Geht es nach den Vereinten Nationen, soll die Welt ab 2050 emissionsfrei sein. Um dieses Ziel zu erreichen, sind vor allem im Bereich Verkehr enorme Anstrengungen nötig. Und das gilt nicht bloß beim Pkw. Auch der Gütertransport muss bis dahin ohne fossile Brennstoffe auskommen. Ein überaus ambitionierter Plan.
Und doch scheint er nicht unmöglich. Eine Forschungsgruppe der Westfälischen Wilhelms-Universität (WWU) Münster hat jetzt im Fachmagazin „Journal of Energy Storage“ dargelegt, dass Batterie- und Brennstoffzellen-Lkw im Fernverkehr zwar derzeit im Vergleich mit Diesel-Trucks nicht wettbewerbsfähig seien – dass es jedoch „technologische Stellhebel“ und Möglichkeiten der Preisreduktion gebe, um dies zu erreichen. Die Ergebnisse dieser Studie hat die WWU nun in einer Mitteilung zusammengefasst. Die Forschungsgruppe hat dabei nach eigenen Angaben neben Betriebs- und Kapitalkosten auch entgangene Gewinne durch Ladezeiten und geringere Zuladung berücksichtigt. Als Fallbeispiel diente der US-Markt, dessen Dekarbonisierung durch einen vergleichsweise niedrigen Dieselpreis erschwert wird.
„Die dynamische Entwicklung der Energiedichte von Batterien und Effizienzsteigerungen bei Brennstoffzellen werden die Kosten von Zero-Emission-Trucks im Fernverkehr nahe an den Diesel bringen“, sagt der federführende Autor Lukas Mauler. Für einen endgültigen Durchbruch seien aber Wasserstoff an den Autobahnen sowie Preissenkungen für Schnellladen erforderlich.
Besonders im Lkw-Fernverkehr seien die Anforderungen an Reichweite, Zuladung und Auslastung der Fahrzeuge hoch, heißt es in der Studie. Die Nutzung von Batterien und Brennstoffzellen erlaubten zwar einen emissionsfreien Betrieb, würden sich aber in wichtigen technologischen Merkmalen wie Effizienz, Gewicht und Lade- oder Betankungsdauer erheblich unterscheiden. Die Transparenz über den Einfluss dieser Merkmale auf die Kosten sei wichtig für Spediteure, die Emissionen ihres Fuhrparks reduzieren wollen – und für Lkw-Hersteller, um attraktive Produkte anzubieten.
Den Forschern zufolge würde die Wettbewerbsfähigkeit von Zero-Emission-Trucks zunächst auf kürzeren Strecken erreicht und sich nach und nach auf längere Entfernungen ausweiten. Neben der reinen Distanz spiele aber auch die Art der Fracht eine wichtige Rolle für die Wahl der kostengünstigsten Alternative zum Diesel. Bei leichten Gütern wie Paketen oder Kühlschränken sei das Ladevolumen der limitierende Faktor – bei Flüssigkeiten oder Baustoffen hingegen entscheide die Gewichtsgrenze.
Im volumenbegrenzten Transport hält Mauler kostengünstigere Lithium-Eisenphosphat-Batterien für den Antrieb der Wahl, bei schweren Ladungen oder Distanzen jenseits von 600 Kilometern seien leichtere Akkus oder Brennstoffzellen im Vorteil. Voraussetzung für eine flächendeckende Transformation des Fernverkehrs sei jedoch eine optimale Tank- und Ladeinfrastruktur, heißt es in der Studie – und zwar mit regenerativen Energien.
Für die Wahl der besten Technologie sei zudem wichtig, die Entwicklung beim autonomen Fahren zu beobachten. Könnten etwa die Fahrer ihre gesetzlich vorgeschriebenen Pausen nicht mehr zum Laden von Batterietrucks nutzen, böten Brennstoffzellen-Lkw zusätzlich den Vorteil der niedrigen Betankungsdauer. Fazit der Forscher: Die Vielzahl technologischer und marktbedingter Einflussfaktoren spricht für die Nutzung regional unterschiedlich ausgeprägte Nutzung beider Antriebstechnologien.
Quelle: WWU Münster – Pressemitteilung vom 6. Januar 2022