Bei den Autohändlern brodelt es: Immer mehr Autohersteller wollen zum sogenannten “Agenturmodell” übergehen – die Händler also nur mehr als Vermittler (Agenten) nutzen und für den Verkauf eine kleine Provision zahlen. Der VW Konzern führte das Modell für seine Elektroautos ein, mit dem Verkaufsstart des ID.3. Nun peilt VW die Umstellung auf das Agenturmodell auch für Benziner- und Diesel-Fahrzeuge an. Händler kritisieren jedoch, dass diese Änderung sie einen erheblichen Teil ihrer Marge kosten und ausländische Hersteller profitieren könnten, wie Business-Insider berichtet.
Zumindest bei E-Autos sei das Agenturmodell auch wirtschaftlich vielversprechender für die Händler, wenn man VW Glauben schenken darf. Die Händler selbst sehen es nicht gänzlich positiv. Das Agenturmodell sieht vor, dass der Händler die Fahrzeuge nicht mehr selbst kauft, sondern als Vermittler für den Konzern agiert. Dies würde das finanzielle Risiko für die Händler verringern, jedoch auch ihre Gewinnmarge reduzieren. Eine Umstellung auf das Agenturmodell für Verbrenner gilt vor 2027 als unwahrscheinlich, doch die Pläne sorgen bereits jetzt für Unmut unter den Händlern.
Dirk Weddigen von Knapp, Präsident des VW- und Audi-Händlerverbandes, zitiert das „Handelsblatt“ mit der Aussage, dass allein die Ankündigung, das derzeitige Kerngeschäft der Verbrenner in das Agenturmodell zu überführen, viele Händler dazu veranlassen werde, ihre Zusammenarbeit mit VW zu überdenken.
Genau dies würde dazu führen, dass sich die Händler anderen Marken öffnen. Überflüssige Showroom-Fläche werden die Händler nicht leer stehen lassen. Vor allem chinesische und andere ausländische Marken könnten von dieser Entwicklung profitieren, was für VW ein unnötiges Volumenrisiko bedeute. Vor allem, wenn man bedenkt, dass Benziner und Diesel derzeit noch die Umsatztreiber für die Marken sind. Dies zeigt sich an den Provisionen, die von VW an die Händler gezahlt werden können.
Das Handelsblatt berichtet, dass die Provision für einen Benziner oder Diesel bei VW-Händlern in Deutschland bei fixen zehn Prozent liege, hinzu kämen Boni von durchschnittlich sechs Prozent. Bei Elektroautos im Agenturmodell betrage die fixe Marge lediglich vier Prozent, plus zwei Prozent Boni. Die Umstellung auf das Agenturmodell könnte tiefgreifende Auswirkungen auf die Struktur des Autohandels haben.
Weddigen von Knapp betont, dass der Verlust der traditionellen Verkaufsstruktur nicht nur wirtschaftliche, sondern auch strategische Folgen haben könnte. Die Händler seien eine wichtige Schnittstelle zwischen dem Konzern und den Endkunden und hätten über Jahre hinweg Vertrauen aufgebaut. Eine Umstellung könnte dieses Vertrauen nachhaltig schädigen und den Markt zugunsten ausländischer Konkurrenten verändern. Insgesamt bleibt abzuwarten, wie sich die Pläne von VW konkretisieren und welche Maßnahmen die Händler ergreifen werden, um auf diese Veränderungen zu reagieren. Der Druck auf den Konzern, seine Vertriebsstrategien zu überdenken und anzupassen, wird in den kommenden Jahren sicherlich zunehmen.
Quelle: BusinessInsider – Händlerverband-Chef kritisiert mögliche VW-Strategie: „Die Chinesen und andere Marken werden profitieren“