Das europäische Unternehmen Northvolt möchte mit asiatischen Batterieriesen wie CATL, BYD und LG konkurrieren, unter anderem durch den Bau einer Gigafabrik in Schleswig-Holstein. Das Unternehmen erwartet hohe staatliche Fördergelder für das Projekt und plant zudem die Produktion der “grünsten E-Auto-Batterie der Welt“.
Der Batteriezellen-Hersteller Northvolt gab bereits Mitte März letzten Jahres bekannt, den Bau einer Batterie-Gigafabrik namens Northvolt Drei in Heide, Schleswig-Holstein, zu planen. Die Fabrik soll eine jährliche Produktionskapazität von 60 GWh aufweisen und den europäischen Markt mit nachhaltig produzierten Lithium-Ionen-Batterien beliefern, die für etwa eine Million Elektroautos ausreichen würden. Damit sollen Northvolts Batterieproduktionskapazitäten künftig auf über 170 GWh gesteigert werden.
Die Entscheidung für Heide als Standort der Batterie-Gigafabrik sei entscheidend für die Umsetzung des Ziels, leistungsstarke Lithium-Ionen-Batterien mit minimalem ökologischem Fußabdruck herzustellen. Die Region zeichne sich durch das sauberste Energienetz Deutschlands aus, das einen Überschuss an Strom aus On- und Offshore-Windkraft aufweist. Zudem werde die Versorgung mit sauberer Energie durch Netzkopplungen mit Dänemark und Norwegen verstärkt.
Neben dem Überfluss an sauberer Energie positioniere sich Heide, zusammen mit dem breiteren Industriegebiet um Hamburg, als ideal für das europäische Wachstum von Northvolt. Die Region liege zentral in der aufstrebenden europäischen Batterielieferkette, die Skandinavien und Kontinentaleuropa verbindet. Darüber hinaus gebe es ausreichend Platz, um eine Batteriefabrik von erforderlicher Größe zu errichten. Damit könne man Skaleneffekte in der Produktion nutzen, was wiederum entscheidend für die Kostensenkung bei Batterien ist. Northvolt Drei plant, bis zum Jahr 2026 mit der Produktion von Batterien zu beginnen und dabei etwa 3000 neue Arbeitsplätze zu schaffen.
Über eine halbe Milliarde Euro Fördergelder – trotz Sparkurs
Zunächst schien eine staatliche Subvention für den Bau der Gigafabrik auf der Kippe zu stehen. Laut einem Bericht des Manager Magazins forderte der Deutschlandgeschäftsführer von Northvolt, Christofer Haux, Klarheit über die staatliche Unterstützung, insbesondere nach einem Klimafonds-Urteil, das die Förderung zeitweise unsicher machte.
Und dann passierte es: Northvolt erhielt vor kurzem dann doch die Zusage, dass der Bund über eine Ausnahmegenehmigung gut eine halbe Milliarde Euro für die Batteriefabrik freigibt – trotz Haushaltsstreit. Insgesamt soll sich die Unterstützung auf rund 700 Millionen Euro belaufen, wovon knapp 136 Millionen Euro vom Land Schleswig-Holstein stammen. Der Förderbescheid muss noch von der Europäischen Kommission genehmigt werden, was jedoch nur als Formsache gilt.
Sowohl Deutschland als auch die Europäische Union sind daran interessiert, dass Northvolt seine neue Hightech-Fabrik in Dithmarschen nahe der Nordsee statt in den USA baut. Die EU habe den befristeten Beihilfe-Krisenrahmen erweitert, um staatliche Fördermöglichkeiten zu schaffen. Northvolt gilt als eines der wenigen europäischen Start-ups, die mit den großen asiatischen Anbietern wie CATL, LG Energy Solution oder BYD konkurrieren könnte.
Der Bericht des Manager Magazins beleuchtet auch die gegenwärtige Dynamik im globalen Batteriemarkt, insbesondere im Hinblick auf die wachsende Expansion chinesischer Hersteller. Das Ziel von Northvolt bestehe auch darin, die europäische Abhängigkeit von Batterieimporten zu reduzieren, weil aktuell eine starke Abhängigkeit von Lieferungen aus China bestehe. Asiatische Zellhersteller dominieren den Markt, weshalb Europa verstärkt Maßnahmen ergreifen muss, um seine Position zu stärken.
Eine Studie von Roland Berger und dem Lehrstuhl PEM der RWTH Aachen unterstreiche die aktuelle Lage. Diese prognostiziere, dass chinesische Hersteller in den kommenden Jahren erhebliche Kapazitäten für Lithium- und Natrium-Ionen-Batterien aufbauen werden. Bis zum Jahr 2030 könnte die Produktionskapazitäten in China demnach auf fast 6000 Gigawattstunden steigen, während Europa im gleichen Zeitraum mit 1435 Gigawattstunden begrenzt bleibe.
Aus Heide soll die “grünste E-Auto-Batterie der Welt” kommen
Der globale Batteriemarkt soll bis 2030 insgesamt eine Wachstumsrate von 34 Prozent pro Jahr verzeichnen, wobei Elektrofahrzeuge rund 80 Prozent der Nachfrage nach Lithium-Ionen-Batterien ausmachen sollen. Trotz oder gerade wegen der chinesischen Expansion gebe es jedoch mittelfristig Unsicherheiten bezüglich der Batteriezellversorgung in Europa und Nordamerika. Roland-Berger-Berater Wolfgang Bernhart weist im Bericht des Manager Magazins darauf hin, dass die angekündigten chinesischen Werke erst noch gebaut werden müssten. Zudem bleibe unklar, ob die Autohersteller sich auf die Zulieferer aus China wirklich verlassen können. Diese Unsicherheiten könnten allerdings Chancen für Zellhersteller in Europa schaffen. Die müssten jedoch erst einmal beweisen, dass sie in der Lage seien, größere Mengen an Batteriezellen zu liefern.
Peter Carlsson, der Gründer von Northvolt, verkündete Mitte März 2022 auf einer Pressekonferenz in Heide auch das ehrgeizige Ziel, die “grünste E-Auto-Batterie der Welt” zu entwickeln. Das Unternehmen hat angekündigt, in Kooperation mit dem Forschungspartner Altris Natrium-Ionen-Batterien zu bauen. Diese Batterien sollen eine Spitzenenergiedichte von mehr als 160 Wattstunden pro Kilogramm erreichen und dabei frei von Lithium, Nickel, Kobalt und Grafit sein. Die Innovation verspreche Sicherheit, Kosteneffizienz und Nachhaltigkeit im Vergleich zu herkömmlichen Batterien mit Nickel, Mangan, Kobalt (NMC) oder Eisenphosphat (LFP), die jeweils Lithium enthalten.
Aufgrund möglicher Überkapazitäten bei chinesischen Herstellern steigt der Kostendruck auf europäische Unternehmen. Dennoch schätzt Roland-Berger-Berater Bernhart im Interview mit dem Manager Magazin, dass europäische Hersteller unter Berücksichtigung aller Kosten, einschließlich Transport und Zölle, konkurrenzfähig bleiben können. Peter Carlsson und sein Team unterstreichen jedoch die Notwendigkeit staatlicher Subventionen, um die Wettbewerbsfähigkeit zu sichern und betonen, dass eine nachhaltige Batterieproduktion nicht ohne finanzielle Unterstützung realisierbar sei. So oder so: Der finanzielle Aspekt spielt eine Schlüsselrolle im Wettlauf mit den Batterie-Riesen aus Asien.
Quellen: Manager Magazin – Grüner Hoffnungsträger Northvolt – nur nicht zum Nulltarif / Spiegel – Bund gibt halbe Milliarde Euro für Batteriewerk von Northvolt frei / Northvolt – Pressemitteilung vom 15.03.2022 / RWTH Aachen – Batteriemarkt-Studie: Effizienz und Nachhaltigkeit sind wichtigste Trends