Fünf von sieben europäischen Lkw-Herstellern werden ihre CO2-Ziele in diesem Jahr erreichen. Zu diesem Ergebnis kommt der International Council on Clean Transportation (ICCT) in einer aktuellen Analyse. Das von der EU festgelegte Ziel für die Hersteller ist es, die durchschnittlichen CO2-Emissionen ihrer Nutzfahrzeugflotten verglichen mit dem Jahr 2019 um 15 Prozent zu verringern. Für die Analyse hat der ICCT die offiziellen CO2-Emissionsdaten für Verbrenner-Lkw bis 2023 und die neuesten Daten zu den Verkaufszahlen von Elektro-Lkw ausgewertet.
Demnach lagen MAN, DAF, Renault Trucks, Volvo Trucks und Scania bis Ende 2023 unterhalb der Prognoselinie für die Reduktionsziele. Lediglich Iveco und Daimler Truck lagen Ende 2023 noch oberhalb der Prognoselinie und müssen dementsprechend ihre Anstrengungen bei der Dekarbonisierung vergrößern.
Nach langer Stagnation werden Lkw zuletzt wieder effizienter
Über rund 25 Jahre, im Zeitraum zwischen 1995 und 2021, stagnierte der reale Dieselverbrauch von Sattelzugmaschinen bei 35 Litern auf 100 Kilometern. Nun habe sich die Kraftstoffeffizienz aber endlich verbessert, so die Verkehrsorganisation Transport and Environment (T&E) in einer Mitteilung. Alle europäischen Hersteller konnten demnach die CO2-Emissionen ihrer Lkw von 2019 bis 2023 senken – laut T&E eine direkte Folge der CO2-Emissionsvorschriften für Lkw.
Die Lastwagen wurden zuletzt jedoch nicht nur immer sparsamer, sondern es kommen auch immer mehr lokal emissionsfreie Lkw-Modelle auf den Markt. Nach Angaben des europäischen Herstellerverbands ACEA sind derzeit mindestens 45 batterieelektrische und wasserstoffbetriebene Lkw-Modelle in der EU erhältlich, die alle Anwendungsfälle vom städtischen Verteilerverkehr auf der sogenannten „letzten Meile“ über den Fernverkehr und regionale Lieferungen bis hin zum Städtebau abzudecken. Sowohl Renault Trucks als auch Iveco und Volvo haben zudem Elektro-Lastwagen mit Reichweiten von 600 Kilometern angekündigt, deren Auslieferung 2026 beginnen soll.
CO2-Ziele: H2- und Elektro-Lkw leisten bislang nur einen kleinen Beitrag
Bislang sind die Emissionseinsparungen jedoch hauptsächlich darauf zurückzuführen, dass Lkw mit Verbrennungsmotor effizienter geworden sind, und weniger auf den Verkauf lokal emissionsfreier Fahrzeuge. Selbst bei Volvo Trucks und Renault Trucks, die zusammen mehr als die Hälfte des Marktes für emissionsfreie Schwerlast-Lkw ausmachen, sei nur ein Drittel der CO2-Einsparungen auf den Verkauf emissionsfreier Fahrzeuge zurückzuführen, rechnet T&E vor. Bei MAN, Scania und DAF, die zusammen ein Viertel des Marktes für elektrische Schwerlast-Lkw ausmachen, sind bisher weniger als 10 Prozent der CO2-Einsparungen auf Elektro-Lkw zurückzuführen.
Im Durchschnitt waren 2024 nur 1,7 Prozent der Lkw-Neuzulassungen, die unter die CO2-Regeln für Lkw fallen, emissionsfrei. Damit waren die Hersteller weit entfernt von den 6 Prozent, die T&E für die Erreichung des Ziels für 2025 prognostiziert hatten. Allerdings haben die Effizienzsteigerungen bei Lkw mit Verbrennungsmotoren die Erwartungen der Analysten übertroffen. Lediglich Daimler Truck und Iveco müssten ihren Anteil an Elektro-Lkw noch erhöhen, um die Vorgaben zu erfüllen. Unter der Annahme, dass beide Hersteller die regulatorische Flexibilität, die den Handel mit emissionsfreien Fahrzeugen erlaubt, voll ausschöpfen, müsste Daimler Truck rechnerisch 3,4 Prozent emissionsfreie Lkw in regulierten Untergruppen verkaufen, um die Vorgaben zu erfüllen. Alternativ könnte Daimler aber auch seine Diesel-Lkw-Verkäufe auf effizientere Modelle verlagern, um das Ziel zu erreichen, ohne den Anteil elektrischer Lkw steigern zu müssen.
Iveco müsste in Kombination mit Effizienzverbesserungen bei Verbrennungsmotoren entweder einen Anteil von 3,3 Prozent emissionsfreier Fahrzeuge in regulierten Untergruppen oder einen Anteil von 1,5 Prozent emissionsfreier Fahrzeuge in Langstreckengruppen erreichen.

T&E verweist darauf, dass einige der Verbesserungen, die Lkw-Hersteller bei ihren Verbrennerfahrzeugen erreichen konnten, sich auch auf Elektro-Lkw übertragen lassen: Eine verbesserte Aerodynamik zum Beispiel senkt den Verbrauch über alle Antriebsarten hinweg.
Transport and Environment sieht in der Entwicklung ein klares Zeichen für die Wirksamkeit der europäischen CO2-Normen für Schwerlastfahrzeuge, nachdem zuvor Jahrzehnte ohne nennenswerte Fortschritte vergangen seien.
T&E kritisiert Lkw-Hersteller für Verzögerungstaktiken
Die ICCT-Analyse zeige jedoch auch, dass Lkw-Hersteller bisher vor allem auf effizientere Verbrenner-Lkw und weniger stark auf die Elektrifizierung als wichtigsten Weg zur Einhaltung der Grenzwerte gesetzt haben. Infolgedessen verlaufe der Markthochlauf batterieelektrischer Lkw langsamer als erwartet. T&E sieht darin einen Vorwand, mit dem die Hersteller die Europäische Kommission dazu aufzufordern wollen, die Überprüfung der CO2-Grenzwerte vorzuziehen – der Organisation zufolge wäre das ein großer Fehler.
In den meisten Fällen gefährde die Konzentration auf geringfügige Verbesserungen der Verbrennertechnologie die Elektrifizierung. Demnach erschweren die Hersteller beispielsweise die Prognosen darüber, wie stark die öffentliche Ladeinfrastruktur für Nutzfahrzeuge in den kommenden Jahren ausgebaut werden muss. Die Befürchtung einer geringen Auslastung könne dazu führen, dass Ladenetzbetreiber ihre Ladestationen zu klein dimensionieren oder eigentlich notwendige Investitionen verschieben.
Bis 2030 muss rund ein Drittel der neuen Schwerlastfahrzeuge emissionsfrei sein, um die CO2-Ziele zu erreichen. Diese geben vor, dass die durchschnittlichen CO2-Flottenemissionen bis 2030 um 45 Prozent verglichen mit 2019 sinken.
T&E zufolge ist es entscheidend, den aktuellen Kurs der EU beizubehalten und die CO2-Ziele nicht nach unten zu korrigieren, um sicherzustellen, dass Nutzfahrzeughersteller tatsächlich mit der Produktion emissionsfreier Lkw beginnen. Eine solide und ehrgeizige Regulierung werde nach Ansicht der Organisation die Grundlage dafür schaffen, sich nicht mehr auf marginale Verbesserungen bei der Effizienz von Verbrenner-Lkw verlassen zu müssen. Außerdem könne die Regulierung den Anbietern von Ladesystemen die erforderliche Planungssicherheit geben, um in ein europäisches Ladenetz zu investieren.
Quelle: T&E – Nearly all truck makers on track to meet 2025 CO2 target – ICCT finds