Das US-Start-up und VW-Partner Rivian hat auf seinem ersten Autonomy & AI Day vor wenigen Tagen seine Fortschritte im Bereich vertikal integrierter Automobiltechnologie vorgestellt. Im Rahmen der Veranstaltung am Standort Palo Alto präsentierte das Unternehmen seinen eigens entwickelten, anwendungsspezifischen Siliziumchip, skizzierte seine Roadmap für die nächste Generation der Fahrzeugautonomie und führte eine weiterentwickelte, auf künstlicher Intelligenz (KI) basierende Softwarearchitektur ein.
„Unsere aktualisierte Hardwareplattform, zu der auch unser hauseigener Inferenzchip mit 1600 sparsamen TOPS gehört, wird es uns ermöglichen, beim automatisierten Fahren enorme Fortschritte zu erzielen – mit dem klaren Ziel, Level 4 zu erreichen. Das markiert einen Wendepunkt für das Nutzungserlebnis: Kunden letztlich Zeit zurückzugeben, während sie im Auto sitzen“, sagte Rivian-Gründer und CEO RJ Scaringe.
Im Zentrum von Rivians Technologie-Roadmap steht der Übergang zu eigenentwickeltem Silizium, das speziell für eine visuell fokussierte physische KI ausgelegt ist. Die erste Generation des Rivian Autonomy Processor (RAP1) ist ein kundenspezifischer 5-nm-Prozessor, der Rechenleistung und Speicher in einem einzigen Multi-Chip-Modul vereint. Diese Architektur soll ein hohes Maß an Effizienz, Performance sowie die Einhaltung relevanter Sicherheitsstandards bieten.
Der RAP1 bildet die Basis für Rivians Autonomiecomputer der dritten Generation, das Autonomy Compute Module 3 (ACM3). Zu den wichtigsten Spezifikationen des ACM3 zählen unter anderem die erwähnten 1600 TOPS; eine Verarbeitungsleistung von 5 Milliarden Pixeln pro Sekunde; sowie RivLink, eine latenzarme Interconnect-Technologie, die es erlaubt, mehrere Chips zur Skalierung der Rechenleistung zu verbinden und das System von Grund auf erweiterbar macht.
Zusätzlich zum ACM3 plant Rivian, Lidar-Sensorik in künftige Modelle wie den R2 zu integrieren, den der Hersteller ab 2027 auch in Deutschland ausliefern will. Lidar ergänzt die multimodale Sensorstrategie des Unternehmens, liefert hochauflösende dreidimensionale Umgebungsdaten, sorgt für redundante Wahrnehmung und verbessert die Echtzeiterkennung in schwierigen Fahrsituationen. Die Autonomie-Hardware der dritten Generation – einschließlich ACM3 und Lidar – befindet sich derzeit in der Validierungsphase. Rivian rechnet damit, dass sie ab Ende 2026 im R2 ausgeliefert werden kann.
Rivian erläuterte außerdem seinen softwarezentrierten Ansatz für autonomes Fahren, getragen von der Rivian Autonomy Platform und einem durchgängigen Datenkreislauf für das Training der Systeme. Vorgestellt wurde das Large Driving Model (LDM) – ein grundlegendes autonomes Fahrmodell, das ähnlich wie ein Large Language Model (LLM) trainiert werde. Das LDM soll aus riesigen Datenmengen überlegene Fahrstrategien extrahieren und ins Fahrzeug übertragen.
Kurzfristig erhalten Fahrzeuge der zweiten Generation der R1-Baureihe neue Softwarefunktionen, darunter Universal Hands-Free (UHF). Diese ermöglicht freihändiges assistiertes Fahren über längere Zeiträume in deutlich mehr Regionen und sei auf mehr als 3,5 Millionen Meilen Straßen in den USA und Kanada (mehr als 5,6 Millionen Kilometer) nutzbar, auch abseits von Highways auf Straßen mit klar erkennbarer Fahrbahnmarkierung.
Kostenlos ist das ganze nicht, Rivian kündigte für die genannten Funktionen das Autonomie-Abo Autonomy+ an. Es soll Anfang 2026 starten und werde entweder als Einmalzahlung von 2500 US-Dollar (etwa 2130 Euro) oder für 49,99 US-Dollar pro Monat (etwa 42,60 Euro) angeboten. Die Funktionen sollen kontinuierlich erweitert werden und haben das Potenzial, die Verkehrssicherheit zu erhöhen, Kundenanforderungen zu erfüllen und zu einem wichtigen Wachstumstreiber für das Unternehmen zu werden.

Darüber hinaus stellte Rivian klar, dass die Autonomie-Funktionen der Gen-2-R1-Fahrzeuge sowie künftiger R2-Modelle kontinuierlich verbessert werden sollen – mit einer klaren Entwicklungslinie hin zum Punkt-zu-Punkt-Fahren, „Eyes off“ und autonomen Fahren nach Level 4.
Weitere Einsatzbereiche von KI
Über die Fahrzeugautonomie hinaus setzt der Hersteller KI auch unternehmensweit ein – im Rahmen der Rivian Unified Intelligence (RUI). Diese gemeinsame, multimodale Datenbasis mit mehreren LLMs soll die Entwicklung neuer Funktionen unterstützen, die Service-Infrastruktur und verbessern und vorausschauende Wartung ermöglichen. Herzstück der neuen Architektur ist der Rivian Assistant, eine Sprachschnittstelle der nächsten Generation, die Anfang 2026 für R1-Fahrzeuge der ersten und zweiten Generation eingeführt werden soll.
Der Rivian Assistant basiert auf Rivians Edge-Modellen und versteht Fahrzeug, digitales Umfeld des Nutzers sowie die Umwelt gleichermaßen. Er verbindet Fahrzeugsysteme mit Drittanbieter-Apps über ein internes agentenbasiertes Framework, wobei Google Calendar die erste Integration ist und ergänzt wird durch weitere Large-Language-Modelle, um fundierte Datenverarbeitung, natürliche Dialoge und leistungsfähige Schlussfolgerungen zu ermöglichen.
RUI soll auch den Servicebereich grundlegend verändern, indem KI direkt in die Diagnostik eingebettet wird. Das System fungiert als Expertenassistent für Techniker, analysiert Telemetriedaten und Fahrzeughistorien und soll dabei helfen, komplexe Fehlerbilder präzise zu identifizieren. Dieselbe Intelligenz soll künftig auch die Rivian-App antreiben und die Selbstdiagnose für Kunden verbessern.
Rivians vertikal integrierte Strategie soll es dem Unternehmen ermöglichen, das gesamte Fahrzeugerlebnis schnell weiterzuentwickeln – von nutzerseitigen Funktionen bis hin zur technologischen Basis. In der nächsten Wachstumsphase sollen Integration und Beschleunigung noch weiter ausgebaut werden.
Quelle: Rivian – Pressemitteilung vom 13.12.2025







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