Zeekr 001 Privilege: Porsche- & Nio-Widersacher?

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Zeekr

Wolfgang Gomoll
Wolfgang Gomoll
  —  Lesedauer 6 min

Geely-Tochtermarke Zeekr will den europäischen Premiummarkt erobern. Der Shooting Brake 001 soll die Speerspitze für weitere Stromer sein, die den Platzhirschen das Leben schwer machen sollen. Der Erstling bietet einiges fürs Geld – hat aber noch die eine oder andere Schwäche.

Schnittig kommt er daher, der Zeekr 001. Der Auftritt gleicht einem potenten europäischen Sportwagen, wie etwa dem Porsche Taycan Cross Turismo. Genau in jener Klasse soll der chinesische Stromer das Fürchten lehren. Noch vor ein paar Jahren hätte man bei diesen Worten lächelnd abgewunken und gesagt: „Ja, ja, Papier ist geduldig. Auch chinesisches.“ Doch diese Zeiten sind vorbei. Zwar ist bei den Fahrzeugen aus dem Reich der Mitte noch längst nicht alles Gold, was glänzt; doch die Entwicklungsschritte, die Nio, BYD & Co. hinlegen, sind bisweilen beeindruckend.

Jetzt also der Zeekr 001, der auf Geelys auch bei den Tochter- und Joint-Venture-Marken Polestar, Smart und Volvo bewährten Sustainable Experience Architecture (SEA), die mit Technik von Mobileye und Chips von Qualcomm ergänzt wird, damit die Assistenzsysteme auch möglichst leistungsfähig sind.

Zeekr

Die Zutaten sind bei Fahrzeugen chinesischer Autobauer selten das Problem. Eher die Applikation der teuren Komponenten zu einem stimmigen Paket. „Wir haben das Auto auf die europäischen Bedürfnisse abgestimmt. Die chinesische Version fährt anders“, erklärt Chefingenieur Ralph Stenger, der früher bei Opel tätig war. Die Tüftelei der Techniker in Göteborg hat sich ausgezahlt. Das Luftfahrwerk mit den adaptiven Dämpfern agiert durchaus harmonisch. Selbst im Komfortmodus wippt die Karosserie nicht nervig nach. Am besten gefällt uns die Sport-Einstellung, bei der der Aufbau des Wagens noch etwas strikter angebunden ist, die Abstimmung ist etwas straffer, aber immer noch komfortabel. Verzögerungsschwellen schluckt der Zeekr 001 ganz entspannt. Dass die Ingenieure auf eine Wankstabilisierung verzichtet haben, kaschiert das Fahrwerk in Kurven ziemlich erfolgreich, ganz verhindern können sie das Neigen der Karosserie freilich nicht.

Bei der Bremse sieht die Sache schon anders aus. Die ist schwer dosierbar und auch ein genauer Druckpunkt fehlt. „Wir sind mit dem Auto noch nicht ganz fertig“, beruhigt Ralph Stenger. Die Fahrmodi unterscheiden sich deutlich. Im Sport geht es mit 400 kW / 544 und einem Drehmoment 686 Newtonmetern brachial voran und bereits nach 3,8 Sekunden sind aus dem Stand 100 km/h erreicht. Bei Eco und Comfort ist der Zeekr 001 im gebremsten Zaum unterwegs, was das Fahren in der Stadt entspannter gestaltet. Allerdings gibt es bei der Rekuperation nur drei Stufen: Mild, stark und One Pedal. Das klassische Rollen beziehungsweise Segeln und damit selbstverantwortliche Bremsen ist nicht möglich.

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Die Lenkung könnte zwar direkter sein, aber das fügt sich gut in das komfortable Konzept des Fahrzeugs ein. Durch den Allradantrieb kommt auf kurvigen Landstraßen durchaus Freude auf – trotz des stattlichen Gewichts des Zeekr 001 von 2350 Kilogramm. Die Sitze haben die Europäer mit einem festeren Schaum versehen, als das in China der Fall ist, was wir ebenfalls als angenehm empfinden. Das Gleiche gilt für die Anmutung des Innenraums. Im Gegensatz zum Nio ET7 ist die Projektionsluke des Head-up-Displays des Zeekr 001 mit Rahmenverkleidung versehen. Auch der Rest des Interieurs ist mit Leder oder anderen Stoffen überzogen. Die Verarbeitung steht dem in nichts nach.

Aufgrund der Batteriekapazität von 100 Kilowattstunden (CATL NMC-Zellen) kommt der allradgetriebene Zeekr 001 bis zu 580 Kilometer weit, entscheidet man sich für die Long-Range-Version mit Hinterradantrieb und 200 kW / 272 PS, wächst die Reichweite auf 620 Kilometer an. Als Verbrauch gibt Zeekr bei der Privilege-Version, die es nur mit vier angetriebenen Rädern gibt, 18,5 kWh/100 km an. Nach unserer Testfahrt, bei der wir aber nicht mit der Höchstgeschwindigkeit von 200 km/h und nur kurz auf der Autobahn unterwegs waren, meldete der Bordcomputer 21,5 kWh/100 km.

Beim Stromtanken gefällt es uns, dass der Zeekr 001 einen 22 kW-Onboardlader verbaut hat. Damit sind die leeren Akkus nach fünfeinhalb Stunden voll. Bei DC-Schnellladern sind maximale 200 kW möglich und die Energiezellen sind nach 30 Minuten von 10 auf 80 Prozent gefüllt.

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Das Infotainment folgt mit dem 8,8 Zoll (ca. 22 cm) großen Instrumentenbildschirm und dem mächtigen 14,7 Zoll Touchscreen dem üblichen Trend der Geely-Fahrzeugfamilie. Nach einer gewissen Eingewöhnungszeit findet man sich mit der Bedienung, die wie auch bei anderen üblich der eines Smartphones nachempfunden ist, zu Recht. Eine gute Idee ist es, dass es eine Ebene mit direkten Funktionen gibt, die man wie einen Rollladen mit einem Wisch von oben nach unten aktivieren kann. Allerdings muss auch da immer kurz auf das Display schauen, da wären größere Kacheln beziehungsweise Trefferflächen hilfreich. Eine analoge Eingabe ist bei den modernen Usern – von Fahrern kann man da ja fast nicht mehr sprechen – ja fast schon verpönt. Also muss man beim Zeekr 001 die Position des Lenkrads und der Spiegel per Touchscreen einstellen.

Zeekr

Der Zeekr 001 ist 4,95 Meter lang und damit ist auch der Radstand von drei Metern kein Problem. Von diesen Abmessungen profitieren alle Passagiere. Auch hinten ist das Raumangebot fast schon fürstlich, auch jenseits einer Körpergröße von 1,85 Metern und trotz eines Glasdachs. Lediglich beim Kofferraum runzeln wir die Stirn. Der ist mit einem Volumen von 539 Litern zwar ganz ordentlich, aber zum einen minimiert das schräge Heck die Praktikabilität und zum anderen ist die Ladekante ziemlich hoch. Immerhin kann man das Auto dank der Luftfeder absenken und die Ladefläche ist eben.

Bleibt noch der Preis. Los geht es bei etwa 59.500 Euro für die hinterradgetriebene Long-Range-Version. Die bietet schon solche Annehmlichkeiten wie ein Panorama Glasdach, 21 Zoll Reifen, 21 Fahrassistenten und ein Yamaha-Soundsystem mit acht Lautsprechern. Die von uns gefahrene Privilege-Variante hat dann eine ziemlich umfangreiche Ausstattung: unter anderem die Luftfedern, Massagesitze vorne und eine Dreizonen-Klimaanlage. Allerdings steigt dann der Preis auf 67.500 Euro. Zum Vergleich ein Nio ET 7 kostet mindestens 69.000 Euro und der Porsche Taycan 4 Cross Turismo ist nicht unter 103.254 Euro zu haben.

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Wolfgang Gomoll

Wolfgang Gomoll

Wolfgang Gomoll beschäftigt sich mit dem Thema Elektromobilität und Elektroautos und verfasst für press:inform spannende Einblicke aus der E-Szene. Auf Elektroauto-News.net teilt er diese mit uns. Teils exklusiv!

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