MG Cyberster im Test: 450 km Alltag mit dem E-Roadster

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Elektroauto-News

Sebastian Henßler
Sebastian Henßler
  —  Lesedauer 7 min

Der MG Cyberster ist ein seltener Typ: ein offener, voll elektrischer Roadster. Innerhalb des Testzeitraums ging es 450 Kilometer durch Heidelberg, Mannheim und den Odenwald. Stadtverkehr mit Stop-and-Go, Landstraßen mit kräftigem Höhenprofil, dazu längere Autobahn-Etappen bei Richtgeschwindigkeit. Die Temperaturen lagen zwischen 22 und 26 Grad, der Wind war mäßig. Gefahren wurde mit geschlossenem und geöffnetem Verdeck, je nach äußeren Bedingungen. So lassen sich Verbrauch, Akustik und Fahrverhalten realistisch einordnen und die Unterschiede zwischen Stadt, Überland und Autobahn klar trennen.

Optisch setzt der Cyberster auf Klarheit statt Effekthascherei. Die Proportionen sind klassisch Roadster: lange Haube, flache Scheibe, kurzes Heck, im Mittelklasseformat mit breiter Spur und ruhiger Anmutung. Die konturierte Schulterlinie läuft in eine ausgeprägte Abrisskante aus, vorn und hinten stehen die Radhäuser satt im Blech. Serienmäßig rollt der Cyberster auf 19-Zoll-Rädern; 20-Zöller füllen die Radhäuser stimmiger. Die LED-Scheinwerfer betonen die Breite der Front, ohne aggressiv zu wirken. Die Außenmaße von 4,54 Meter Länge, 1,91 Meter Breite und 1,33 Meter Höhe sichern die flachen Proportionen.

Offen und elektrisch: MG Cyberster als GT im Alltag

Die Scherentüren des MGs liefern den Show-Effekt, funktionieren im Alltag dank Sensorik für Decke und Seite jedoch zuverlässig. Das Einsteigen gelingt mit etwas Übung zügig, auch wenn die Schweller hoch ausfallen. Am Heck prägen eine durchgehende Lichtleiste, pfeilförmige Blinker und ein großflächiger Diffusor das Bild; hochglänzende Schwarzeinsätze setzen Kontraste. Aerodynamisch folgt das Heck dem Kamm-Prinzip mit definierter Abrisskante, die Flanken tragen Luftauslässe und Akzentleisten.

 

Das Stoffdach arbeitet elektrisch, öffnet und schließt in rund zehn Sekunden und lässt sich bis 50 km/h bedienen. Die Dachdichtungen wirkten im Test solide, Regenfahrten blieben unauffällig. Der Kofferraum fasst 249 Liter und bleibt unabhängig von der Dachstellung nutzbar, was den Alltag erleichtert. Allerdings darf man sich ein wenig an die flache Beladung des Kofferraums gewöhnen. Einen Frunk gibt es nicht, dafür mehrere Ablagen im Innenraum sowie Stauraum hinter den Sitzen. In Summe ergibt das für ein Cabrio einen überraschend brauchbaren Nutzwert. Unterm Strich wirkt der Cyberster sportlich und elegant, ohne zu aufdringlich zu sein.

Innen mit vier Displays: stark, aber nicht ideal umgesetzt

Im Innenraum setzt MG auf vier Displays. Zentral vor dem Fahrer liegt das breite Kombiinstrument, links und rechts flankiert von je einem kleineren Bildschirm, daneben der Touch rechts für Einstellungen und Medien. Apple CarPlay und Android Auto funktionieren, jedoch nur per Kabel. Die Darstellung ist klar, die Icons sind klein. In der Praxis verdeckt der Lenkradkranz am linken Zusatzdisplay Teile der Navi-Ansicht. Ein Head-up-Display fehlt.

Die Logik wirkt fahrerzentriert, verschenkt aber Potenzial: Das linke Display zeigt in der Regel die Navigation oder Media-Steuerung, das rechte liefert auf einen Blick Verbrauchswerte und Detailauswertungen. Für den Alltag wäre es sinnvoller, die Navi-Karte rechts anzuordnen oder beide Zusatzdisplays frei zu belegen. So ließe sich Navigation, Medien oder Telefon dort anzeigen, wo sie am besten einsehbar sind. Aktuell erfordert der Blick nach links zu viel Aufmerksamkeit, während die starren Effizienzgrafiken rechts wenig Mehrwert bieten.

 

Die Software lief stabil, zeigte aber gelegentlich kurze Hänger beim Wechsel zwischen Menüs und beim Start von Android Auto. Tippeingaben werden dann mit leichter Verzögerung umgesetzt. Klima und Grundfunktionen sind erreichbar, dennoch kosten Untermenüs oder zunächst zu suchende Steuerungen wie bspw. für die Einstellung der Lautstärke Zeit. Materialien und Verarbeitung hinterlassen einen guten Eindruck. Viele weiche Oberflächen, saubere Fugen, solide Bedientasten. Die Sportsitze bieten Halt, die Sitzposition ist insgesamt gelungen. Großgewachsene sitzen jedoch relativ hoch. Ist aber dem Fahrzeugtyp geschuldet.

 

Landstraße bis Autobahn: Reichweite, Verbrauch, Komfort

Auf der Landstraße zeigt der MG seinen Charakter. Die Lenkung baut um die Mittellage ruhig auf und wird mit zunehmendem Lenkwinkel präziser. Das Fahrwerk filtert kurze Kanten ordentlich weg, lässt Querfugen aber spürbar durch. In langgezogenen Kurven bleibt die Karosserie ruhig, auf welligem Asphalt arbeitet sie leicht nach. Die ESC-Kalibrierung ist gelungen. Beim Anbremsen vor der Kurve bleibt das Auto stabil, beim Einlenken unterstützt die Regelung unauffällig und lässt am Kurvenausgang genügend Schlupf zu, um die Leistung sauber auf die Straße zu bringen. Das passt zum Anspruch als schneller Cruiser. Der Pedalweg der Bremse ist gut dosierbar, der erste Biss könnte knackiger sein.

Auf der Autobahn liegt der Cyberster satt auf der Straße. 200 km/h sind erreichbar, der Geradeauslauf bleibt stabil und unbeeinflusst von Spurrillen. Spurwechsel gelingen berechenbar, auch bei Teil- oder Volllast. Mit geschlossenem Dach bleibt die Geräuschkulisse bis etwa 140 km/h gut erträglich, darüber steigt der Windanteil hörbar an. Offen nimmt die Lautstärke deutlich zu, weshalb längere Etappen komfortabler mit geschlossenem Verdeck sind. Der adaptive Tempomat regelt weich, die Spurführung hält die Linie unaufdringlich und kommt in Baustellen mit leicht verengten Spuren zuverlässig zurecht. Für die Langstrecke taugt der Roadster damit mehr, als sein Auftritt vermuten lässt.

Der Antrieb liefert die versprochene Wucht. Vorn arbeiten 150 kW, hinten 250 kW, zusammen 375 kW und 725 Nm. Der Spurt auf 100 km/h gelingt in 3,2 Sekunden, elektronisch abgeregelt ist bei 200 km/h Schluss. Die Leistungsabgabe wirkt linear, der Traktionsaufbau aus engen Kehren ist robust, selbst auf welligem Belag. Unter Volllast bleibt das Lenkrad ruhig, Basis ist ein 77-kWh-NMC-Akku.

Laden im Test: 11 kW AC, 39 Minuten von 10 auf 80 Prozent

Verbrauch und Reichweite hängen stark von Tempo, Topografie und Dachstellung ab. Auf Landstraße sind um 19 kWh pro 100 Kilometer erreichbar. Bei 130 km/h auf der Autobahn lagen die Werte bei 24 bis 25 kWh pro 100 Kilometer mit geschlossenem Dach. Mit geöffnetem Verdeck steigt der Verbrauch auf derselben Strecke durchaus an. Das addiert sich auf der Langstrecke spürbar. Die WLTP-Angabe für die Allrad-Version liegt bei 433 Kilometern. Im gemischten Alltagseinsatz sind konservativere Werte zu erwarten. Wer überwiegend Überland fährt und die Autobahnabschnitte unter 130 km/h hält, plant mit 330 bis 350 Kilometern realistisch.

Beim Laden zeigt der MG Cyberster solide, aber keine Spitzenwerte. AC mit 11 kW ist serienüblich und alltagstauglich; von 10 auf 100 Prozent dauert das zu Hause grob sieben bis acht Stunden. DC liegt nominell bei 144 kW, in der Praxis sahen wir kurze Peaks um 130 bis 137 kW. Von 10 auf 80 Prozent wird am DC-Lader eine Zeit von 39 Minuten aufgeführt, was durchaus der Erfahrung aus der Realität entspricht.

Vorkonditionierung funktioniert automatisch, wenn die Ladesäule im bordeigenen Navi als Ziel gesetzt ist. Wird die Route nur via CarPlay oder Android Auto geführt, bleibt die Batterie oft kühler und die Ladeleistung niedriger. Eine echte Routen- und Ladeplanung an Bord fehlt weitgehend. Die Suche nach Säulen klappt, Zwischenstopps werden jedoch nicht zuverlässig optimiert.

Preis und Einordnung: Der Cyberster startet hierzulande als Hecktriebler bei 64.990 Euro. Der getestete Allrad-LUX liegt je nach Ausstattung und Farbe um 69.990 Euro. Für einen offenen Zweisitzer mit dieser Performance ist das konkurrenzfähig. Gleichzeitig verlangt die UX Eingewöhnung, und die DC-Leistung bleibt Mittelmaß. Das Profil ist klar: Show, schneller Vortrieb, Cruiser-Komfort und echtes Cabrio-Gefühl.

Er überzeugt mit Auftritt, Verarbeitung, Traktion und Stabilität. Er verliert Punkte bei Bedienlogik, Ladegeschwindigkeit und der letzten Schärfe im Lenk- und Bremsgefühl. Wer ein expressives, alltagstaugliches E-Cabrio sucht, das lange Etappen gelassen nimmt und offen Emotion liefert, bekommt ein eigenständiges Angebot. Wer maximale Ladeperformance, messerscharfe Lenkung und vorbildliche Routenplanung will, muss anderswo passendere Alternativen finden.


Disclaimer: Der MG Cyberster wurde uns für diesen Testbericht kostenfrei für den Zeitraum von zwei Wochen von MG Auto zur Verfügung gestellt. Dies hat jedoch keinen Einfluss auf unsere hier geschriebene ehrliche Meinung.

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Sebastian Henßler

Sebastian Henßler

Sebastian Henßler hat Elektroauto-News.net im Juni 2016 übernommen und veröffentlicht seitdem interessante Nachrichten und Hintergrundberichte rund um die Elektromobilität. Vor allem stehen hierbei batterieelektrische PKW im Fokus, aber auch andere alternative Antriebe werden betrachtet.

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