Am 29. Februar 2020 ist Schalttag. Volkswagen nutzt dieses Datum um zu zeigen, wie sich Autogetriebe im Laufe der Jahrzehnte veränderten, wie der Konzern mit dem Doppelkupplungsgetriebe DSG die Automatik revolutionierte und wie beim Elektroantrieb geschaltet wird.
Seit Verbrennungsmotoren für den Fahrzeugantrieb eingesetzt werden, brauchen diese Getriebe, da ohne sie das Fahren schlicht nicht möglich wäre. Als Teil des Antriebsstrangs sitzt das Getriebe direkt am Motor und überträgt die Drehzahl und das Drehmoment des Motors. Dadurch werden die Räder angetrieben.
Durch das Wechseln der Gänge sorgt der Fahrer dafür, dass die Drehzahl niedrig bleibt, der Motor geschont wird und der Kraftstoffverbrauch sinkt. Mit dem Gangwechsel ändert sich das Zusammenspiel verschiedener Zahnräder im Inneren des Getriebes. Die unterschiedlichen Übersetzungsverhältnisse sorgen dafür, dass die Kraft vom Motor bestmöglich auf die Antriebswelle und über das Differential an die Räder weitergeleitet wird.
Die Kraft des Motors wird also durch das Getriebe so umgewandelt, dass sie zur jeweiligen Fahrsituation passt. Bei einem Fahrzeug mit manueller Schaltung wird mit Hilfe des Kupplungspedals die Verbindung zwischen Motor und Getriebe gelöst, damit der Fahrer einen anderen Gang einlegen kann. Bei einem Automatikgetriebe passiert das vollautomatisch, ohne dass ein Kupplungspedal bedient werden muss. So oder so: Das Getriebe ermöglicht effizientes Fahren.
Der größte Produktionsstandort für Getriebe im VW-Konzern und einer der bedeutendsten Komponentenlieferanten für die fahrzeugbauenden Werke ist seit jeher das Volkswagen Group Components Werk Kassel-Baunatal. Seit Werksgründung im Jahr 1958 haben mehr als 130 Millionen Getriebe die Produktionshallen verlassen. Das erste in Kassel gefertigte Getriebe war das manuelle Getriebe des Käfers vom Typ 113. Seit Mai 1960 stellt der Getriebebau in Halle 1 Einzelteile wie Getriebegehäuse, Zahnräder, Antriebswellen, Kupplungs- und Synchronkörper her, montiert diese zu kompletten Getrieben und versendet sie zur Montage in den Fahrzeugen in die Welt.
Die Handschaltgetriebe
Seit 1960 verfügte das so genannte 113-Getriebe über eine Vier-Gang-Vollsynchronisierung und ein einteiliges Magnesiumgehäuse. Das damalige Handschaltgetriebe 113 für den Käfer wurde in Kassel von 1960 bis 1983 insgesamt 13,5 Millionen Mal gebaut. Sogar noch etwas häufiger lief das als Fünf- und Sechs-Gang-Getriebe erhältliche MQ250 im Komponenten-Werk Kassel-Baunatal vom Band. Knapp 14 Millionen dieser Einheiten, die in Modelle der Marken Volkswagen, Seat, Audi, Volkswagen Nutzfahrzeuge und Skoda eingebaut wurden, sind hier entstanden – eines der erfolgreichsten Handschaltgetriebe von Volkswagen. Die Buchstaben im Namen stehen für Manuell, Quereinbau und das Eingangsdrehmoment von 250 Newtonmetern.
Das manuelle Fünf- und Sechs-Gang Schaltgetriebe MQ200 wird in den Standorten des Volkswagen Konzern rund um den Globus gebaut. Weltweit wurden von dem Getriebetyp bereits 32 Millionen Einheiten produziert. 2018 lief allein im tschechischen Komponenten-Werk in Mlada Boleslav, dem heutigen Stammwerk des MQ200, das siebenmillionste Getriebe dieses Typs seit Beginn der dortigen Getriebefertigung im Jahr 2000 vom Band.
Mit dem MQ281 fertigt die Volkswagen Group Components in El Prat (Spanien) ein neues Handschaltgetriebe, das seit 2019 bei Modellen der Marken Audi, Seat, Skoda und Volkswagen eingesetzt wird. Effizienter als je zuvor, ermöglicht das MQ281 je nach Motor-Getriebe-Kombination eine CO2-Einsparung von bis zu fünf Gramm pro Kilometer.
Die Automatikgetriebe
Mit der Vorstellung der ersten in Großserie produzierten Doppelkupplungsgetriebe (DSG) hat Volkswagen 2003 den Automobilbau revolutioniert. Zwar gab es zuvor bereits Automatikgetriebe, vor allem die Wandlerautomatik. Aber mit dem DSG war ein automatisches Getriebe im Großserienbau erstmals sparsamer als handgeschaltete Getriebe. Vor allem Europa und die USA waren in der Zeit vor 2003 zwei komplett verschiedene Getriebewelten. Während auf dem alten Kontinent nur 14 Prozent der Autos (meist Oberklassemodelle) ein Automatikgetriebe hatten, waren es in Amerika bereits 88 Prozent.
Das änderte sich mit dem Siegeszug des DSG – vor allem in den Größenklassen vom Polo bis zum Golf. Denn der Wirkungsgrad des DSG war deutlich besser als bei der Wandlerautomatik. Außerdem waren die neuen DSG nun nicht mehr in Sachen Verbrauch und sportlicher Fahrweise unterlegen. Ab Mitte der 2000er-Jahre setzte sich schrittweise das DSG durch. Es schaltete schneller als jeder Fahrer, fuhr sich sportlich und sparte Kraftstoff.
Noch 2003 liefen mehr als 90 Prozent aller Golf mit manuellem Getriebe vom Band. Heute fahren deutlich mehr Menschen Fahrzeuge mit automatischem Getriebe. Weltweit haben sich schon mehr als 26 Millionen Käufer eines Modells aus dem Volkswagen Konzern für die automatische Art des Fahrens mittels Doppelkupplungsgetriebe entschieden. Wie beliebt das DSG ist, zeigen die Zahlen: Bei der Marke Volkswagen werden mittlerweile mehr als die Hälfte aller Volkswagen Golf mit DSG ausgeliefert.
Seinen Anfang nahm die Produktion des Sechs-Gang-Doppelkupplungsgetriebes DQ250 im Juni 2003 in Kassel. Golf, Touran, Passat, Audi A3, Audi TT, Seat Toledo und Skoda Octavia wurden mit dem DQ250 ausgestattet. Aufgrund der hohen Kundennachfrage wuchs die Fertigungskapazität schnell an, sodass im August 2006 bereits das 500.000. Getriebe und im Dezember 2007 das einmillionste DSG vom Band lief. Der Erfolg des Doppelkupplungsgetriebes führte außerdem dazu, dass mit dem DQ200 ein Getriebe für kleinere Motorisierungen und mit dem DL501 ein DSG für den Längseinbau bei Audi entwickelt wurden. Im Oktober 2015 feierte das Volkswagen Group Components Werk Kassel mit 10 Millionen gefertigten DSG ein Jubiläum.
DSG besteht aus zwei automatisierten Teilgetrieben
Alle DSG haben heute eine hohe Schaltperformance ohne Zugkraftunterbrechung. Das ist ihrer besonderen Konstruktion geschuldet. Denn das Doppelkupplungsgetriebe besteht eigentlich aus zwei automatisierten Teilgetrieben – mit jeweils einer Kupplung. Ein Teilgetriebe trägt die geraden Gänge, das andere die ungeraden Gänge. Beide Teilgetriebe arbeiten auf einem gemeinsamen Getriebeausgang. Rollt das Fahrzeug beispielsweise im vierten Gang, sind der dritte oder der fünfte Gang über das zweite Teilgetriebe bereits automatisch voreingelegt. Beschleunigt oder verzögert der Fahrer nun, schließt sich die eine Kupplung blitzschnell, während die andere sich öffnet. Das macht Schaltvorgänge wenige Hundertstelsekunden schnell.
Volkswagen Group Components hat das DSG immer weiterentwickelt und bietet heute dem Kunden verschiedene Varianten an. Das DSG gibt es für unterschiedliche Fahrzeugklassen (Kleinwagen bis SUV), Motoren (Benzin, Diesel oder Hybrid) und Antriebsarten (Front- oder Allrad). Inzwischen gibt es DSG auch für Plug-in-Hybridmodelle. Ein Beispiel ist das elektrifizierte Sechs-Gang-Hybridgetriebe DQ400e mit einem maximalen Eingangsdrehmoment von 400 Newtonmetern, das bereits in Fahrzeugen der Marken Volkswagen und Audi verbaut wird.
Der E-Antrieb
Mit der Transformation des Volkswagen Group Components Werks Kassel zum Kompetenzzentrum für elektrische Antriebe im Konzern erweitert der Standort sein Produkt-Portfolio und produziert neben den bisherigen Getriebe-Typen künftig auch den E-Antrieb für die kommenden Elektroautos. Bereits im Herbst 2013 kam mit dem e-up! das erste E-Auto des Volkswagen Konzerns auf den Markt. Und schon damals war der in Nordhessen entwickelte Elektroantrieb das Herzstück des Kleinwagens. Seit 2014 läuft die Serienproduktion in Kassel. Zukünftig werden für die Fahrzeuge der ID. Familie pro Tag 2000 E-Antriebe vom Band gehen.
Der elektrische Antrieb bringt gegenüber einem konventionellen Verbrennungsmotor einige Veränderungen und Vorteile mit sich: Das maximale Drehmoment steht bei E-Motoren sofort zur Verfügung und bleibt über einen weiten Drehzahlbereich konstant. Für das gesamte Drehzahlband ist daher der Einsatz eines 1-Gang-Getriebes ausreichend. Für eine Rückwärtsfahrt wird die Drehrichtung des elektrischen Antriebs mithilfe der Leistungselektronik einfach umgekehrt.
Im ID.3 ist die komplette Antriebseinheit APP310 mit dem Getriebe, deren wesentliche Teile von Volkswagen Group Components gefertigt werden, äußerst kompakt. Mit nur wenigen Zahnrädern überträgt es die Kraft des elektrischen Antriebs auf die Räder – ein Gang reicht aus für alle Fahrsituationen. Dadurch spart das 1-Gang-Getriebe gegenüber einem konventionellen Vertreter Platz und Gewicht.
Beim Getriebe des ID.3 handelt es sich um ein 1-Gang-Getriebe mit zwei Stufen. In dem Elektroauto sind zum Erreichen der maximalen Leistung von 150 kW hohe Drehzahlen erforderlich. Um ein kraftvolles Drehmoment zu liefern, kommt im 1-Gang-Getriebe eine etwa zehnfache Übersetzung zum Einsatz. Um das Getriebe platzsparend zu bauen, wurde die Übersetzung anstatt mit einem großen Zahnrad mit zwei kleineren zweistufig ausgeführt. Für den auf Reichweite optimierten ID.3 ist die Verwendung nur eines Ganges für alle Fahrsituationen vollkommen ausreichend. So werden im ID.3 durch den Elektromotor über einen weiten Bereich konstant bis zu 310 Nm bereitgestellt. Die Höchstgeschwindigkeit von 160 km/h erreicht das E-Auto bei gut 16.000 Umdrehungen pro Minute.
Präzision in der Herstellung macht das E-Auto besonders leise
Der elektrische Antrieb bringt eine weitere Besonderheit mit sich. Da dieser deutlich leiser als ein Verbrennungsmotor ist, spielt die Akustik für den Geräuschkomfort eine wichtige Rolle. Selbst kleinste Störquellen werden plötzlich hörbar. Am Ende der Produktionslinie werden daher für den E-Antrieb nicht nur Leistungskennzahlen geprüft, sondern auch relevante Werte für dessen Akustik.
Alle für europäische und nordamerikanische E-Fahrzeuge gefertigten Antriebe auf Basis des Modularen E-Antriebs-Baukasten (MEB) – inklusive des 1-Gang-Getriebes – kommen aus dem Komponentenstandort Kassel. Wesentliche weitere Teile dafür werden in den Group Components Werken Salzgitter, Poznań und Hannover produziert und zugeliefert.
Quelle: Volkswagen — Pressemitteilung vom 26.02.2020