Fuhrparkleiter: Mehrheit für Diesel und E-Fuels

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Michael Neißendorfer
Michael Neißendorfer
  —  Lesedauer 4 min

Fuhrparkleiter sehen die Fokussierung von Politik und Autoherstellern auf rein batterieelektrische Antriebe eher mit gemischten Gefühlen, so das aktuelle DAT-Barometer der Deutschen Automobil Treuhand (DAT) auf Basis einer Umfrage unter gut 150 Fuhrpark-Verantwortlichen. Demnach ist die Durchdringung von Verbrennermotoren, insbesondere Dieselmotoren (64 Prozent), in den deutschen Fuhrparks weiterhin sehr hoch. Die große Mehrheit der Befragten (81 Prozent) sieht derzeit ihre Flotte nicht in der Lage, alle Strecken rein batterieelektrisch zurückzulegen. Im vergangenen Jahr konnten 68 Prozent aller Fuhrparkleiter ein oder mehrere fest geplante Fahrzeuganschaffungen nicht tätigen. Hauptgrund waren lange Lieferzeiten.

Neben der klassischen Aufgabe der Sicherstellung von Mobilität spricht man Fuhrparks auch eine Funktion als Multiplikator und Technologietreiber zu. Denn die Hälfte aller gewerblichen Zulassungen – die wiederum gut zwei Drittel aller Zulassungen insgesamt ausmachen – und damit gut ein Drittel aller Neuwagen werden auf Fuhrparks zugelassen. Für die Automobilhersteller, Banken und Leasinggesellschaften sind Fuhrparks somit essentiell. Aber auch die Automobilbetriebe, die über die eigenen Großkundenabteilungen die Fahrzeuge in den Fuhrparks betreuen, warten, reparieren und im Nachgang als Gebrauchtwagen verkaufen, sind darauf angewiesen. Das Jahr 2023 ist allerdings, was die Neuzulassungen insgesamt betrifft, eher schwach gestartet. Nach einem starken Rückgang im Januar hat sich der Markt im Februar stabilisiert und liegt insgesamt in etwa auf Vorjahresniveau, so die DAT im aktuellen DAT-Barometer.

In den Fuhrparks ist demnach die Verteilung der Antriebsarten grundsätzlich anders als im Gesamtmarkt. Ein hoher Anteil an Dieselmotoren prägt Fuhrparks, aber auch zahlreiche elektrifizierte Pkw sind – u. a. aufgrund der steuerlichen Vergünstigungen – mittlerweile Standard in den Firmenflotten. Die Fuhrparkleiter sehen allerdings die Fokussierung der Politik auf rein batterieelektrische Antriebe eher mit gemischten Gefühlen. Die terminliche Festlegung zum Verbrennerausstieg seitens der Politik halten viele für den falschen Weg. Eine Alternative neben der Elektromobilität wären synthetische Kraftstoffe, die aufgrund ihrer äußerst schlechten Energiebilanz stark umstrittenen E-Fuels. Viele der befragten Fuhrparkleiter sollen sich bereits intensiv damit beschäftigt haben und diese als vielversprechend einschätzen.

Diesel bleibt dominante Antriebsart

Die Entwicklung der Antriebsarten in den Firmenfuhrparks während der vergangenen drei Jahre zeigt, dass nach wie vor der Verbrenner und dort vor allem der Diesel die wichtigste Antriebstechnologie bleibt. Der Diesel-Anteil lag im März 2023 bei 64 Prozent, 17 Prozent entfielen auf Benziner, der Rest (19 Prozent) fuhr mit alternativem Antrieb. Die Verfügbarkeit von neuen Diesel- und auch Benzin-Pkw ist aufgrund der veränderten Modellpolitik der Hersteller bereits eingeschränkt. Gleichzeitig wächst durch die steuerlichen Anreize für Elektroautos und Plug-in-Hybriden die Durchdringung von alternativen Antrieben in den Flotten weiter (davon aktuell BEV: 47 Prozent und PHEV: 42 Prozent).

Antriebsarten-Fuhrparks
Deutsche Automobil Treuhand

Befragt man die Fuhrparkleiter zur terminlichen Festlegung des Verbrenner-Aus seitens der Politik, so halten dies 67 Prozent für den falschen Weg, nur 26 Prozent stimmen der Entscheidung zu. Bezüglich der Mobilitätsbedürfnisse im Fuhrpark meinten 81 Prozent, dass zum aktuellen Zeitpunkt nicht alle ihre Wegstrecken mit rein batterieelektrischen Pkw zurückgelegt werden könnten. Ferner gaben 32 Prozent an, sie hätten Dienstwagenberechtigte, die wieder zu einem klassischen Verbrenner zurückkehren möchten. Als einen der wichtigsten Anschaffungsgründe für Pkw mit alternativen Antrieben, so bestätigten es 67 Prozent, seien die günstigen steuerlichen Rahmenbedingungen bei E-Autos und Plug-in-Hybriden gewesen.

Die Frage, ob alle fest geplanten Pkw-Anschaffungen im vergangenen Jahr getätigt wurden, bejahten 32 Prozent der Fuhrparkleiter. Die große Mehrheit allerdings (68 Prozent) verneinte dies. Als Gründe wurden vor allem die langen Lieferzeiten genannt (84 Prozent). Häufig waren aber auch die gewünschten Fahrzeuge (57 Prozent) oder bestimmte Ausstattungsmerkmale (27 Prozent) nicht bestellbar. Die hohen Preise, die 2022 vor allem bei Endverbrauchern einen Autokauf verhinderten, spielten „nur“ bei 36 Prozent der Fuhrparkleiter eine Rolle. Dies kann damit zusammenhängen, dass 80 Prozent der Fuhrparks mit geleasten Fahrzeugen operieren und nur 20 Prozent die Fahrzeuge tatsächlich selbst kaufen.

Grundsätzlich ist die Situation auf dem Neuwagenmarkt weiter angespannt. Lieferschwierigkeiten, insbesondere die Verfügbarkeit von diversen Komponenten (z. B. Halbleiter), sorgen weiterhin für lange Lieferzeiten. Falls Fahrzeuge im Fuhrpark nicht zum vereinbarten Termin getauscht werden können, würden 80 Prozent der Fuhrparkleiter bestehende Verträge mit ihren Leasinggesellschaften verlängern, um die Mobilität in der Flotte sicherzustellen. Sollten dennoch einmal Lücken bei der Fahrzeugversorgung vorhanden sein, greifen die meisten Fuhrparkleiter (77 Prozent) auf eigene Poolfahrzeuge zurück, gefolgt von Pkw der Autovermieter (63 Prozent). Auto-Abos sind bei 21 Prozent der Befragten eine Option, hingegen Carsharing nur bei 7 Prozent.

Bei der Kenntnis rund um E-Fuels oder synthetische Kraftstoffe zeigt sich über die vergangenen Jahre ein deutlicher Trend. Die Anteile derer, die sich viel oder intensiv mit dieser Thematik auseinandergesetzt haben, sei stark gestiegen. Mittlerweile wollen sich 16 Prozent der Fuhrparkleiter intensiv damit beschäftigt haben, und weitere 37 Prozent haben viel davon gehört oder gelesen, so die DAT. Und wer diese Kraftstoffe kennt, der hält sie in hohem Maße (66 Prozent) für vielsprechend und sieht darin eine klimaschonende Alternative neben der Elektromobilität. Nur 28 Prozent halten nichts von E-Fuels, da sie die Herstellung als zu aufwendig und den Verkauf an Tankstellen sehr teuer einschätzen.

Quelle: DAT – DAT-Barometer März 2023

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Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer ist E-Mobility-Journalist und hat stets das große Ganze im Blick: Darum schreibt er nicht nur über E-Autos, sondern auch andere Arten fossilfreier Mobilität sowie über Stromnetze, erneuerbare Energien und Nachhaltigkeit im Allgemeinen.

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Dodo:

Vermutlich leider nicht! Warte ab, die FDP dreht das so hin, dass das tatsächlich 1€ L kostet.

Roma:

In einem Fuhrpark kann ich das durchaus verstehen, denn die Firmenfahrzeuge werden meist auch privat genutzt und eine Tankkarte ist hier üblich, die Kosten trägt der AG.
Bei Ladekarten gibt es Erfahrungsgemäß nicht so viel Großzügigkeit, auch ein Lade Zuhause auf Firmenkosten wird meist nicht ermöglicht.
Weiters kommt hinzu, dass die Unterhaltskosten, die der AG trägt, dem AN egal sind, somit fällt ein weiterer Vorteil eines E-Auto weg.

Hier müsste der Fuhrparkleiter viel mehr dahinter sein, aber dem steht auch entgegen, dass von den deutschen Herstellern, welche sehr oft die Firmenflotten füllen, schlicht nicht liefern können/wollen und dank Lobbyismus stecken auch in den Köpfen der AN falsche Bilder und Fakten. In der aktuellen Lage möchte man aber keinen AN verärgern, da man äußerst schwer vernünftiges Personal sucht.

Kurz um: diese Umfrage lässt nicht so einfach einen Schluss zu, da dieses „Problem“ weit umfangreicher ist.

Thomas Luetjens:

Kann ich aus der Praxis bestätigen

Otto Paschulke:

So was kommt eben dabei raus, wenn man die Frösche fragt, bevor der Teich trockengelegt werden soll.
Fuhrparkleiter befragen, wer kommt denn auf so eine Schnapsidee?

Norbert Seebach:

Die Fuhrparkleiter müssen Recht haben, denn der Verband der Mineralölwirtschaft, die Tankstellenbetreiber und die Werkstätten sehen das ja bestimmt genauso (Ironie aus). Was sagt uns das? Diesel ist noch viel zu billig! Fragt doch die o.g. „Fuhrparkleiter“ nochmal, wenn der Dieselpreis aufgrund des Erpressungspotenzials der OPEC und der ab nächstem Jahr wieder dynamisierten CO2-Bepreisung in Richtung 2,50€…oder 3€ geht! Achso: dann gibt es ja dank der FDP-Lobby die fantastischen E-fuels – für vermutlich mindestens 5€ pro Liter! Vorrätig in ausgewählten Apotheken. Höchstabgabemenge x Liter, denn unser Grünstrom wird für sinnvolle Anwendungen gebraucht!

Dodo:

Es sind einfache Hausmeister, die sich abends am Stammtisch die Meinung holen, mehr nicht. Gut, ok… lasst sie aus dem KfZ Bereich kommen. Ändert nichts an der Tatsache.

Dodo:

Reine Bequemlichkeit, mehr nicht. Dann noch Sturheit und Unwissenheit dazu. Ob 1 oder 2€ für Liter E-Fuel ist vollkommen Wurscht. Es gibt nicht mal beim hoch skalieren genug davon, auch nicht in 10 Jahren. Das ist Fakt! Bei dir sieht man das aber auch, welche „Experten“ sind das? Diese Befürworter haben alle die Lobby dahinter. Die Autobosse pressen noch das letzte raus aus dem Geschäft. Warte ruhig darauf, den fetten Preis wirst du mit finanzieren, wirklich fahren dann die mit Geschäftswägen, weil sie den Kraftstoff nicht selbst bezahlen. Verschwendung von Energie ist das, nur um den Mist wieder zu verpuffen!

Niko8888:

Fuhrparkleiter?
sind das nicht oftmals „low performer“ im Unternehmen, wo der Chef irgendwann sagt „ahja, dann machst Du halt den Fuhrpark“ :-)

Bloss nichts verändern, könnte ja Arbeit machen und eine gute Strategie erfordern 8-)

Stefan:

Es gibt Experten die dem widersprechen aber keine Lobby haben. EFuels könnten unter 2, EUR auch kurzfristig angeboten werden.Ein E Auto nehmen die meisten nur wegen der Steuern.
Der Hemmschuh ist neben den enormen Mehrkosten die Reichweite.
Wenn man noch nicht einmal 400 km durchfahren kann, dann ist das E-Auto eben keine Alternative für Strecken und Vielfahrer.

DR. ULRICH SANCKEN:

Wenn man auf diese Weise argumentierte, müssten auf der Stelle alle menschgemachten CO2-Emittenten aus dem Verkehr gezogen werden, also auch alle Verbrenner. Auch sie befinden sich am falschen Standort (unsere Erde), auch sie müssten „wieder ausgebaut“ werden, nicht weil es nicht warm, sondern weil es zu warm wird. Die Sache ist also schon etwas komplizierter.

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