Wie Schweizer Forscher Feststoffbatterien verbessern können

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Paul Scherrer Institut/Markus Fischer

Michael Neißendorfer
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  —  Lesedauer 4 min

Forschende des Paul Scherrer Instituts PSI in Villigen in der Schweiz haben die mechanischen Vorgänge in Feststoffbatterien so genau wie noch nie beobachtet. Mittels Röntgentomografie entdeckten sie, wie sich Risse im Material der Batterien ausbreiten. Die Erkenntnisse können dabei helfen, Akkus für Elektroautos oder Smartphones sicherer und leistungsfähiger zu machen. Die Ergebnisse, die mithilfe der Synchrotron Lichtquelle Schweiz SLS erzielt wurden, veröffentlichten die Forschenden erst kürzlich im Fachjournal Advanced Energy Material.

Von Mikrochips über Handys bis zu Elektroautos. Für alles benötigt die moderne Gesellschaft Akkus. Diese sollten möglichst viel Energie speichern, sowie leicht, sicher im Alltagsgebrauch und schnell wieder aufzuladen sein. Bisher werden diese zahlreichen Anforderungen am besten von Lithium-Ionen-Batterien erfüllt.

Batterien dieses Typs lassen sich jedoch kaum noch verbessern. Zudem sind die für den Ladungstransport in diese Batterien eingesetzten flüssigen Elektrolyte brennbar. Mehr Sicherheit und weitere Vorteile bieten dagegen Feststoffbatterien. Hier werden die Flüssigkeiten durch Feststoffelektrolyte ersetzt, die höhere Spannungen und Betriebstemperaturen aushalten. Deshalb lassen sich Feststoffakkus schneller auf- und entladen. Außerdem speichern sie mehr Energie pro Gewichtseinheit.

Besonders Automobilhersteller interessieren sich deshalb für die Optimierung von Feststoffbatterien. Bislang sind die exakten Vorgänge in derartigen Stromspeichern aber noch nicht ausreichend gut verstanden. So wissen Ingenieure noch nicht, was in ihrem Inneren beim Auf- und Entladen vorgeht.

Um die Feststoffbatterien weiter zu entwickeln, müssen wir die elektromechanischen Prozesse verstehen, die sich in ihnen abspielen“, erklärt Xiaohan Wu (im Artikelbild links zu sehen), der die Untersuchungen im Rahmen seiner Promotion in der Forschungsgruppe Batteriematerialien und Diagnostik am Paul Scherrer Institut PSI durchführte. In einem Gemeinschaftsprojekt mit dem Autohersteller Toyota konnten PSI-Forschende diesem Ziel nun einen entscheidenden Schritt näherkommen.

Risse verbauen Ionen den Weg

Das Innere der untersuchten Feststoffbatterie besteht hauptsächlich aus dem festen Elektrolyten, einem Lithium- und Phosphor-Sulfid. Darin eingebettet sind kleine Zinnkugeln mit einem Durchmesser von etwa 30 Mikrometer, das ist halb so dick wie ein menschliches Haar. Wird die Batterie aufgeladen, lagern sich Lithium-Ionen in die Zinnkügelchen ein. Das Lithium zwängt sich dabei in die Gitterstruktur des Zinns. Das Volumen der Kugeln wächst und sie dehnen sich aus. Dadurch zerreisst das umliegende Elektrolytmaterial. Die entstehenden Risse behindern dann die Lithium-Ionen bei ihrer Bewegung durch den Elektrolyten, was die Leistungsfähigkeit des Feststoff-Akkus deutlich schmälert.

An der Synchrotron Lichtquelle Schweiz SLS des PSI ist es den Forschenden nun mit der sogenannten Operando Röntgentomografischen Mikroskopie gelungen, solche Prozesse während des Batteriebetriebs genau zu beobachten. „Die Methode funktioniert prinzipiell wie eine Computertomografie in einem Krankenhaus, jedoch ist beim Synchrotron am PSI der Photonenfluss um einige Größenordnungen höher“, erklärt Strahllinienwissenschaftlerin Federica Marone (ebenfalls im Artikelbild zu sehen), die zur Methodenverfeinerung beigetragen hat und bei der Studie für die technische Umsetzung an der dafür genutzten SLS Strahllinie TOMCAT verantwortlich war. „Somit können wir die erforderliche räumliche und zeitliche Auflösung erreichen, um Prozesse innerhalb der Batterie während des laufenden Betriebs zu verfolgen.“

Die Forschenden durchleuchteten die Batterie kontinuierlich während des Auf- und des Entladens. Anhand der Aufnahmen erkannten sie, dass sich die Zinnkügelchen um bis zu 300 Prozent ausdehnen. Außerdem konnten sie nachvollziehen, wie sich die Risse im Elektrolyten ausbreiten. „Wir hatten nicht erwartet, dass sich die Risse so ausbreiten, dass sie die Lithium-Ionen auf ihrem Weg durch die Batteriezelle genau queren“, so Xiaohan Wu. Dadurch müssen die Ionen extreme Umwege zurücklegen, was den Lade- und Endladeprozess sehr stark hemmt.

Das Material heilt sich selbst

Die Forschenden stellten zudem fest, dass sich die Batterie beim Entladen quasi selbst repariert. Wenn die Lithium-Ionen wieder aus den Zinnkugeln herauswandern, schließen sich die Risse im umliegenden Elektrolyten wieder. „Der Feststoffelektrolyt ist elastisch, dadurch kann er sich selbst wieder heilen“, erklärt Wu. In einem nächsten Forschungsschritt geht es nun darum, mit der Untersuchungsmethode andere Elektrolytmaterialien zu finden, die weniger stark auf die Ausdehnung der Zinnkugeln reagieren.

Die Ergebnisse der aktuellen Studie, geben der Automobilindustrie wichtige Hinweise für die Entwicklung robuster und leistungsfähiger Feststoffbatterien“, so Wu. Ihre Forschungsergebnisse veröffentlichten die Forschenden jetzt im Fachjournal Advanced Energy Material.

Quelle: PSI – Pressemitteilung vom 15.08.2019

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Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer ist E-Mobility-Journalist und hat stets das große Ganze im Blick: Darum schreibt er nicht nur über E-Autos, sondern auch andere Arten fossilfreier Mobilität sowie über Stromnetze, erneuerbare Energien und Nachhaltigkeit im Allgemeinen.

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