Die Zukunft geht vom Gas

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Wolfgang Plank
Wolfgang Plank
  —  Lesedauer 4 min

Ein Missstand ist da. Gewaltig groß und eigentlich unübersehbar. Aber es spricht keiner darüber. Aus Parteiräson. Aus Mangel an Courage. Oder aus Sorge, ein Idyll könnte sich zum Trugbild wandeln. Im Englischen haben sie für das totgeschwiegene Problem den wunderbaren Begriff „the elephant in the room“ geprägt. Derlei Dickhäuter gibt es auch hierzulande reichlich. Ein besonders mächtiger ist das Elektromobil.

Es ist nämlich nicht heraus, ob das ladefähige Auto wirklich so ein Segen ist. Ganz sicher nicht, wenn der Saft abseits von Sonne, Wasser oder Wind erzeugt wird. Und auch im Inneren bergen die E-Mobile ein schmutziges Geheimnis. Was Batterien funktionieren lässt, muss der Erde brutal entrissen werden. Die vermeintlich sauberen Akku-Autos hinterlassen schon dreckige Spuren, bevor sie überhaupt vom Band gelaufen sind: gerodete Wälder, vergiftete Böden, verseuchte Flüsse. Nicht zu reden von den Arbeitsbedingungen beim Rohstoff-Schürfen.

Politik und Autobauer indes haben sich auf den Elektro-Antrieb eingeschworen. Ganz einfach weil sie ihn brauchen. Selbstverständlich sind die CO2-Werte schöngerechnet – aber ohne eine ausreichende Anzahl Stromer stimmt kurzfristig die Klima-Bilanz nicht einmal mehr auf dem Papier. In dieser selbst verordneten Euphorie um das E-Mobil kam eine Idee stets zu kurz: das Erdgas-Auto.

Erdgas liefert mehr Energie als Sprit und verbrennt sauberer. Der CO2-Ausstoß liegt um ein Viertel niedriger, der an Stickoxiden gar um 80 Prozent. Und: Es entsteht keinerlei Feinstaub. Obendrein ist CNG (Compressed Natural Gas) klopffest bis 130 Oktan. Das ermöglicht kleine Motoren mit großer Verdichtung und hoher Leistung. Und: Erdgas-Autos können Methan aus Bio-Abfällen oder Elektrolyse tanken.

Zugegeben: Nur Vorteile hat auch CNG nicht. Die Wartungskosten sind höher, weil die Autos teils öfter zur Inspektion müssen – und im Zuge der Hauptuntersuchung auch zur Gas-Prüfung. Die Tanks sind schwer und ihre Lebensdauer auf 20 Jahre beschränkt. Danach müssen sie erneuert werden.

In Sachen Umwelt und Verbrauch jedoch ist kaum Konkurrenz in Sicht. Im Gegenteil: Nicht wenige Experten halten Erdgas für die einzige Chance, in verhältnismäßig kurzer Zeit auf messbare Erfolge bei der Luftreinhaltung zu kommen. Politisch unabhängiger würde Deutschland auch. Erdgas kann man in der Nordsee fördern – und überall regenerativ erzeugen.

Bis vor kurzem sah man das auch im VW-Konzern so. „Erdgas ist sofort verfügbarer, nachhaltiger und kostengünstiger Klimaschutz!“, hieß es noch im vergangenen Jahr. Und tatsächlich sind zusammen mit Škoda und Seat aktuell 19 CNG-Modelle im Angebot, auch Golf 8 und Caddy starten im Laufe des Jahres noch als TGI-Versionen. Doch das war’s dann. Für die Zukunft steigt der potenteste Verfechter der Erdgas-Technik aus.

Selbst mit großem Engagement wollte kein Durchbruch gelingen. Trotz der bis 2026 verlängerten Steuervorteile. Nur gut 7000 Gas-Autos hat der VW-Konzern im abgelaufenen Jahr hierzulande abgesetzt, dazu kommen noch ein paar hundert Exemplare von Fiat. Im Grunde treibt die Deutschen dieselbe Sorge um wie beim E-Mobil: leer liegenzubleiben. Und die ist so unbegründet nicht. Das Tankstellennetz der Republik ist sogar noch grobmaschiger geworden. Statt der geplanten 2000 Zapfsäulen, gab es 2019 nur noch gut 800 – knapp 30 weniger als im Jahr zuvor.

Eine zusätzliche Hürde wäre sicherlich die Abgasnorm Euro 7 geworden, mit der auch die zulässigen Höchstmengen für Feinstaub und Stickoxide absehbar halbiert werden müssen. Das schafft so ein Gasmotor zwar locker, aber weil die Emissionen künftig über die Lebenszeit des Fahrzeugs kontrolliert werden sollen, muss das Abgas-System aufwändig mit der Bordelektronik vernetzt werden. Entwicklungen in diese Software will bei den überschaubaren Stückzahlen niemand mehr vorantreiben.

Den entscheidenden Schlag gegen die Technik aber hat letztlich die Politik geführt. Mit aberwitzigen Formeln. Biogas darf nämlich – obwohl aus erneuerbarer Energie – nicht auf die CO2-Flottenbilanz angerechnet werden. Egal wie klimafreundlich CNG-Fahrzeuge also unterwegs sind – sie zählen wie Autos mit fossilem Kraftstoff. Plug-In-Hybride indes gelten ab einer bestimmten Reichweite als Null-Emissions-Fahrzeug – unabhängig davon, ob der Akku jemals geladen wird.

Die einseitige Festlegung auf Batterie-Antrieb hat noch weitergehende Folgen. Auch die Entwicklung der Brennstoffzelle will VW-Boss Herbert Diess im Konzern nur mehr „auf Grundlevel“ betreiben. Heißt im Klartext und mit offenkundiger Rückendeckung aus Berlin: Alles auf Akku.

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Wolfgang Plank

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Wolfgang Plank ist freier Journalist und hat ein Faible für Autos, Politik und Motorsport. Tauscht deshalb den Platz am Schreibtisch gerne mal mit dem Schalensitz im Rallyeauto.

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mindamino:

Wenn man das E-Auto direkt aus der Photovoltaikanlage läd, dann ist es unschlagbar aber daher hat das noch lange Zeit. Der Staat kassiert auch Stromsteuer.

mindamino:

Mit dem Audi e-gas project baut die Marke mit den Vier Ringen bis 2013 als erster Automobilhersteller weltweit eine ganze Kette nachhaltiger Energieträger auf.
Die Audi e-gas-Anlage im norddeutschen Werlte, die der Anlagenbauer ETOGAS (vormals SolarFuel) im Auftrag der AUDI AG errichtet hat, ist die weltweit erste Anlage im industriellen Maßstab, die aus CO2 und erneuerbarem Strom einspeisefähiges, synthetisches Erdgas generiert. Zu ihrem Betrieb dient regenerativer Strom, zum Beispiel aus Wind, Sonnenenergie oder Biomasse.

mindamino:

Die Wasserstofftechnologie ist derzeit tot aber Erdgas ist doch noch keine tote Technologie. Die wurde halt die letzten 20 Jahre in keinster Weise so gefördert wie jetzt der E-Autohype.
Der Strom, der derzeit für die E-Autos zusätzlich aufgewendet werden muß, kommt auch aus Erdgaskraftwerken.

Mit dem Audi e-gas project baut die Marke mit den Vier Ringen bis 2013 als erster Automobilhersteller weltweit eine ganze Kette nachhaltiger Energieträger auf.
Die Audi e-gas-Anlage im norddeutschen Werlte, die der Anlagenbauer ETOGAS (vormals SolarFuel) im Auftrag der AUDI AG errichtet hat, ist die weltweit erste Anlage im industriellen Maßstab, die aus CO2 und erneuerbarem Strom einspeisefähiges, synthetisches Erdgas generiert. Zu ihrem Betrieb dient regenerativer Strom, zum Beispiel aus Wind, Sonnenenergie oder Biomasse.

verbiogaswird ausschließlich aus landwirtschaftlichen Reststoffen hergestellt. Seit 2012 setzen wir mit unseren Biomethananlagen auf die Verarbeitung von Schlempe. Seit 2014 gewinnen wir verbiogas zusätzlich aus 100 % Stroh.
Nur 2 Tonnen Stroh (das sind gerade einmal 4 Großballen) reichen aus, um den Jahreskraftstoffbedarf für einen Mittelklasse CNG-PKW herzustellen.

mindamino:

E-Autos setzen sich aber nur so schnell durch, weil diese entsprechend gefördert werden. Richtig sinnvoll sind diese derzeit nur, wenn sie direkt aus zB. einer Photovoltaikanlage für 8 cent/kWh geladen werden.

mindamino:

Mit dem Audi e-gas project baut die Marke mit den Vier Ringen bis 2013 als erster Automobilhersteller weltweit eine ganze Kette nachhaltiger Energieträger auf.
Die Audi e-gas-Anlage im norddeutschen Werlte, die der Anlagenbauer ETOGAS (vormals SolarFuel) im Auftrag der AUDI AG errichtet hat, ist die weltweit erste Anlage im industriellen Maßstab, die aus CO2 und erneuerbarem Strom einspeisefähiges, synthetisches Erdgas generiert. Zu ihrem Betrieb dient regenerativer Strom, zum Beispiel aus Wind, Sonnenenergie oder Biomasse.

Noddi:

Woher nehmen sie ihre Erkenntnisse? Nach 3 1/2 Jahren CNG und 120 TKM mit einem Seat Leon St bleiben bei mir folgende:
Mehrkosten (im Vergleich zu einem reinen Benziner):
– ca. 30€ Gastankprüfung beim ersten TÜV (ohne Mängel)
– zusätzlicher Ölwechsel alle 15 TKM (Inspektion alle 30TKM) Kosten ca. 150€
Das wars. Dafür:
– KFZ-Steuerersparnis ca. 100€/Jahr
– keine Reperaturkosten!
– erste Satz Allwetter-Reifen Restprofiltiefe 5mm
– erster Satz Bremsbeläge
– Durchschnittsverbrauch 3,3 kg/100km (macht bei einem Durchschnittspreis von 1€/kg Kosten von 3,3€ je 100km)
– Neupreis des Fahrzeugs 18000€, Restwert ca. 10000€
Und jetzt zeigen sie mir bitte ein Elektroauto, das auf weniger Gesamtkosten über die Laufzeit kommt. Selbst mit kostenlosen Strom vom eigenen Dach ist das nicht möglich.
Und übrigens: Ich tanke 100% Bio-Methan.
So weit also die Fakten!

Michael Oldenburg:

Die Energiegewinnung aus Biogas in Kraft-Wärme gekoppelten Anlagen ist mehr als doppelt so effizient wie das Verbrennen des Biokraftstoffes in CNG Fahrzeugen…
Wer es weiterhin bevorzugt sein Fahrzeug ein bis zweimal im Jahr bei der Inspektion abzugeben, alle 40 Tausend Kilometer die Bremsbeläge wechseln lassen möchte, regelmäßig eine Gasprüfung durchführen und bezahlen möchte, teure Reparaturen an Motor, Kupplung, Getriebe, Abgasanlage riskieren will, ist mit einem CNG Fahrzeug bestens bedient.
Alle Anderen fahren wohl zukünftig Batterieelektrisch.
Wenn das vom Fraunhofeinstitut entwickelte induktive Laden direkt beim Fahren auf die Autobahnen kommt, haben sich alternative Antriebsformen restlos erledigt.

Michael Oldenburg:

Haben Sie mal die Energiebilanz der von Ihnen vorgeschlagenen Verfahren betrachtet?
Niemand wird am Ende 3 mal soviel bezahlen für die gleiche Reichweite eines BEVs.
Solange die Physikalischen Gesetze nicht neu erfunden werden, hat CNG keine Chance. Die die TCO eines BEVs sind Verbrenner und CNG Fahrzeuge chancenlos.
Jeder der etwas Anderes propagiert hat entweder keine Ahnung oder handfeste eigene Interessen.

Dieter Wilhelm:

Baut ihr mal CNG Autos, ja machen wir wenn ihr CNG Tankstellen baut. Ja machen wir wenn ihr Autos baut. Ja machen wir, wenn ihr Tankstellen baut. Wie im Kindergarten hat man sich die Bälle zugeschoben. Warum klappt das jetzt alles im übrigen Europa. In der Schweiz,in Italien, in Belgien, Holland, Schweden, überall wächst die CNG und LPG Technik. Im Lobbyisten verseuchten Deutschland versucht man mit Murkspolitik wieder die Leute hinters Licht zu führen. Verbrenner mit alternativen und umweltfreundlichen Kraftstoffen sind der einzige Weg.

B. Tiegel:

Danke Herr Plank für diesen sehr guten Artikel. Er trifft das Thema auf den Punkt!
Leider gibt es in Deutschland zu viele Menschen, die nur schwarz- und weiss sehen können.
Zudem ist es immer einfach sich in der Anonymität des Internets herablassend und polämisch
zu äußern. Dasselbe kennt man von Diskussionen über Rassismus. Es ist traurig aber nun leider mal so.
Ich sehe in all den genannten Technologien Vor-/ und Nachteile.
Die Zukunft gehört denen, die reflektieren können und auch die Nuancen sehen…

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