Neuer ZF-Chef: „Der Range-Extender ist die bessere Lösung“

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Sebastian Henßler
Sebastian Henßler
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Mathias Miedreich übernimmt ab Oktober die Führung des Zulieferers ZF und tritt damit die Nachfolge von Holger Klein an, der den Konzern vorzeitig verlässt. Das Gespräch mit der Automobilwoche führte er noch kurz vor der offiziellen Entscheidung, es wurde danach angepasst. Im Interview wird klar: Der neue CEO hat die Herausforderungen bei ZF zwar erkannt, sieht aber zugleich großes Potenzial. „Ganz ehrlich, wahrscheinlich nicht“, sagt er auf die Frage, ob er die Aufgabe so schwer erwartet hätte. Gleichzeitig betont er: „Es gibt wahrscheinlich wenige Firmen auf der Welt, die eine solche Kompetenz und Historie haben.“ Besonders die Division E, die zuletzt im Fokus stand, sieht er als Schatz mit technologischer Tiefe und engen Kundenbeziehungen.

Im Zentrum steht die Zukunft dieser Division, über die Ende September eine Entscheidung fallen soll. Basis ist ein „Bündnis für Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigungssicherung“, das Ende Juli mit Arbeitnehmervertretern geschlossen wurde. Miedreich verweist auf den gemeinsam getragenen Willen: „Wir hätten das damals nicht unterschrieben, wenn wir nicht gedacht hätten, dass es eine sehr gute Chance gibt, dass das funktioniert.“

Klar ist aber auch: Der Umbau wird schmerzhaft. Bis zu 14.000 Stellen in Deutschland sollen bis 2028 abgebaut werden. Eine genaue Aufschlüsselung auf Divisionen will ZF nicht geben, um Standorte mit mehreren Sparten nicht zusätzlich zu belasten. „Es ist besser, diese Anpassungen vorzunehmen, damit die große Zahl der verbleibenden Mitarbeiter eine Chance für die Zukunft hat“, so Miedreich.

Die Restrukturierung basiert auf vier Hebeln: erstens ein laufendes Kostenoptimierungsprogramm, das die Division E bereits im ersten Halbjahr 2025 zurück in die Gewinnzone brachte, wenn auch nur auf „schwarze Null“; zweitens eine Überprüfung des Portfolios, also welche Teile künftig selbst gefertigt oder eingekauft werden; drittens mögliche Verlagerungen von Fertigung zur Hebung weiterer Einsparpotenziale; und viertens der Stellenabbau. Partnerschaften seien eine ergänzende „fünfte Säule“, aber kein Ersatz für harte Maßnahmen. „Partner sind dann gut, wenn sie komplementär sind“, erklärt Miedreich – etwa beim Marktzugang oder in der Technologie.

Den Range-Extender empfindet ZF als die bessere Alternative

Technologisch setzt ZF klar auf Vielfalt. Miedreich hält den Abgesang auf den Hybrid für verfrüht. „Meine feste Überzeugung ist, dass der Range Extender die bessere Alternative ist“, sagt er mit Blick auf die CO₂-Debatte. Weltweit zeigen sich aus seiner Sicht stark unterschiedliche Kundenbedürfnisse – in Europa mit klaren Vorgaben für das Verbrenner-Aus ab 2035, in China mit hoher Hybrid-Nachfrage, in den USA dagegen kaum Interesse. Besonders das Hybridgetriebe 8HP Evo sieht er als Schlüsselprodukt: „Das ist schon ein Superstück Technologie.“ Es biete 20 Prozent mehr Drehmoment, 25 Prozent mehr elektrische Leistung und zehn Prozent mehr Reichweite. Die hohe Nachfrage sichere dem Werk Saarbrücken eine zentrale Rolle.

Parallel plant ZF ab 2026 die Serienproduktion von Range-Extendern in China, wo bereits der erste Großauftrag gewonnen wurde. Nordamerika soll folgen, ebenfalls mit lokaler Fertigung. „Die Zeiten mit globalen Plattformen sind vorbei. Man benötigt marktspezifische Lösungen, die auch lokal produziert werden.“ Geschwindigkeit sei dabei entscheidend – gerade beim Geschäft mit chinesischen Herstellern, die immer stärker in Europa drängen. „Geschwindigkeit ist fast genauso wichtig wie Kosten“, betont der Manager mit sechs Jahren China-Erfahrung.

Politische Rahmenbedingungen wie US-Zölle bewertet er als zusätzliche Belastung, die jedoch letztlich die Kunden tragen: „Am Ende des Tages bezahlt der, der bestellt hat.“ Chancen sieht er zugleich in ZFs globaler Präsenz mit Entwicklung und Fertigung in allen Weltregionen. Auch Indien will er nicht außer Acht lassen. Dort werde der Verbrenner noch lange dominieren, Hybridisierung sei aber ein realistischer Einstieg in die Elektromobilität.

Damit zeichnet Miedreich den Kurs für ZF: harte Einschnitte, klare Technologieoffenheit und marktspezifische Lösungen, kombiniert mit einer stärkeren Orientierung an Tempo und Partnerschaften. Seine Botschaft: Nur so kann ZF wieder Stabilität gewinnen und im globalen Wettbewerb bestehen.

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Sebastian Henßler

Sebastian Henßler

Sebastian Henßler hat Elektroauto-News.net im Juni 2016 übernommen und veröffentlicht seitdem interessante Nachrichten und Hintergrundberichte rund um die Elektromobilität. Vor allem stehen hierbei batterieelektrische PKW im Fokus, aber auch andere alternative Antriebe werden betrachtet.

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