Batteriehersteller Northvolt streicht 1600 Jobs

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Northvolt

Michael Neißendorfer
Michael Neißendorfer
  —  Lesedauer 4 min

Nach den ersten Schritten im Rahmen seiner strategischen Überprüfung und als Reaktion auf ein herausforderndes makroökonomisches Klima passt der schwedische Batteriehersteller Northvolt seine Aktivitäten in seinem Heimatland an: Der klare Fokus liege nun darauf, die ersten 16 GWh Produktionskapazität im Werk Northvolt Ett (Schwedisch für die Ziffer 1) in Skellefteå zuverlässig hochzufahren, wie das Unternehmen in einer aktuellen Mitteilung erklärt.

Dies werde zur Entlassung von voraussichtlich etwa 1600 Mitarbeitern führen, die sich auf die Standorte Skellefteå (1000 Stellen), Västerås (400 Stellen) und Stockholm (200 Stellen) verteilen. Alle Entlassungen unterliegen Northvolt zufolge laufenden Gewerkschaftsverhandlungen.

Mit der Anpassung seiner kurzfristigen Ambitionen und der Konzentration auf den Aufbau der 16-GWh-Produktion im Werk Ett will sich Northvolt besser positionieren, um die Verpflichtungen gegenüber seinen aktuellen Automobilkunden priorisieren zu können. Dies werde durch ein kürzlich eingeführtes Programm unterstützt, das darauf ausgerichtet sei, das Produktionsniveau und die Qualität zu steigern. Vor wenigen Monaten hatte BMW einen zwei Milliarden Euro schweren Auftrag zurückgezogen, da die Batterien nicht den Qualitätsanforderungen entsprechen sollen und Northvolt Jahre hinter den eigenen Plänen zurückliege. Das Programm soll bereits Ergebnisse zeigen und dazu beigetragen haben, dass sich die Produktionskapazität von Batteriezellen im Werk Ett seit Anfang des Jahres verdreifacht habe.

Während die allgemeine Dynamik für die Elektrifizierung stark bleibt, müssen wir sicherstellen, dass wir die richtigen Maßnahmen zur richtigen Zeit als Reaktion auf Gegenwind auf dem Automobilmarkt und das breitere Industrieklima ergreifen. Wir müssen jetzt alle Energie und Investitionen auf unser Kerngeschäft konzentrieren“, kommentiert Peter Carlsson, CEO und Mitbegründer von Northvolt. Der Erfolg der Produktion in Northvolt Ett sei „entscheidend für die Lieferung an unsere Kunden und die Ermöglichung eines nachhaltigen Geschäftsbetriebs“. Aktuelle Auswertungen im Werk Ett sollen zeigen, „dass wir auf dem richtigen Weg sind, aber die Entscheidungen, die wir heute treffen, so schwierig sie auch sein mögen, sind für die Zukunft von Northvolt notwendig.“

In Skellefteå soll die Erweiterung des Werks Ett um zusätzliche 30 GWh jährliche Zellproduktionskapazität zunächst ausgesetzt werden. In Västerås sollen weitere Programme und die Expansion im Entwicklungszentrum Northvolt Labs verlangsamt werden, womit besagte 400 Stellen entfallen sollen. Die bestehenden Programme dort sollen beibehalten werden, so dass Northvolt Labs seine Position als ein führender Campus für Batterieinnovation und Produktentwicklung in Europa behalten könne. Da Northvolt den Umfang seiner Aktivitäten und Programme in Schweden grundsätzlich reduziert, werde auch das Support-Team um 200 Stellen verkleinert, das größtenteils in Stockholm ansässig ist.

Die Neubewertung ist dem Unternehmen zufolge entscheidend, um eine nachhaltige Betriebs- und Kostenbasis zu gewährleisten. Um dies zu erreichen, sei ein Personalabbau von etwa 20 Prozent auf globaler Ebene und 25 Prozent in Schweden erforderlich. Das Unternehmen sei derzeit mit Gewerkschaftsvertretern im Austausch, um die Auswirkungen auf die entlassenen Mitarbeiter so weit wie möglich abzumildern, etwa um sie bei der Suche nach neuen Jobs oder dem Umzug in eine andere Stadt zu unterstützen.

Zellfabrik Northvolt Drei in Heide soll nicht betroffen sein

Inwieweit andere Standorte, etwa Northvolt Dwa (Zwei) in Polen, wo Batteriezellen zu Modulen zusammengebaut werden, oder die im Aufbau befindliche Zellfabrik Northvolt Drei in Heide, Schleswig-Holstein, betroffen sind, ist bislang unklar. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) erklärte nach dem Autogipfel Anfang der Woche, man stehe „in dauerndem Kontakt mit Northvolt“. Ein Unternehmenssprecher von Northvolt erklärte dem NDR zufolge, dass die Arbeiten in Heide „von den heutigen Entscheidungen nicht betroffen“ seien und der Aufbau des Werks, in dem ab 2026 Batteriezellen für E-Autos produziert werden sollen „in gewohnter Weise“ weiterlaufen sein. Er sagte jedoch auch, dass „über eventuelle Anpassungen der Zeitpläne noch nicht entschieden“ worden sei.

Northvolt-CEO Carlsson nannte die Entscheidungen und Entlassungen „sowohl herausfordernd als auch schmerzhaft“. Er und alle seine Mitarbeiter bei Northvolt würden „alles tun, um die Kollegen zu unterstützen, die das Unternehmen irgendwann verlassen werden“. Die Entscheidungen seien jedoch notwendig, „um sich an die aktuellen Gegebenheiten anzupassen und den langfristigen Erfolg von Northvolt zu ermöglichen“. Northvolt wolle „stärker und schlanker“ werden, um seinen Auftrag fortsetzen zu können: „zu einer nachhaltigeren Gesellschaft beizutragen.

Quelle: Northvolt – Pressemitteilung vom 23.09.2024 / NDR – Northvolt bei Heide: Was bedeuten die Entlassungen in Schweden?

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Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer ist E-Mobility-Journalist und hat stets das große Ganze im Blick: Darum schreibt er nicht nur über E-Autos, sondern auch andere Arten fossilfreier Mobilität sowie über Stromnetze, erneuerbare Energien und Nachhaltigkeit im Allgemeinen.

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