App. Serienmäßig ist das gute Gefühl, sich nicht um den Akku sorgen zu müssen. Für acht Jahre (bis 120.000 Kilometer) garantiert Dacia 70 Prozent der Kapazität.

Ebenfalls noch in diesem Jahr dürfte eine Cargo-Version kommen. Zweisitzig und mit Ladefläche. Gut möglich also, dass der Spring nicht bloß zum Freund der Innenstädter avanciert, sondern bald auch Kurierfahrer, Pizzaboten und Altenpflegerinnen bewegt. Ganz einfach elektrisch.

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Wolfgang Plank ist freier Journalist und hat ein Faible für Autos, Politik und Motorsport. Tauscht deshalb den Platz am Schreibtisch gerne mal mit dem Schalensitz im Rallyeauto.

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