LNG-Terminals, Windräder, Straßen, Schienen – in vielen Bereichen ist von einem neuen „Deutschlandtempo“ die Rede. Was heißt das für vollelektrische Pkw? Schließlich hat die Ampelkoalition laut Koalitionsvertrag das Ziel, mindestens 15 Millionen vollelektrische Pkw bis 2030 auf die Straße zu bringen. Aktuell liegt der Bestand bei etwas mehr als einer Million Fahrzeuge. Um das 15-Millionen-Ziel bis Ende 2030 zu erreichen, müssten in Deutschland im Schnitt täglich rund 5000 E-Autos neu zugelassen werden. Aktuell sind wir weit davon entfernt. Darauf verweist der Thinktank Agora Verkehrswende.
Im Januar 2023 lag der durchschnittliche Tagesabsatz nur bei 585 Neuzulassungen pro Tag, im Februar bei 1160. Am höchsten waren die Zulassungszahlen bislang im Dezember 2022 mit 3365 Neufahrzeugen pro Tag. Allerdings künstlich hochgetrieben aufgrund der ab dem darauf folgenden Januar deutlich niedrigeren Fördersätze im Rahmen des Umweltbonus. So oder so: Alles, was ab jetzt unter dem Soll liegt, müsste in den folgenden Monaten und Jahren durch umso höhere Absatzzahlen kompensiert werden.
„Das Ziel, 15 Millionen vollelektrische Pkw bis 2030 in Deutschland auf die Straße zu bringen, ist zentral für die deutsche Klimaschutzstrategie und für die Zukunft der deutschen Automobilindustrie. Je schneller die Hersteller auf Elektromobilität umstellen, desto eher können sie wirtschaftlich erfolgreich sein“, sagt Christian Hochfeld, Direktor von Agora Verkehrswende. Die Bundesregierung habe viel aufzuholen, wenn das 15-Millionen-Ziel noch erreicht werden soll. „Bisher liegt der Absatz weit unter dem erforderlichen Soll“, so Hochfeld.
„Durchschnittlich 5000 E-Pkw-Neuzulassungen pro Tag bis 2030 – das ist die Messlatte für das neue Deutschlandtempo beim Ausbau der Elektromobilität“, sagt der Direktor von Agora Verkehrswende. Ein wichtiger Hebel seien die europäischen CO2-Flottengrenzwerte. „Anstatt sich für eine Verschärfung des Kommissionsvorschlags einzusetzen, hat die Bundesregierung zuletzt sogar Zweifel aufkommen lassen, dass sie den über Monate ausgehandelten Kompromiss mitträgt“, missfällt Hochfeld der Stand der Diskussionen.
„Die Zustimmung Deutschlands im EU-Rat ist entscheidend, um die Weiterentwicklung der CO2-Flottengrenzwerte abzuschließen und so die nötige Planungssicherheit für die Transformation der Automobilindustrie und den Ladeinfrastrukturausbau zu schaffen“, sagt Hochfeld. „Mit einer Enthaltung oder Ablehnung würde die Bundesregierung der Wirtschaft, dem Klimaschutz und Deutschlands Ansehen in Europa großen Schaden zufügen.“
Das 15-Millionen-Ziel könnte eine Punktlandung werden
Unsere Meinung: Zwar hinkt Deutschland dem 15-Millionen-Ziel bis 2030 aktuell tatsächlich deutlich hinterher. Allerdings wird der E-Auto-Markt in den kommenden Jahren deutlich an Dynamik zulegen. Viele Autohersteller starten eine E-Modell-Offensive – und wollen zum Teil schon weit vor 2030 nur noch Elektroautos zum Verkauf anbieten. Die E-Quote bei den Neuzulassungen wird also unweigerlich höher mit der Zeit und sollte gegen Ende des Jahrzehnts weit über den 5000 E-Autos pro Tag liegen, die Agora Verkehrswende als notwendig erachtet. Schließlich kommen pro Jahr in Deutschland gut drei Millionen Pkw neu auf die Straße. Die Erneuerung der Flotte wird also mit steigendem Elektro-Anteil noch massiv an Fahrt aufnehmen.
Das 15-Millionen-Ziel? Es könnte eine Punktlandung werden. Aber nur, wenn die Weichenstellung dafür, die die Autohersteller bereits größtenteils angegangen sind, nun auch auf politischer Ebene mit mehr Nachdruck vorangetrieben wird.
Quelle: Agora Verkehrswende – Pressemitteilung vom 06.03.2023